Die Klinik
abgestoßen hätte. Dr. Silverstone hat die Tierexperimente durchgeführt, und er wird Ihnen bestätigen, daß es nicht einfach so ist, daß x Einheiten des Körpergewichts y Einheiten des Medikaments verlangen. Es kommen andere Faktoren hinzu – der Lebenswille der Patientin, die Stärke ihres Herzens, der ihr innewohnende Widerstand gegen Krankheit, zweifellos noch andere Dinge, die wir nicht einmal ahnen.«
»Welchen Weg schlagen Sie jetzt ein, Doktor?« fragte Sack.
Kender zuckte die Achseln. »Es gibt eine Substanz, gewonnen aus Pferden, denen man zermahlene Lymphknoten aus menschlichen Leichen injiziert hat. Sie heißt Anti-Lymphocytenserum, abgekürzt ALS. Bisherigen Berichten zufolge ist es in Fällen wie diesem sehr wirksam. Wir werden mit den Tierexperimenten beginnen.«
»Dr. Kender.« Es war Miriam Parkhurst. »Wann gedenken Sie Harland Longwood eine Niere einzusetzen?«
»Wir suchen einen Spender«, sagte Kender. »Seine Blutgruppe ist B-negativ. Spender an sich schon sind rar, dazu noch die Komplikation einer seltenen Blutgruppe …« Er schüttelte den Kopf.
»Ein verdammtes Hindernis«, sagte Joel Sack. »Kaum zwei von hundert Spendern, die in unsere Blutbank kommen, sind B-negativ.«
»Haben Sie die anderen Krankenhäuser verständigt, daß wir einen B-negativen suchen?« fragte Miriam.
Kender nickte. »Es gibt noch etwas, das Sie alle wissen sollten«, sagte er. »Wir sind zwar imstande, Dr. Longwoods körperliche Verfassung am Blutwäscheapparat zu erhalten. Aber er ist emotional für die Behandlung ungeeignet. Aus psychischen Gründen kann er nicht länger auf Dialyse gehalten werden.«
»Das meine ich ja«, sagte Miriam Parkhurst. »Wir müssen etwas unternehmen. Einige von uns kennen diesen Mann – diesen großen Chirurgen – seit Jahren als Freund und Lehrer.«
»Dr. Parkhurst«, sagte Kender sanft, »wir tun, was möglich ist. Keiner von uns kann Wunder vollbringen.« Offensichtlich entschlossen, zum eigentlichen Thema der Sitzung zurückzukehren, wandte er sich an Joel Sack. »Ist die Obduktion Bergstrom schon durchgeführt?«
Dr. Sack schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Einwilligung für die Autopsie erhalten.«
»Ich habe mit Mr. Bergstrom gesprochen«, sagte Adam Silverstone. »Er weigert sich, eine Obduktion in Betracht zu ziehen.«
Kender runzelte die Stirn. »Glauben Sie, daß seine Entscheidung endgültig ist?«
»Ja«, sagte Silverstone.
»Ich möchte versuchen, seinen Entschluß zu ändern«, sagte Meomartino plötzlich.
Sie starrten ihn an.
»Das heißt, falls Dr. Silverstone nichts dagegen hat.«
»Sicherlich nicht. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, daß er das Dokument unterzeichnet, aber wenn Sie es versuchen wollen…«
»Es kann nichts schaden«, sagte Kender und warf Meomartino einen beifälligen Blick zu. Er sah die versammelten Chirurgen an. »Solange wir nicht die Ergebnisse einer Obduktion haben, ist es sinnlos, in diesem Fall abzustimmen. Aber es scheint auf der Hand zu liegen, daß bei unserem gegenwärtigen Wissensstand über das Abstoßungsphänomen dieser Tod unvermeidlich war.« Er schwieg wegen möglicher Einwände, und als er die allgemeine Zustimmung spürte, nickte er zum Zeichen, daß die Sitzung zu Ende war.
Meomartino rief von seinem Büro aus an.
»Hallo?« sagte Ted Bergstrom.
»Mr. Bergstrom? Hier spricht Dr. Meomartino vom Krankenhaus.«
»Was ist?« fragte Bergstrom mit einer Stimme, in der Meomartino den unterbewußten Haß des Hinterbliebenen gegenüber den Chirurgen, den Verlierern, spürte.
»Es handelt sich um die Obduktion«, sagte er.
»Ich habe meine Einstellung bereits dem anderen Doktor mitgeteilt. Es ist vorbei. Wir haben alle genug durchgemacht. Mit ihrem Tod ist der Fall abgeschlossen.«
»Ich meine, ich sollte Ihnen gegenüber noch etwas erwähnen«, sagte er.
»Und das wäre?«.
»Sie haben zwei Töchter.«
»Und?«
»Wir halten sie zwar nicht für gefährdet, da wir noch keinen echten Beweis dafür haben, daß eine Veranlagung für ein Versagen der Nieren erblich ist.«
»O mein Gott«, sagte Bergstrom.
»Bestimmt wird die Obduktion zeigen, daß absolut kein Anlaß zu Sorge besteht«, sagte Meomartino.
Bergstrom schwieg. Dann kam ein heiseres Knurren, der Laut eines Tieres in Not.
»Ich schicke sofort jemanden mit dem Einwilligungsformular hinüber. Sie brauchen es nur zu unterzeichnen, Mr. Bergstrom«, sagte er.
Meomartino saß da, lauschte dem schrecklichen Laut eine, wie ihm schien, sehr
Weitere Kostenlose Bücher