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Die Klimaprioritaeten

Titel: Die Klimaprioritaeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
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hierfür erforderliche Technologie zur Verfügung stellen – ein globaler Lastenausgleich und Hilfe zur Selbsthilfe. Chinesische Luftverschmutzung ist verantwortlich für ein Viertel des Smog in Los Angeles.
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    Kapitel 2 Waldschutz ist Klimaschutz
    »Wird derhalben die größte Kunst, Wissenschaft, Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen, wie eine Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen ist, daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe, weiln es eine unentberliche Sache ist, ohne welche das Land in seinem Wesen nicht bleiben mag.«
    Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann in Kursachsen, 1713

    »Wälder sind auf eine Weise und in einem Ausmaß zu behandeln und zu nutzen, dass deren Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit, Vitalität und Fähigkeit, die relevantenökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen gegenwärtig und in der Zukunft auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen gewährleistet ist.«
    Helsinki-Resolution der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, 1993
    Am Ende rollt ein kleines blaues Paket vom Band: 3 Kilogramm schwer; rein weißes Druckpapier. Es wird in europäischen Geschäften 7 Euro kosten. In chinesischen etwas weniger. Alle paar Sekunden spuckt die riesige Papierfabrik ein solches Paket aus. Alle paar Minuten wird dafür ein Baum gefällt, ein neuer gepflanzt und angesetzt. Hier am Rande des Urwalds nahe Pekanbaru an der Ostküste der indonesischen Insel Sumatra, 0˚33′ nördliche Breite, 101˚20′ östliche Länge.
    Pekanbaru ist ein staubiger Ort. Feuchtes Äquatorialklima nach Köppens Klimaklassifikation. Es ist Regenzeit. Doch ohne Regen. Seine Zeit wird immer kürzer, die trockenen Monate |54| immer länger. Im Anflug auf die Stadt gleitet die Maschine erst noch über geschlossene Wälder. Dann tauchen immer mehr kahle Flächen auf, immer mehr Palmölplantagen. Dazwischen lodern kleine Flammen, Rauch steigt auf. Brandrodung ist auch heute noch des armen Mannes effektivste Waffe gegen den Wald.
    Vor wenigen Jahren war dies noch eine gottverlassene Gegend, heute wuchert die Stadt in alle Himmelsrichtungen. Shopping Malls, ein neues rosafarbenes Ibis-Hotel, zehnstöckige Bürogebäude, ein futuristischer Glaspalast für die
Provinzregierung
und immer mehr Autos statt Rikschas. Menschen aus ganz Sumatra und von den anderen Inseln des Archipels strömen hierher, in einen der letzten Grenzräume Indonesiens zwischen Zivilisation und Natur. Angezogen vom Boom der Holz-, Palmöl- und Papierindustrie.
    60 Kilometer außerhalb von Pekanbaru, eine Autostunde über neue asphaltierte Straßen, dann Sandpisten, vorbei an Kolonnen von Lastwagen mit sehr geraden Holzstämmen, spärlicher werdenden Siedlungen und endlosen Ölpalmreihen, taucht aus dem Grün die monströse Papierfabrik auf. Ein Fremdkörper aus Stahl in einem aus dem Wald herausgefrästen Areal, vielleicht hundertmal die Größe eines Fußballfeldes oder mehr.
    Asia Pacific Resource International Holdings, kurz APRIL, mit Sitz in Jakarta und Singapur ist einer der weltweit größten Papier- und Zellstoffproduzenten. Und einer der
umweltfreundlichsten
. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen hat das Unternehmen zum »UNEP Champion« der Jahre 2006 und 2007 gekürt. Es ist Mitglied im Weltwirtschaftsrat für Nachhaltige Entwicklung (World Business Council for Sustainable Development) und sieht sich selbst an vorderster Front im Waldschutz. In einem Land, in dem – sollte das Tempo, mit dem |55| Säge und Feuer ihr Werk verrichten, anhalten – in 30 Jahren alle ursprünglichen Regenwälder weitgehend geplündert oder verschwunden sein werden. Dies hätte dramatische Folgen für das Weltklima und die indonesische Volkswirtschaft.
    Die Geschichte von APRIL: Ein Saulus, der sich zum Paulus wandelte. Das Unternehmen war für Umweltschützer lange Zeit das perfekte Feindbild. Ein gieriger und rücksichtsloser Waldzerstörer. In vielen Fällen zu Recht gebrandmarkt. Holz wurde von Händlern gekauft, die keinen Herkunftsnachweis
erbringen konnten, kahlgeschlagene Flächen wurden oft nicht wieder aufgeforstet, Abwässer in Flüsse geleitet und dadurch entfachte Konflikte mit der Bevölkerung ignoriert. Noch 2004 fuhr die deutsche Umweltorganisation Robin Wood schwere Geschütze gegen den Konzern auf, warf ihm vor, für ihren Holzbedarf unerlaubt Regenwälder und Naturreservate systematisch abzuholzen und ihre Plantagen nachlässig

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