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Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hergestellten Bogen solche Durchschlagskraft verlieh, beinahe doppelt so viel wie bei anderem Holz. Man konnte sich zwar nie sicher sein, bevor man das überflüssige Holz abschliff, aber der Stab sah perfekt aus. Wie beim Licht hatte schwarzes Ebenholz seinen Weg ins südliche Altara gefunden? Er war sich sicher, dass es nur in den Zwei Flüssen wuchs.
    Als die Ladenbesitzerin, eine schlanke Frau, die unter dem Busen hellgefiederte Vögel aufgestickt trug, heraustrat und sofort die Vorzüge ihrer Klingen anpries, sagte er: »Was kostet dieser schwarze Stock, Frau?«
    Sie blinzelte, überrascht, dass ein Mann in Seide und Spitze einen Wanderstab haben wollte - sie glaubte doch allen Ernstes, dass das verdammte Ding ein Wanderstab war! -, und nannte einen Preis, den er ohne zu feilschen bezahlte. Das ließ sie erneut blinzeln und die Stirn runzeln, so als hätte sie mehr verlangen sollen. Und er hätte mehr für das Grundmaterial eines Zwei-Flüsse-Bogens bezahlt. Mit auf die Schulter gelegtem Bogenstab ging er weiter, schlang den Rest der Fleischpastete herunter und wischte sich die Hand am Mantel ab. Aber er war genauso wenig für ein Frühstück oder einen Bogenstab gekommen wie zum Spielen. Es waren die Ställe, die ihn interessierten.
    Mietställe boten immer ein paar Pferde zum Verkauf an, und wenn der Preis stimmte, verkauften sie für gewöhnlich auch welche, die eigentlich nicht zum Verkauf standen. Zumindest taten sie es, solange die Seanchaner sie sich nicht bereits geschnappt hatten. Glücklicherweise hatte es in Jurador bislang nur flüchtige Begegnungen mit den Seanchanern gegeben. Er wanderte von einem Stall zum nächsten und sah sich Braune und Rotschimmel an, Grauschimmel und Schecken, Falben, Rotfüchse, Rappen, Schimmel und Graue, alles nur Stuten oder Wallache. Ein Hengst kam nicht in Frage. Nicht jedes begutachtete Tier hatte einen schmalen Brustumfang oder lange Beinknochen, vor allem zu lange Hinterröhren, dennoch kam keines seinen Vorstellungen nahe. Bis er einen schmalen Stall betrat, der zwischen dem großen Gasthaus Die Zwölf Salzquellen und einem Teppichladen gequetscht stand.
    Eigentlich hätte man denken sollen, dass die lauten Teppichwebstühle die Pferde unruhig machten, aber sie alle waren ruhig, anscheinend an den Lärm gewöhnt. Die Boxen erstreckten sich tiefer in den Häuserblock hinein, als er gedacht hätte, aber Laternen an den Pfosten sorgten auch ein Stück vom Eingangstor entfernt für ausreichend Licht. In der Luft schwebte der Staub von dem Heuboden; sie roch nach Heu und Hafer und Pferdemist, aber es war kein alter Mist. Männer mit Schaufeln misteten die Boxen aus. Der Besitzer hielt den Ort sauber. Das bedeutete, dass hier das Krankheitsrisiko geringer war. Einige Ställe hatte er nach dem ersten Atemzug sofort wieder verlassen.
    Die schwarze-weiße Stute wurde vor ihrer Box von einem Seilhalfter gehalten, während ein Stallbursche frisches Stroh hineinwarf, und sie stand ruhig da, die Ohren aufmerksam nach vorn gelegt. Etwa fünfzehn Handspannen groß hatte sie einen ordentlichen Brustumfang, der Ausdauer versprach, und die Beine waren perfekt proportioniert, mit kurzen Hinter- und Vorderröhren und Fesselgelenken im richtigen Winkel. Ihre Schultern wiesen eine gute Krümmung auf, und ihre Kruppe lag auf einer Ebene mit ihrem Widerrist. Ihre Linien waren genauso gut wie die von Pips, vielleicht sogar noch besser. Mehr noch, sie gehörte zu einer Rasse, von der er zwar gehört, die er aber niemals geglaubt hatte zu Gesicht zu bekommen, eine Rasierklinge aus Arad Doman. Keine andere Rasse hatte diese auffallende Färbung. Auf dem Fell trafen schwarze Linien auf weiße, und zwar so exakt, als hätte man sie mit einer Rasierklinge geschnitten. Daher kam auch der Name. Ihre Anwesenheit hier war genauso unerklärlich wie das schwarze Ebenholz. Mat hatte immer nur gehört, dass kein Domani jemals eine Rasierklinge an einen Ausländer verkaufen würde. Er ließ den Blick an ihr vorbeischweifen, ohne ihn auf ihr verharren zu lassen, und musterte die anderen Pferde in ihren Boxen. Waren die Würfel in seinem Kopf langsamer geworden? Nein, das war nur seine Einbildung. Er war sich sicher, dass sie genauso laut klapperten wie in Lucas Wagen.
    Ein drahtiger Mann mit einem grauen Haarkranz trat auf ihn zu und beugte den Kopf über die gefalteten Hände. »Toke Fearnim, mein Lord«, stellte er sich mit einem rauen Akzent vor und musterte den Bogenstab auf Mats Schulter misstrauisch.

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