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Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und in nur einer Farbe gestrichen ohne Lucas zusätzliche Verzierungen, sowie von Zelten in der Größe kleiner Häuser in Blau oder Grün oder Rot, manchmal auch gestreift. Die Sonne stand fast eine Handbreit über dem Horizont an einem Himmel, an dem kleine Wölkchen langsam dahintrieben; Kinder liefen herum und spielten, während die Artisten sich für die Vormittagsvorstellung bereitmachten, Männer und Frauen, die sich verrenkten und streckten, viele mit glitzerndem, buntem Flitter auf ihren Mänteln und Kleidern. Vier Verbiegungskünstler in hauchdünnen Hosen und Blusen, die durchscheinend genug waren, um nur wenig der Phantasie zu überlassen, ließen ihn zusammenzucken. Zwei lagerten neben ihrem roten Zelt auf einer Decke auf dem Boden - auf den Köpfen. Andere hatten sich so ineinander verknotet, dass zweifelhaft war, ob sie sich noch entwirren konnten. Ihr Rückgrat musste aus Sprungdraht sein! Petra, der Kraftmensch, stand mit nacktem Oberkörper neben dem grünen Wagen, den er sich mit seiner Frau teilte, und wärmte sich mit Gewichten auf; er stemmte mehr mit einer Hand, als Mat mit zweien stemmen konnte. Der Mann hatte Arme, die dicker als Mats Beine waren, und er schwitzte nicht mal. Clarines kleine Hunde standen in einer Reihe vor der Wagentreppe, wedelten mit dem Schwanz und warteten ungeduldig auf ihre Dompteurin. Im Gegensatz zu Latelles Bären machten die Hunde ihre Kunststücke vermutlich, um die pummelige Frau zum Lächeln zu bringen.
    Mat war immer versucht, sich einfach nur irgendwo ruhig hinzusetzen, solange die Würfel in seinem Kopf klapperten, an einem Ort, an dem aller Voraussicht nichts passieren würde, wo er darauf warten konnte, dass die Würfel verstummten, und obwohl er gern den Akrobatinnen zugesehen hätte, von denen einige so luftig wie die Verbiegungskünstler gekleidet waren, machte er sich auf den Weg nach dem eine halbe Meile entfernt liegenden Jurador und musterte jeden auf der ungepflasterten Straße genau. Da war ein Kauf, den er abzuschließen hoffte.
    Leute gesellten sich zu der langen Schlange, die hinter dem stabilen Seil wartete, das vor die hohe Zeltwand des Zirkus gespannt war; nur eine Hand voll der Frauenkleider und der kurzen Männermäntel trugen aufwändige Verzierungen. Ein paar Bauernkarren rumpelten auf ihren hohen Rädern hinter einem Pferd oder Ochsen her. In dem kleinen Wald aus Windmühlen, die auf den niedrigen Hügeln hinter der Stadt die Salzquellen leer pumpten, und um die langen Verdunstungspfannen herum bewegten sich kleine Gestalten. Eine Händlerkarawane aus Planwagen - zwanzig davon hinter Sechsergespannen - rollte bei seinem Näherkommen aus dem Stadttor, die Kauffrau saß in einen hellgrünen Umhang gehüllt auf dem ersten Wagen neben dem Kutscher. Am Himmel flog ein Krähenschwarm vorbei und ließ Mat schaudern, aber niemand verschwand vor seinen Augen, und soweit er erkennen konnte, warf jeder einen langen Schatten. Heute bevölkerten nicht die Schatten der Toten die Straße, aber er war davon überzeugt, dass er genau das am Vortag gesehen hatte.
    Dass die Toten umherwandelten, konnte sicherlich nichts Gutes bedeuten. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte das etwas mit Tarmon Gai'don und Rand zu tun. Farben wirbelten durch seinen Kopf, und einen Augenblick lang konnte er vor seinem inneren Auge Rand und Min neben einem großen Bett stehen sehen; sie küssten sich. Er stolperte und wäre beinahe über die eigenen Füße gefallen. Sie waren nackt gewesen! Er würde daran denken müssen, nicht an Rand zu denken… Die Farben wirbelten umher und verdichteten sich kurz zu einem festen Bild, und er stolperte erneut. Es gab Dinge, die heimlich zu beobachten noch schlimmer waren als ein Kuss. Er würde seine Gedanken kontrollieren müssen. Beim Licht!
    Die beiden Wächter, die sich an dem eisenbeschlagenen Tor auf ihre Hellebarden stützten, hartgesichtige Männer mit weißen Brustpanzern und konischen weißen Helmen mit Rosshaarbüschen, musterten ihn misstrauisch. Vermutlich hielten sie ihn für betrunken. Ein beruhigendes Nicken hatte nicht den geringsten Einfluss auf ihre Mienen. In diesem Moment hätte er wirklich einen ordentlichen Schluck gebrauchen können. Die Wächter machten allerdings keine Anstalten, ihn am Betreten der Stadt zu hindern, sondern sahen ihm nur nach. Betrunkene machten Ärger, vor allem ein Mann, der schon so früh am Tag betrunken war, aber ein Betrunkener in einem guten Mantel - zwar schlicht, aber von gutem Schnitt

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