Die Klinik
lange Zeit. Dann legte er behutsam den Hörer auf.
Am Abend um acht Uhr zwanzig, als die Türglocke läutete und den ersten Ankömmling meldete, öffnete er selbst.
»Hei, Doktor«, sagte Maish Meyerson.
Meomartino führte den Ambulanzfahrer herein und stellte ihn Liz vor. Sie war am Vormittag beim Friseur gewesen und hatte Meomartino damit überrascht, daß sie mit schwarzem Haar heimgekommen war.
»Gefällt es dir?« hatte sie fast schüchtern gefragt. »Sie sagten, es würde sich zu meiner eigenen Farbe auswachsen, so daß man es kaum merkt.«
»Sehr.« Es erschreckte ihn etwas, rückte sie noch ferner, machte sie zu einer völlig Fremden. Aber er hatte sie lange dazu gedrängt, und war glücklich, daß sie es um seinetwillen getan hatte, voll Hoffnung, daß es ein gutes Zeichen sei.
Meyerson wählte Sour Mash-Bourbon. Sie prosteten einander zu.
»Für Sie nichts, Mrs. Meomartino?«
»Nein, danke.«
Sie gossen den Drink beide auf einen Zug hinunter und schnappten nach Luft.
»Was ist das, Maish?« fragte Meomartino.
»Was?«
»Dieses Teufelszeug.«
»Nicht die leiseste Ahnung.« Sie grinsten einander an, und er füllte Meyersons Glas und dann sein eigenes noch einmal.
Wieder läutete es, und in Liz’ Gesicht malte sich Erleichterung, aber nur einen Augenblick lang. Es war Helen Fultz. Sie überließ Helga ihren Mantel und schloß sich ihnen an, wollte jedoch nichts Stärkeres als Tomatensaft nehmen. Die vier saßen da, sahen einander an und versuchten zu plaudern, aber dann begann die Türglocke regelmäßig zu läuten, und die Wohnung füllte sich. Bald standen überall Leute herum, und es gab den bei Gesellschaften üblichen Lärm. Rafe fragte sich plötzlich, ob Peggy Weld schon eine Möglichkeit gehabt hatte, zu weinen, dann aber ertrank er als Gastgeber allmählich in einem Menschentümpel.
Einige der Hausärzte waren verheiratet und brachten ihre Frauen mit.
Mike Schneider, dessen Ehe weithin als festgefahren bekannt war, stellte eine leicht fettleibige Rothaarige als seine entfernte Kusine aus Cleveland, Ohio, vor.
Im Gegensatz dazu war Jack Moylan mit der reservierten Joan Anderson gekommen. Die Augen der Lehrschwester strahlten etwas zu stark, aber es schien ihr trotz des Schocks, den sie heute morgen erlitten hatte, nicht schlecht zu gehen.
»Ich war noch nie betrunken, Rafe«, sagte sie. »Kann ich das heute abend ändern?«
»Seien Sie mein Gast«, sagte er.
»Ändern ist das Schlüsselwort. Nieder mit dem Establishment«, sagte Moylan und führte sie zur Bar.
Harry Lee, den noch nie jemand mit einem Mädchen gesehen hatte, war mit Alice Tayakawa, der Anästhesistin, gekommen.
Spurgeon Robinson, begleitet von einer schwarzen Athene, der er Meomartino kühl vorstellte, war mit Adam Silverstone und einer kleinen Blonden mit einer Florida-Sonnenbräune eingetroffen. Meomartino beobachtete sie, als ihr Weg den der Gastgeberin kreuzte.
Seine Frau betrachtete sie neugierig. »Guten Tag«, sagte sie.
»Guten Tag.«
Die beiden Frauen lächelten einander an.
Um zehn Uhr dreißig hatte Meyerson Helen Fultz überredet, einen Screw Driver zu versuchen, weil Orangensaft Vitamin C enthält. Harry Lee und Alice Tayakawa saßen in einer Ecke und diskutierten erregt über die Gefahren einer Leberschädigung als negative Folge der Halothan-Narkose. »Nehmen Sie noch einen«, rief Jack Moylan Joan Anderson zu, die in ihrem Programm schon so weit fortgeschritten war, daß sie eine bemerkenswerte Leistung im Limbo vollbrachte, indem sie unter einer Vorhangstange, die nur sechzig Zentimeter über dem Fußboden schwebte, durchschlüpfte, während Moylan und Mike Schneider dasaßen und sie vom klinischen Standpunkt aus studierten.
»Enges Becken«, bemerkte Moylan.
»Masters und Johnson sollten eine Arbeit über die Penisempfänglichkeit junger Schwestern nach Ersterfahrung mit dem Tod schreiben«, sagte Schneider, als das Mädchen den Rücken bog und das enge Becken unter die Stange drückte.
Moylan eilte zur Bar, um ihr Glas wieder zu füllen.
»Kann ich Ihnen etwas holen?« fragte Meyerson Liz Meomartino.
Sie lächelte ihn an. »Nein, danke«, sagte sie.
»… und ich nähte gerade die Schnittwunde in ihrem Deltoid«, sagte Spurgeon soeben. »Und ich sagte zu ihr: Du bist also in dem Spektakel verwundet worden, und sie sagte zu mir: Nein, in der Schulter…«
Damit begann eine Runde von Anekdoten, wie Patienten ihre Krankheiten beschrieben: Fibroide des Uterus wurden zu
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