Die Klimaprioritaeten
kann. Dies würde den Übergang vom Forschungs- zum Betriebsstadium markieren. Soll die CCS-Technik kurzfristig dabei helfen, noch effektiver Öl und Gas zu fördern, wird Kohlendioxid nach Ansicht der norwegischen Regierung langfristig am besten in leer gepumpten Gasfeldern unter dem Meeresboden gebunkert.
Geeignete Lagerstätten zu finden ist wohl die größte Herausforderung. Wie reagieren Gestein, Sande und Mineralien auf Kohlendioxid? Halten sie das eingepresste Gas für die kommenden Jahrtausende? Entweicht es schleichend aus den
Gesteinsschichten
und macht damit die Einspareffekte wieder zunichte? |36| Was die Altmark betrifft, ist Denis Kettlitz überzeugt, dass sie dichthalten wird. »Schließlich haben die Gesteine dort auch Erdgas über Jahrmillionen gespeichert.« Das
Geoforschungszentrum
Potsdam, das die alten Erdgasfelder während des Vorhabens untersucht, bohrt derweil auch in Brandenburg nach weiteren Speichern. In Ketzin sollen bis 2010 für Europas größten
Untergrundspeicher 60 000 Tonnen Kohlendioxid in 700 Meter Tiefe gepumpt werden. Die darüberliegenden Gips- und Tonschichten dienen als eine Art geologische Abdeckplatte.
In den USA wird bereits seit 2003 mit massiver staatlicher Hilfe nach geeigneten unterirdischen Speichern gesucht. Das Energieministerium startete eine zehnjährige
Forschungsinitiative
gemeinsam mit Universitäten, Firmen und Behörden, um die CCS-Technik schnellstmöglich einsatzbereit zu machen und zu vermarkten. Die erste Forschungsphase förderte zu Tage, dass in den USA Speicherkapazitäten von insgesamt 3 000 Milliarden Tonnen zur Verfügung stehen, die tausend Jahre lang das von Nordamerikas Kohle- und Gaskraftwerken ausgestoßene Kohlendioxid endlagern können.
Solche Zahlen beeindrucken die Gegner freilich nicht. Für sie ist die Technologie bereits gescheitert, bevor sie überhaupt zum Einsatz kommt.
Da ist zunächst das Gefühl, eine verständliche Abneigung, das man ein Problem einmal mehr nur vergräbt. Erde auf, Gas rein und hoffen, dass alles gut geht. Man denkt an Atommüll, der möglichst tief in Salzstöcken oder ausgedienten
Bergwerksschächten
eingebunkert wird. Über die Endlichkeit und Gefahren solcher Endlager ist viel gesagt worden. Doch Kohlendioxid ist kein tödlicher radioaktiver Müll.
Viele Umweltschützer sehen CO2-Speicherung als »Greenwashing« für eine kohlebesessene Energiewirtschaft. Sie lehnen Kohle ohnehin ab, wie können sie da eine Technik begrüßen, |37| die das Leben der Kohle verlängert? Sie sehen, dass die heutige, auf fossile Energieträger setzende Infrastruktur langfristig nur zementiert würde. Und bis die CCS-Technologie überhaupt im großen Maßstab einsatzfähig ist, würden noch viele weitere Dreckschleudern gebaut.
Die Skeptiker führen im Wesentlichen sechs Punkte gegen das Einlagern von Kohlendioxid ins Feld:
Erstens werden maximal nur etwa 90 Prozent des Gases aus den Schornsteinen herausgefiltert.
Zweitens müssen für Abscheiden und Verpressen zusätzlich bis zu 30 Prozent mehr Energie aufgewendet werden, die dann auch wieder gefiltert werden müssen, wofür wieder mehr Energie aufgewendet werden muss und so weiter.
Drittens wird befürchtet, dass Kohlendioxid aus Lagerstätten wieder entweichen könnte.
Viertens: Wird Kohlendioxid in Öl- oder Erdgasfelder gepumpt, die nach bisherigem Stand der Technik als ausgeschöpft galten, kann nun noch mehr Erdöl und Erdgas gefördert werden – fossile Rohstoffe, von denen wir uns eigentlich verabschieden sollten.
Fünftens: Kraftwerke mit CCS-Technik werden am besten nahe geeigneter Lagerstätten gebaut, was bislang selten der Fall ist. Will man die Standorte nicht verlagern (
unwahrscheinlich
), wird eine neue Transportinfrastruktur benötigt.
Sechstens wird die Technik vermutlich erst in zehn bis 20 Jahren marktreif sein und ist dann möglicherweise teurer als Wind- und Sonnenenergie. Die kommenden 20 Jahre sind laut Klimastudien jedoch genau jener kritische Zeitraum, in dem es gelingen muss, den Klimawandel in Schach zu halten – eine gigantische finanzielle und materielle
Ressourcenverschwendung
für den falschen Weg, so die Kritiker.
|38| Die britische Working Group on Climate Change and Development – ein Zusammenschluss von Entwicklungs- und
Umweltorganisationen
– forderte Ende 2007 deshalb in einer Studie, dass Energiekonzerne und Kapitalgeber ihre Investitionen in Kohle und Öl auslaufen lassen sollen. Stattdessen müsse viel »aggressiver« in
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