Die Klimaprioritaeten
Die Risiken, dass Kohlendioxid, einmal in leergepumpte Lagerstätten injiziert, dort wieder entweicht, sind vergleichsweise gering. Größer ist die Gefahr, dass es durch technische Fehler oder Unfälle beim Injizieren in die Atmosphäre gelangt. Neben den technischen Hürden und hohen Kosten muss zum Beispiel geklärt werden, wer für undichte Stellen haftet und – damit zusammenhängend – wie die Grenzen von Lagerstätten bestimmt werden. Heikel und ein gutes Beispiel dafür, wie kompliziert Klimaberechnungen sind, ist die Frage, ob Kohlendioxid in noch bestehende Erdgasfelder gepumpt werden darf, um so den letzten Kubikmeter Gas herauszupressen. Schließlich führen verminderte Treibhausgase dadurch direkt zu neuen CO2-Emissionen. Andererseits ist es erheblich weniger energieintensiv, eine vorhandene Lagerstätte restlos auszuschöpfen, als ein neues Erdgasfeld aufwändig zu erschließen.
Um CCS-Technologie in China einzusetzen gibt es mehrere internationale Initiativen, unterstützt von multilateralen Institutionen, die einen Technologietransfer ermöglichen wollen, |51| sollte CCS marktreif sein. Wo, wenn nicht in China, sollte diese Technik angewendet werden, lautet ihr gemeinsames Credo. Internationale Kooperationen wie die EU-China-Partnerschaft führen Fallstudien durch, kalkulieren künftige
Energieszenarien
unter Einsatz von CCS, mit dem Ziel, 2014 ein Pilotprojekt anzufahren. Auch das sechste Forschungsrahmenprogramm der EU nimmt sich mit dem COACH-Projekt (»Cooperation Action within CCS China-EU«) des Themas an und prüft die
Einsatzmöglichkeiten
.
China ist außerdem Mitglied im Carbon Sequestration Leadership Forum, einer Vereinigung von 20 Staaten – einschließlich USA, Indien, Russland, Südafrika und EU –, um CCS zu fördern. Dabei kooperieren zum Beispiel das
US-Energieministerium
und das chinesische Wissenschafts- und
Technologieministerium
bei der Suche nach geeigneten geologischen Lagerstätten in China. Das EU GeoCapacity Project, 2006 ins Leben gerufen, das die geologische Speicherkapazität von Lagerstätten in Europa untersucht, hat seine Forschung auf China ausgedehnt.
Dass auch China Bedeutung und Potenzial der CCS-Technik erkannt hat, unterstreicht der Nationale Wissenschafts- und Technologieplan von 2005, in den die Regierung CCS aufgenommen hat. Anders als die chinesische Staatsführung zeigen private Unternehmen bislang allerdings wenig Interesse.
Es gilt als unwahrscheinlich, dass China selbst finanzielle Anreize für seine Unternehmen bereitstellt, um die CO2-Speicherung zu nutzen. Die enormen Investitionskosten schrecken chinesische Firmen vom Einsatz ab. Zudem unterliegt China keinen Emissionsverpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll. Soll die CCS-Technologie in China Fuß fassen, müssen
Industriestaaten
und der private Kapitalmarkt die nötigen Finanzmittel mobilisieren.
|52| Aus Sicht globaler Klimagerechtigkeit ist dies nur fair. China ist die Fabrik der Welt. 80 Prozent der Lieferfirmen für Wal-Mart sind chinesische Produzenten. Die USA »sparten« 1 711 Millionen Tonnen Kohlendioxid zwischen 1997 und 2003 durch den Import von Waren aus China, statt sie selbst zu fertigen. Internationale Unternehmen verlagern ihre Produktion nach China. Aber ihre Aktien werden weiter in den Industrieländern gehandelt. So emittiert Großbritannien offiziell nur 2 Prozent der globalen Treibhausgase. Aber Unternehmen, die an der Londoner Börse gehandelt werden, sind verantwortlich für rund 12 Prozent der weltweiten Emissionen. Würde man Großbritanniens »Emissions-Outsourcing« energie- und
emissionsintensiver
Fertigung von der Insel nach Asien berücksichtigen, so hat Energieexperte Dieter Helm von der Oxford University vorgerechnet, würden die beeindruckenden Verminderungen der britischen Treibhausgase von 15 Prozent seit 1990 stattdessen um 19 Prozent steigen.
Auch die Verhandlungspartner für ein
Nachfolgeabkommen
zum Kyoto-Protokoll haben darum erkannt, dass die Welt nicht umhinkommt, China und andere kohlesüchtige aufstrebende Industrieländer dabei zu unterstützen, sauberere
Kohletechnologien
einzusetzen. Ein Vorschlag hierzu ist, eine Art Technologievertrag aufzusetzen, der nur den Energiesektor der wichtigsten Kohlestaaten einschließt und verbindliche
Emissionsverminderungen
für Kohlekraftwerke festlegt. Doch so viel steht fest: Selbst laxen internationalen Verpflichtungen wird sich China nur dann unterwerfen, wenn die wohlhabenden
Industriestaaten die
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