Die Klimaprioritaeten
zu bewirtschaften.
»Wir hatten einen sehr schlechten Ruf in der Vergangenheit«, gesteht Neil Franklin, »Sustainability Director« von APRIL. Der Biologe, der aussieht wie Antiterrorspezialist Jack Bauer aus der amerikanischen Fernsehserie 24 , arbeitete für
Naturschutzorganisationen
, bevor ihm der Papierkonzern anbot, ihr oberster Umweltschützer zu werden. Franklin hat kein Problem, mit seinem Arbeitgeber hart ins Gericht zu gehen. Eher damit, dass die Öffentlichkeit den Wandel im Unternehmen nicht wahrnehmen will. Es sei enorm schwierig, aus diesem langen Schatten hinauszutreten.
Die firmeninterne Revolution begann vor acht Jahren. Eine Umweltabteilung wurde eingerichtet, Umwelt- und
Qualitätskontrollen
eingeführt und unabhängige Prüfer beauftragt. Mindestens 20 Prozent der Konzessionen auf Sumatra – insgesamt 790 000 Hektar Land – sollen fortan als Naturreservate erhalten werden. Illegaler Holzeinschlag und -handel sind seither |56| tabu. Nur noch Holz aus den eigenen Plantagen und von Firmen mit einem strengen Holznachweis wird verarbeitet – alles mitüberwacht von Umweltorganisationen. Das
Unternehmensmotto
heißt heute: »Planet, People, Profit.«
Auch die eigene Energieversorgung wird sukzessiv von Kohle auf Biomasse aus Plantagenabfällen umgestellt. Transparenz wurde zum obersten Kommunikationsziel erklärt. Und, ja, man wollte auch endlich mit den »NGOs« reden. »Die internen Widerstände waren vor allem dann groß, wenn es darum ging, mehr für den Umweltschutz zu tun, als die indonesischen Gesetze verlangten, und es dauerte lange, bis wir damit in die oberen Managementetagen durchdringen konnten«, berichtet Franklin. APRIL habe jedoch längst verstanden, dass
verantwortliches
Unternehmertum neue Geschäftsfelder eröffne und sich auszuzahlen beginne.
Die Ironie dabei: Während die Konzernspitze schließlich den Brocken schluckte und mit jenen Umweltgruppen zu reden bereit war, die APRIL jahrelang lautstark an den Pranger gestellt hatten, zeigten sich viele Aktivisten uneinsichtig und weigerten sich, den Wandel anzuerkennen. Sie blieben leider lieber beim bequemen Feinbild, sagt Franklin, ideologiefixiert und unfähig zur konstruktiven Kooperation – eine Haltung, die den ehemals hauptamtlichen Naturschützer besonders wurmt. Doch das Lager der Umweltverbände sei längst gespalten. Neben den Neinsagern gebe es jene wie den WWF, die glauben, dass nachhaltiges Wirtschaften nur mit und nicht gegen Unternehmen funktionieren könne. Als »passionierter Umweltschützer«, wie er sich selbst bezeichnet, fühlt er sich allerdings in der
Privatwirtschaft
mittlerweile weit besser aufgehoben. »Hier passiert’s«, meint er.
Hier in Riau, dieser kleinen Provinz, die zum Synonym für Waldzerstörung in Indonesien geworden ist, vereinen sich in |57| einem Brennglas Hoffnung und Depression, wenn es um die Frage geht, wie sich die für das Weltklima wichtigen tropischen Wälder nutzen und schützen lassen. Ob der beispielhafte neue Umweltschutzeifer von APRIL dabei ausreicht, ist fraglich. Zu begrenzt ist der Einfluss dieses wenn auch großen Konzerns, zu vielfältig die Kräfte, die am Wald zerren. APRIL ist nicht einmal in der Lage, seine eigenen Plantagen vor dem Raubbau zu bewahren.
Die etwa 343 000 Hektar Plantagen in Riau sind bepflanzt mit schnell wachsenden Akazien und Eukalyptus. Doch an den Rändern sind die Baumreihen oft löchrig und ausgefranst. Manchmal brennt es. »Wir können die Feuer nicht kontrollieren, nur löschen und melden«, sagt ein Feuerwehrmann der Firma. Richtig trostlos wird es aber, verlässt man das
Konzessionsgebiet
. Der nahe Kampar Fluss windet sich oft nur noch durch ödes Land, obwohl laut Gesetz die Ufer bis zu einer Breite von zwei Kilometern nicht gerodet werden dürfen. Überall Brachen und ausgeplünderte Waldstücke. Hütten aus Stein und Holz wachsen unkontrolliert aus dem Boden. Manche Bauern haben erste Ölpalmen gepflanzt, woanders sind Stumpf und Wedel schon wieder verkümmert, da der Torfmoorboden, einmal durch Entwaldung entwässert, rasch trocken wird.
»Unsere größten Feinde sind Staatsversagen, Armut und Korruption«, erklärt Neil Franklin. Die Bezirks- und
Provinzregierung
verpachten Waldflächen eigenmächtig, gegen den Willen der Zentralregierung in Jakarta. Sie haben ihre eigenen, eigenwilligen Landnutzungspläne, die willkürlich geändert werden. Ausgerechnet immer dann, wenn sich der Konzernchef weigert, die politische Partei
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