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Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Lachen aus, aber es klang schwach und zittrig. »Wie kannst du sagen, du hast nichts, um es mir zu schenken? Du hast mir alles gegeben.«
    Auch in Aviendhas Augen schimmerten Tränen. Sie legte die Arme um Elayne, auch wenn die anderen zusahen, und umarmte sie fest. »Ich werde dich vermissen, Schwester«, flüsterte sie. »Mein Herz ist so kalt wie die Nacht.«
    »Meines auch, Schwester«, flüsterte Elayne und erwiderte die Umarmung genauso fest. »Ich werde dich auch vermissen. Aber sie werden dir erlauben, mich hin und wieder zu besuchen. Das hier ist nicht für ewig.«
    »Nein, nicht für ewig. Aber ich werde dich trotzdem vermissen.«
    Als Nächstes hätten sie vermutlich angefangen zu weinen, aber Dorindha legte ihnen die Hände auf die Schultern.
    »Aviendha, es ist Zeit. Wir müssen aufbrechen, wenn du hoffen willst, dem Riemen zu entgehen.«
    Aviendha nahm mit einem Seufzen die Schultern zurück und rieb sich die Augen. »Mögest du immer Wasser und Schatten finden, Schwester.«
    »Mögest du immer Wasser und Schatten finden, Schwester«, erwiderte Elayne. Der Aiel-Gruß hatte so etwas Endgültiges, also fügte sie hinzu: »Bis ich dich wiedersehe.«
    Und dann waren sie ganz schnell weg. Und genauso schnell fühlte sie sich sehr allein. Aviendhas Gegenwart war eine Selbstverständlichkeit geworden, eine Schwester, mit der man sich unterhalten, lachen, Hoffnungen und Ängste teilen konnte, aber diesen Trost gab es nun nicht länger.
    Essande war aus dem Zimmer geschlüpft, während sie und Aviendha sich umarmt hatten, und jetzt kehrte sie zurück und setzte ihr den Reif der Tochter-Erbin auf, einen einfachen Goldreif mit einer einzigen goldenen Rose an der Stirn. »Damit diese Söldner nicht vergessen, mit wem sie sprechen, meine Lady.«
    Elayne war sich gar nicht bewusst, dass sie die Schultern hatte hängen lassen, bis sie sie nach hinten nahm. Ihre Schwester war weg, aber sie musste eine Stadt verteidigen und einen Thron erringen. Jetzt würde die Pflicht ihr Kraft geben müssen.

KAPITEL 16
 
Ein neuer Anhänger
    Das Blaue Audienzgemach hatte seinen Namen von seiner Kuppeldecke mit dem aufgemalten Himmel und den weißen Wolken sowie dem blauen Boden, und es war der kleinste Audienzraum im Palast, kaum mehr als zehn Quadratschritt groß. Die Bogenfenster an der einen Wand blickten auf einen Hof hinaus und sorgten trotz des draußen fallenden Regens für genug Licht, aber trotz der beiden großen Marmorkamine, den Simsen mit Gipslöwen und den zwei die Tür flankierdenden Wandbehängen mit dem Weißen Löwen hätte es eine Delegation von Caemlyns Kaufleuten entrüstet, im Blauen Gemach empfangen zu werden, und eine Delegation Bankiers wäre sogar außer sich vor Wut gewesen. Vermutlich hatte Frau Harfor die Söldner aus genau diesem Grund dort untergebracht, obwohl sie nicht wissen würden, dass man sie gerade beleidigte. Sie war selbst anwesend und »überwachte« die beiden jungen Dienerinnen in Livree, die die Weinbecher aus hohen Silberkannen auf einem Tablett auf einer schmucklosen Anrichte immer wieder nachfüllten, aber sie drückte die verzierte Ledermappe mit ihren Berichten an den Busen, als würde sie davon ausgehen, dass man sich der Söldner schnell entledigen würde.
    Halwin Norry, dessen Strähnen weißen, hinter den Ohren abstehenden Haares wie immer ein paar Federn glichen, stand in einer Ecke, ebenfalls seine Ledermappe an die dürre Brust gedrückt. Ihre Berichte waren ein fester Bestandteil des Tages, und in letzter Zeit konnten nur wenige von ihnen das Herz erfreuen. Ganz im Gegenteil.
    Von den beiden Gardistinnen vorgewarnt, die den Raum vor ihrem Eintreten überprüft hatten, stand jeder auf den Füßen, als Elayne begleitet von zwei weiteren Leibwächterinnen durch die Tür trat. Deni Colford, die den Befehl über die Abteilung der Gardistinnen hatte, die Devore und ihre Frauen abgelöst hatten, hatte einfach Elaynes Befehl ignoriert, mit den anderen draußen auf sie zu warten. Sie hatten sie ignoriert! Sicher boten sie ein beeindruckendes Schauspiel, wie sie so stolz hineinmarschierten, aber sie konnte nicht verhindern, mit den Zähnen zu knirschen.
    Careane und Sareitha, ganz formell mit ihren befransten Stolen, neigten respektvoll leicht die Knöpfe, aber Mellar riss sich den federgeschmückten Hut zu einer geschmeidigen Verbeugung herunter, die eine Hand auf die spitzengesäumte Schärpe quer über seinem auf Hochglanz polierten Harnisch gelegt. Die sechs goldenen Knoten, die

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