Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)
machte auch nichts, denn Mutter interessierte sich nur für ihr Zuhause und nicht für das, was sich vor ihrer Haustür oder in den Hallen der Macht abspielte. Wenn London Frauen und Töchter von Kollegen ihres Vaters fragte, erhielt sie immer dieselbe Antwort: Ob sie es denn nicht unziemlich fände, als Frau solche Fragen zu stellen und sich in die Geschäfte der Männer einzumischen?
Als junge Braut hatte sie auf den richtigen Augenblick gewartet, um ihren Ehemann zu befragen. Sie hatte gehofft, die Intimitäten im Schlafzimmer würden eine Art Verbindung zwischen ihr und Lawrence schaffen. Doch was im Bett geschah, führte nur zu peinlichem Unbehagen, gefolgt von kühler Distanz. Als sie schließlich den Mut aufbrachte, Lawrence nach seiner Arbeit mit ihrem Vater zu fragen, weigerte er sich, mit ihr darüber zu sprechen. Mit der Zeit wurde daraus ein steter Quell des Streits zwischen ihnen, auch wenn es nicht der einzige Grund war, weshalb sie immer wieder über Kreuz gerieten.
Was immer die Männer taten, es konnte gefährlich sein, wie sich erst kürzlich gezeigt hatte, als ihr Bruder nach Monaten aus dem Ausland zurückgekehrt war. Sein Reisebegleiter Henry Lamb war verschwunden. Und was Jonas anging … wäre es vielleicht besser gewesen, er hätte nicht überlebt. Er war ein gesunder und gut aussehender Mann gewesen. Kurz vor seiner Abreise hatte er sich mit Cecily Cole verlobt. Dann kehrte er nach Hause zurück. Seine Verbrennungen waren schlimm gewesen, und die Narben, die sie hinterlassen hatten, verunstalteten nun die Hälfte seines Gesichts. Cecily löste die Verlobung. Jonas verließ das Haus nicht mehr, war verbittert und noch launischer als zuvor. Es verging kaum ein Tag, an dem er kein Möbel oder Porzellan zerschlug, und seine Angestellten fürchteten ihn.
Londons Ehemann Lawrence hatte ebenfalls einen hohen Preis für seine Regierungstätigkeit im Ausland gezahlt. Sie hatte ihn das Leben gekostet. Doch die Umstände seines Todes waren rätselhaft und ihr Vater verriet keine Einzelheiten. Um ihre zarte weibliche Seele vor der hässlichen Welt zu schützen, wie er sagte.
Also hörte London auf zu fragen. Sie wäre immer noch völlig ahnungslos, hätte ihr nicht ein glücklicher Umstand zu tieferen Einblicken verholfen. Widerwillig hatte Vater ihr mehr über seine Tätigkeit für die Regierung verraten. Und nun befand sie sich in Athen, um ihm zu assistieren. Sie hoffte, sich als so nützlich zu erweisen, dass sie ihn auch nach ihrer Heimkehr bei seiner Arbeit unterstützen durfte. Das klang deutlich interessanter als endlose Besuche, Verabredungen zum Frühstück, Regatten, Bälle und Wohltätigkeitsveranstaltungen, die niemandem nutzten. Außerdem könnte sie bei der Arbeit für ihren Vater ihre Sprachkenntnisse praktisch anwenden, anstatt sich immer nur mit der Theorie begnügen zu müssen.
Nun wartete sie auf die Erlaubnis ihres Vaters, hinaus zu dürfen, um der steifen Atmosphäre des Hotelsalons zu entfliehen.
»In Ordnung«, stimmte Vater nach einem Augenblick zu, »aber nimm Sally mit.«
»Ich gehe doch nur in den Hotelgarten«, sagte London. »Das ist keine öffentliche Straße. Ich bin dort vollkommen sicher. Man kann mich sogar vom Fenster aus sehen.«
Ihr Vater blickte zu Fraser hinüber, der ganz in der Nähe in einem Rohrstuhl saß. Ganz offensichtlich verständigten sich die beiden Männer stillschweigend mit ihren Blicken über die Leichtsinnigkeit und Torheit der Frauen. Um nicht die Geduld zu verlieren, umklammerte London ihren Fächer.
»Na schön«, sagte ihr Vater schließlich und hob doch tatsächlich drohend den Finger. »Aber pass auf und bleib in Sichtweite des Fensters.«
London deutete einen leichten Knicks an und huschte aus dem Salon. Liebe Güte, ihr Vater und sein Freund behandelten Frauen wie große Kinder. Das brachte London sehr auf. Ob andere Männer genauso waren? Abgesehen von dem, was sie aus Büchern kannte, fehlten ihr leider die Vergleichsmöglichkeiten.
Als sie das Hotel verließ und den terrassenartig angelegten Garten betrat, löste sich ihr Unmut augenblicklich in Luft auf. In einer so reizvollen Umgebung konnten Zorn und Ärger nicht überdauern. Üppige Oleanderbüsche, deren Gezweig an den Mauern herabhing, leuchteten in der Dunkelheit und erfüllten die Luft mit ihrem kräftigen Duft. Reihen kleiner dunkelroter Alpenveilchen säumten die Kieswege, neben denen Fackeln brannten, falls ein Gast die nächtliche Idylle genießen wollte. Doch sie
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