Die Klimaprioritaeten
Chemical Engineers kommt zu dem Schluss, dass die Risiken der CO2-Speicherung Investoren nach wie vor abschrecken.
Es fehlt außerdem an einem Rechtsrahmen. Sowohl in Deutschland als auch auf europäischer und internationaler Ebene. Wird abgefangenes Kohlendioxid beispielsweise als Abfall behandelt? Ohne entsprechende Regeln im Raumordnungs-, Wasser- oder Abfallrecht verfügen Unternehmen über keine verlässliche Planungsgrundlage.
Am weitesten fortgeschritten sind die technischen Fähigkeiten, Kohlendioxid abzutrennen. CO2 kann entweder vor der Verbrennung gefiltert werden, danach oder durch das
Oxyfuel-Verfahren
, das Vattenfall in Spremberg testet. Im ersten Fall wird Kohle gar nicht verbrannt, sondern in ein
wasserstoffreiches
Gas umgewandelt. Hierbei wird die Kohle zermahlen, erhitzt, hohem Druck ausgesetzt und in Gas umgewandelt. Kohlendioxid und andere Schadstoffe werden herausgefiltert, bevor das Gas verbrannt wird. Im zweiten Fall wird Kohlendioxid in einer Abgaswäsche im Schornstein gefiltert ( end of the pipe technology ). Diese Technik ist am ausgereiftesten, und bestehende Anlagen können damit nachgerüstet werden. Beim Oxyfuel-Prozess wird Kohle mit hochprozentigem Sauerstoff |34| statt Luft verbrannt. Das entstehende Abgas enthält deshalb Wasser und Kohlendioxid, beides kann vergleichsweise einfach voneinander getrennt werden.
Doch Oxyfuel hat einen Nachteil. Die Methode funktioniert nur für Neuanlagen. Es ist eine integrierte Technik, die besonders druckresistente Kessel und Rohre verlange, erklärt Vattenfall-Mann Denis Kettlitz. Bestehende Kraftwerke könne man nur nachzurüsten, wenn sie aus getrennten Blöcken bestünden. In Spremberg musste man auch ein wenig vom Ende her denken. Wohin mit dem herausgefilterten Kohlendioxid? Die nächste Lagerstätte befindet sich in der Altmark, also muss das Gas verflüssigt werden für den Transport. Rollen erstmal die LKWs, dürfte es nicht lange dauern, bis Kohlegegner an Straßenrändern protestieren oder gar, wie beim Castor, die kühle Fracht blockieren wollen. Ihnen sei zumindest gesagt, dass die Ladung Bauern und Kühe auf der Strecke nicht bedroht. »Wir haben uns natürlich auch gefragt, was passiert, wenn ein Laster voll mit Kohlendioxid verunglückt. Doch entweichendes Kohlendioxid vermischt sich so schnell mit der Umgebungsluft, dass es nicht gefährlich ist.«
HTC Purenergy aus Kanada besitzt vielleicht die
fortgeschrittenste
CCS-Technik nach 20 Jahren Forschungsarbeit
gemeinsam mit dem Greenhouse Gas Technology Center der University of Regina. HTC stellt Module her, die vorgefertigt werden, für Gas- und Kohleverbrennung einsetzbar sind, an existierende Kraftwerke und Fabriken »angedockt« werden und bis zu 1 000 Tonnen Kohlendioxid täglich abscheiden können. Nach Informationen des Global Carbon Emissions Monitor liefert HTC eines der ersten Filtersysteme, das marktreif ist. Seit Anfang 2008 kooperiert HTC mit einem australischen Energieversorger. Eine Machbarkeitsstudie soll prüfen, ob die CCS-Module für ein 2 200-Megawatt-Braunkohlekraftwerk eingesetzt werden können. Im März 2008 bekam HTC den Zuschlag, ein norwegisches |35| Gaskraftwerk auszustatten und die komplett notwendige Infrastruktur zu bauen, vom Filtern, Transportieren über Pipelines bis hin zum Lagern in unterseeischen Gesteinsschichten – weltweit das bislang größte Erdgasprojekt mit dieser Technik. »CCS-Systeme zu errichten wird in einigen Jahren genauso normal sein wie Ölplattformen oder andere Fördereinrichtungen für Rohstoffe«, sagt HTC-Firmenchef Lionel Kampeitz.
Es gibt weltweit wahrscheinlich kein Land, wo die CCS-Technik höher auf der politischen Agenda rangiert als in Norwegen. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, die Reduktionsvorgaben des Kyoto-Protokolls vor allem durch technologische Kraftakte im eigenen Land zu erreichen. Bereits seit 1996 testet Norwegen die CO2-Speicherung in der Erdgasförderung im Sleipner Vest Gasfeld in der Nordsee. Eine Million Tonnen Kohlendioxid wurden seither gefiltert und tausend Meter unter dem Meeresboden eingelagert – die bislang einzige Lagerstätte dieser Art weltweit. Von den drei großen Versuchsanlagen, die derzeit in Bau sind, ist das Mongstad-Projekt von Statoil nahe Bergen richtungsweisend. Nach der laufenden Pilotphase soll 2014 das erste komplette Kraftwerk – Kraftwärmekopplung befeuert mit Erdgas – in Betrieb gehen, das jährlich 1,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid abfangen und einlagern
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