Die Klimaprioritaeten
Energy Finance Magazins unter Amerikas Risikokapitalgebern diese ihr Geld nicht in CCS investieren.
Dass der CCS-Technologie zum Durchbruch verholfen werden sollte, dafür gibt es noch einen anderen entscheidenden Grund. Die Industrieländer benötigen sie als
Verhandlungsangebot
gegenüber den Entwicklungsländern, als Beweis, dass sie gewillt sind, die historische Verantwortung zu schultern. In den Klimaverhandlungen zu einem Post-Kyoto-Vertrag muss man den selbstbewussten Indern und Chinesen Türen öffnen können nach dem Motto »Kohle ja, aber bitte so wenig klimaschädlich wie möglich«. Europa und die USA müssen dabei in |41| Vorleistung treten, nicht nur, wenn es darum geht, Energie effizienter zu nutzen und aus erneuerbaren Ressourcen zu produzieren. Niemand kann derzeit mit Gewissheit sagen, wie sich der Markt für Emissionsrechte entwickeln wird, unwahrscheinlich ist jedoch, dass Öl- und Gaspreise dramatisch sinken. Vielleicht werden erneuerbare Energien bis 2020 wirtschaftlicher sein als Kohle und auch die technischen Möglichkeiten ausgereifter, die schwankenden Energiequellen Wind und Sonne stabil ins Stromnetz einzuspeisen. Aber kohlehungrige Schwellenländer brauchen dringend eine Brücke in eine emissionsärmere Zukunft.
Wie kann man China, Indien und Brasilien beeinflussen? Entscheidend wird das Verhalten der Europäer und mehr noch der Amerikaner sein. Sie können China am ehesten überzeugen, Kraftwerke mit CCS-Technologie zu bauen. »Die Chinesen sind nicht in der Lage, dies aus sich selbst heraus zu tun. Sie brauchen die Hilfe der Europäer und Amerikaner und deren gutes Beispiel«, glaubt Philip Andrews Speed vom Centre for Energy, Petroleum and Mineral Law and Policy der University Scotland.
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Made in China. Das sind 80 Prozent der Produkte in den Regalen von Wal-Mart, DVD-Player im Mediamarkt, Mobiltelefone, Computerzubehör, H&M-Jacken und: Das ist 2009 wahrscheinlich auch der höchste Ausstoß an Treibhausgasen weltweit.
Die zweistelligen Wachstumsraten der chinesischen Wirtschaft sind etwas, das man in der Hauptstadt Peking jeden Tag sehen und riechen kann. Die Luft ist eine milchiggraue Suppe aus Kohlenstaub, Autoabgasen und Baustellendreck. Wie ein Schleier umhüllt sie die unzähligen Baukräne,
Hochhausskelette |42| , fertigen Glastürme und legt sich über die zehnspurigen Schnellstraßen.
Einmal im Jahr, zum Neujahrsfest, kann man den Unterschied erleben. Wenn die Baustellen für ein, zwei Wochen ruhen, die Fabriken still stehen, die Straßen leer sind. Dann ist die Luft klar, der Himmel blau und die Sonne keine diffuse Lichtquelle. Kaum springen die Motoren danach wieder an, zieht der Smog auf.
Die Ursache für das toxische Gemisch hat vor allem einen Namen: Kohle. Sie verändert nicht nur das globale Klima, sondern vergiftet auch die chinesische Luft, erzeugt Smog und Sauren Regen. 16 von 20 Städten mit der schlechtesten Luftqualität weltweit befinden sich in China. 80 Prozent der chinesischen Städte weisen Konzentrationen von Stick- und Schwefeloxiden auf, die über den Grenzwerten der
Weltgesundheitsorganisation
liegen. Rund eine Million Menschen sterben jährlich in China durch Luft- und Umweltverschmutzung. Kein Wunder, dass Marathonläufer bei den Olympischen Spielen dies ihren Lungen in Peking nicht zumuten wollten und ihre Teilnahme absagten.
Und das Problem könnte sich noch zuspitzen. Bis 2020 soll sich Chinas Energieverbrauch verdoppeln. Selbst der massive Ausbau von Wind- wie Wasserkraft und Atommeilern wird den Kohlehunger nur leicht abschwächen. China verfügt über keine großen Öl- und Gasreserven. Aber es sitzt auf riesigen Kohleverkommen, 13 Prozent der weltweiten Reserven. Das Land hat genug Kohle, um sein gegenwärtiges Wirtschaftswachstum für mehr als hundert Jahre aufrechtzuerhalten. 71 Prozent des Stromes werden aus Kohle erzeugt.
Wie abhängig das Land von Kohle ist, konnte man im Februar 2008 erleben. Heftiger Schnee und Eisstürme hatten weite Teile des Landes zu Beginn des chinesischen Neujahrsfestes |43| lahmgelegt. Millionen Reisende saßen fest auf Bahnhöfen und Flughäfen. Millionen Menschen hatten keinen Strom, weil die Kohlewaggons im Schnee stecken blieben. Die Regierung beorderte daraufhin zwei Millionen Soldaten zum Wintereinsatz. Und Präsident Hu Jintao stiefelte medienwirksam durchs Kohlerevier.
Doch die gute Nachricht: Chinas Führung weiß um das Kohle- und Energieproblem. Sie weiß, sollte das Land Kohle
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