Die Klimaprioritaeten
des Gouverneurs zu unterstützen. Dieser lockt zudem gern Siedler und Firmen aus anderen Teilen des Landes mit Parzellen, nicht zuletzt, um sich Stimmen für die nächsten Wahlen zu erkaufen. Andere treibt die Armut |58| in dieses Grenzland, die Aussicht auf Arbeit in der Papier- oder Ölindustrie. Die Gemengelage ist ein idealer Nährboden für illegale Holzfäller und Holzhändler.
So erkennt der Paulus seine Grenzen. Und sucht nach neuen Wegen und Allianzen. Das Versuchsfeld ist einer der wenigen noch erhaltenen Regenwälder in Riau, auf der Halbinsel Kampar, eine halbe Flugstunde von Pekanbaru entfernt und angrenzend an APRILs Konzessionen im Osten. Ein 200 000 Hektar großes Refugium für die letzten Sumatra-Tiger. »Wenn wir nichts tun, wird dieser Wald in zehn Jahren verschwunden sein«, sagt Franklin. Der herkömmliche Naturschutz, bei dem Zäune um die Wälder gezogen werden, sei gescheitert. Seine neuen Verbündeten sind der Emissionshandel und der
Klimaschutzmarkt
. Im Kern geht es darum, dem stehenden Wald einen Wert zu geben, der höher ist als der Wert, der durch Abholzen erreicht wird. Dafür sollen Gelder aus dem florierenden Handel mit Emissionsrechten in Waldschutzprojekte geleitet werden. Ein neues Finanztransfer- und Kompensationssystem. Vereinfacht gesagt, soll es Bauern oder Landlosen, die Bäume fällen wollen, dafür entschädigen, dies nicht zu tun. Der dadurch entstandene Einkommensverlust entweder aus dem Verkauf des Holzes oder aus den Früchten der Ölpalmen, die auf den gerodeten Parzellen dann angebaut würden, soll somit ausgeglichen werden.
Dieses Konzept wird derzeit intensiv und emotional diskutiert in den Vereinten Nationen, der Weltbank, zwischen Fachleuten, Umweltorganisationen, Unternehmen und auf den UN-Klimakonferenzen. Der etwas sperrige Name dafür ist »Reduzierte Emissionen aus Entwaldung und Walddegradation«, die Experten jonglieren allerdings nur noch mit der englischen Abkürzung REDD ( reduced emissions from deforestation and forest degradation ). Firmen aus Industriestaaten wie Deutschland |59| sollen ihre eigenen Emissionsverpflichtungen auch dadurch erfüllen können, dass sie in Projekte investieren, die noch intakte tropische Wälder bewahren. Das Kyoto-Protokoll erlaubt nur Emissionsgutschriften aus Projekten, die brachliegende Waldflächen wieder aufforsten. Der Schutz bestehender Wälder ist bislang nicht möglich. Es wird jedoch damit gerechnet, dass ein Nachfolgeabkommen für den Kyoto-Vertrag, das bis zur Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 verhandelt wird, Emissionsgutschriften aus solchen Projekten zulässt. Die Halbinsel Kampar in Riau könnte dann auch vom europäischen Energieversorger Vattenfall gerettet werden.
Sir Nicholas Stern, Klimaberater der britischen Regierung, veranschlagt zwischen 7 und 10 Milliarden Euro jährlich oder 5 US-Dollar pro Tonne Kohlendioxid, um so die Entwaldung in den Tropen um die Hälfte zu reduzieren – einer der
kostengünstigsten
Wege, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen zu senken.
Doch helfen mehr Geld und der Anreiz, für Waldschutz Emissionsgutschriften verkaufen zu können, einer Sache, die so komplex ist, von so vielen unterschiedlichen Faktoren abhängt und die bislang so erfolglos war?
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Seit Jahrzehnten wird versucht, das Verschwinden der tropischen Wälder aufzuhalten. Und jedes Jahr erneut bekommen wir die Zahlen dramatischer Waldverluste präsentiert. In der Entwicklungshilfe genoss das Thema einen hohen Stellenwert, doch es gelang bisher nicht, an den entscheidenden Stellen den Hebel anzusetzen. Die Ursachen in den Ländern Asiens, Lateinamerikas und Afrikas sind alt und bekannt:
agroindustrielle
Landwirtschaft, Armut, Landlosigkeit, wirtschaftliche |60| Stagnation, Kriege, korrupte Regime, dysfunktionale Verwaltungen, Rechtlosigkeit und fragwürdige Infrastrukturprojekte. Dazu kommt der Druck des Weltmarkts. Steigt die Nachfrage nach Soja und Rindfleisch, weicht der Wald Weide- und Anbauflächen. Er muss weichen, um den wachsenden Papierhunger zu stillen, um Palmöl und Zuckerrohr zu produzieren, die Biodiesel und Ethanol für die Autoflotten in Europa und den USA liefern. Und natürlich auch, weil dies oft der – in den Augen tropischer Länder legitime – Preis für Entwicklung ist.
Um die Chancen für die Heirat von Waldschutz und Emissionshandel auszuloten, treffe ich mich mit Rizaldi Boer. Er ist Co-Autor des Waldkapitels im IPCC-Bericht 2007 und so etwas wie Indonesiens
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