Die Klinge der Träume
Sedai. Das war alles, was eine Rolle spielte. Das war alles, was sie zulassen würde, dass es eine Rolle spielte. Sie öffnete den Mund, um die Initiative zu ergreifen…
Plötzlich sah Aybara sie über die Schulter an, und seine goldenen Augen ließen ihre Zunge erstarren. Sie hatte die Geschichten nicht geglaubt, dass der Mann Wolfsaugen hatte, aber die hatte er tatsächlich. Die harten Augen eines Wolfes in einem Gesicht so hart wie Stein. Er ließ den Ghealdaner beinahe weich erscheinen. Und es war ein trauriges Gesicht mit dem kurz geschnittenen Bart. Zweifellos wegen seiner Frau. Das konnte sie sich zunutze machen.
»Eine Aes Sedai im Weiß einer Gai'schain«, sagte er ausdruckslos und wandte sich ihr zu. Er war ein großer Mann, wenn auch nicht ganz so groß wie der Aielmann, aber er überragte alle, indem er einfach bloß so dastand und mit diesen goldenen Augen alles aufnahm. »Und eine Gefangene, wie es scheint. Sie wollte nicht mitkommen?«
»Sie zappelte wie eine Forelle am Ufer, als Gaul sie zusammenschnürte, mein Lord«, erwiderte Neald. »Ich musste bloß dastehen und zusehen.«
Eine seltsame Bemerkung, und in einem so bedeutsamen Tonfall. Was konnte er… Plötzlich wurde sie sich eines weiteren Mannes in einem schwarzen Mantel bewusst, einem stämmigen Burschen mit einer silbernen Anstecknadel in Form eines Schwertes am hohen Kragen. Und ihr fiel wieder ein, wo sie Männer in schwarzen Mänteln zuletzt gesehen hatte. Wie sie aus Löchern in der Luft sprangen, bevor sich bei den Quellen von Dumai alles in eine schreckliche Katastrophe verwandelte. Neald und seine Löcher, seine Wegetore. Diese Männer konnten die Macht lenken.
Sie brauchte ihre ganze Kraft, um sich nicht aus dem Griff des Murandianers losreißen zu wollen, um von ihm fortzuweichen. Allein die Nähe zu ihm drehte ihr den Magen um. Von ihm berührt zu werden… Sie wollte wimmern, und das überraschte sie. Sicher war sie wohl zäher als das! Sie konzentrierte sich darauf, ein gelassenes Erscheinungsbild zu präsentieren, während sie versuchte, ihren plötzlich ganz trockenen Mund zu befeuchten.
»Sie behauptet, mit Sevanna befreundet zu sein«, fügte Gaul hinzu.
»Eine Freundin von Sevanna«, sagte Aybara mit einem Stirnrunzeln. »Aber im Gewand einer Gai'schain. Ein seidenes Gewand und Schmuck, trotzdem… Ihr wolltet nicht mitkommen, aber Ihr habt nicht die Macht gelenkt, um Gaul und Neald davon abzuhalten, Euch herzubringen. Und Ihr habt schreckliche Angst.« Er schüttelte den Kopf. Wie konnte er wissen, dass sie Angst hatte? »Ich finde es überraschend, nach den Quellen von Dumai eine Aes Sedai bei den Shaido zu sehen. Oder wisst Ihr darüber nicht Bescheid? Lasst sie los, lasst sie los. Ich bezweifle, dass sie flüchtet, wo sie euch so weit gefolgt ist.«
»Dumai spielt keine Rolle«, sagte sie kalt, als die Hände der Männer sich von ihr lösten. Aber die beiden blieben wie Wächter an ihrer Seite stehen, und sie war stolz, wie unbewegt ihre Stimme war. Ein Mann, der die Macht lenken konnte. Zwei von ihnen, und sie war allein. Allein und nicht dazu in der Lage, einen Strang zu lenken. Sie stand mit hoch erhobenem Kopf da. Wie konnte er nur wissen, dass sie Angst hatte? In ihren Worten schwang nicht einmal ein Hauch von Furcht mit. Ihr Gesicht hätte genauso gut aus Stein gemeißelt sein können, so wenig ließ sie sich etwas anmerken. »Die Weiße Burg verfolgt Absichten, die allein Aes Sedai wissen oder verstehen können. Ich bin im Auftrag der Weißen Burg unterwegs, und Ihr behindert mich. Für keinen Mann eine kluge Entscheidung.« Der Ghealdaner nickte traurig, als hätte er diese Lektion persönlich gelernt, aber Aybara sah sie bloß ausdruckslos an.
»Ich habe diesen beiden nur aus einem einzigen Grund nichts Drastisches angetan«, fuhr sie fort. »Weil ich Euren Namen gehört habe.« Falls der Murandianer und der Aielmann verrieten, wie lange das gedauert hatte, wollte sie behaupten, zuerst verblüfft gewesen zu sein, aber sie schwiegen, und sie sprach schnell und energisch. »Eure Frau Faile steht unter meinem Schutz, genau wie Königin Alliandre, und wenn ich mit Sevanna fertig bin, werde ich sie mit mir nehmen, in Sicherheit bringen und ihnen helfen, an den von ihnen gewünschten Ort zu kommen. In der Zwischenzeit gefährdet Eure Anwesenheit hier jedoch meine Angelegenheiten, die Angelegenheiten der Weißen Burg, was ich nicht zulassen kann. Sie gefährdet auch Euch und Eure Frau und Alliandre. In diesem
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