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Die Klimaprioritaeten

Titel: Die Klimaprioritaeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
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erneuerbare Energie investiert werden. Geld weiterhin in Kohle und Öltechnologien zu pumpen, sei kontraproduktiv, so die Autoren. Industrieländer könnten durch eine Effizienzrevolution ihre Treibhausgasemissionen drastisch senken.
    Niemand bestreitet dies. Dennoch werden alle
energieeffizienten
Systeme, intelligenten Technologien und erneuerbaren Energien kurz- und mittelfristig keine Entlastung auf dem deutschen und europäischen Strommarkt bringen, international erst recht nicht. Und wie dargelegt, sind wir noch weit davon entfernt, dass erneuerbare Energien Grund- und Spitzenlast der Stromversorgung übernehmen können. Außerdem: Kraftwerke, die jetzt ans Netz gehen, haben eine Laufzeit von bis zu 60 Jahren.
    Kohle wird also gebraucht. Damit auch CO2-Speicherung. Auch für den Übergang in eine kohleärmere Zukunft. Auch, damit man den aufstrebenden Industriestaaten eine Technologie anbieten kann, die versucht, wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen. Indien und China fangen mit der Kohle jetzt erst richtig an und werden auch noch in 20 Jahren Unmengen zur Stromproduktion einsetzen. Darum muss die CCS-Technologie weiter erforscht und so rasch wie möglich verfügbar gemacht werden. Darum ist es sinnvoll, dass Subventionen in die Erforschung von Lagerstätten fließen.
    Das Argument der Kritiker, die CCS-Technik sei noch zu wenig ausgereift, ist unseriös. Dies gilt schließlich für jede neue Technologie |39| . Auch Windturbinen und Photovoltaik gingen irgendwann einmal an den Start, ihre Entwicklung und Marktreife wurde und wird mit Millionensummen an Steuergeldern subventioniert. Und wie bei erneuerbaren Energien auch, lassen sich die technischen Probleme der CO2-Speicherung nach Ansicht von Fachleuten am ehesten lösen. Die Frage ist vielmehr, ob und wie sich die Technologie rechnet und wirtschaftlich betrieben werden kann.
    Keine Frage ist, dass CCS enorme Investitionen verlangt. Eine neue Infrastruktur muss errichtet werden. Dort, wo man Kohlendioxid in Erdgas- und Erdölfelder pumpen kann und somit die Fördermenge erhöht, können die zusätzlichen Einnahmen gegen die Investitionskosten aufgerechnet werden. Das
US-Energieministerium
glaubt, dass sich die eigenen Ölreserven dadurch vervierfachen lassen.
    Für Vattenfall in Deutschland geht es um die Frage, ob CCS am Ende teurer ist als der Emissionshandel. Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid könnte auf 50 Euro bis 2012 klettern, meint Analyst Kris Voorspools von der Fortis-Bank in Brüssel. Bestehende und geplante Kohlekraftwerke könnten damit zu »
Investitionsruinen
« werden. Es sei denn, man verfügt über CCS. »Wir glauben, dass sich CCS-Anlagen rechnen bei einem
Emissionsrechtepreis
ab 20 bis 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid«, erklärt Denis Kettlitz. Für das Unternehmen ginge es bei der CO2-Speicherung um einen Weg, Kohle langfristig wirtschaftlich zu verstromen.
    Die deutsche Kohlelobby fürchtet jedoch genau das Gegenteil. Sie betrachtet die CCS-Technologie offenbar weniger als eine Chance denn als Gefahr. CCS treibe die Kosten in die Höhe und mache damit Kohle weniger wettbewerbsfähig. »Dies könnte bedeuten, dass sich die Stromerzeugung verschiebt zugunsten anderer Energieträger«, lamentiert der Gesamtverband Steinkohle |40| in einem Strategiepapier. Die Interessenvertreter sorgen sich vor allem, dass CCS eines Tages als rechtsverbindlicher Standard vorgeschrieben werde. Das wäre »unverantwortlich«. Davon sind wir in Europa allerdings noch weit entfernt, auch wenn einige Parlamentarier in Brüssel oder Berlin darüber sinnieren. Die Politik setzt derzeit auf Forschungsförderung wie zum Beispiel im Rahmen des Geotechnologien-Programmes, bei dem das BMBF die Suche nach geeigneten Lagerstätten unterstützt.
    Der Staat sollte in dieser Phase der Entwicklung einer
vielversprechenden
, aber sehr risikoreichen Technologie nach Ansicht vieler Experten die entscheidende Rolle einnehmen. Die Situation ist vergleichbar mit den fünfziger bis siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Nukleartechnik vorangetrieben wurde. »Der Staat muss die strategischen Weichen stellen, die ersten Risiken auf sich nehmen«, sagt der norwegische
Energiespezialist
Nils A. Roekke vom Forschungszentrum SINTEF. Die Internationale Energie Agentur kommt zu dem Schluss, die Kosten seien so hoch, dass ein Anschub nicht ohne staatliche Hilfe funktionieren könne. Ohne staatliche Rückendeckung werden nach Umfragen des New

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