Die Klinik
nicht von Dauer. Am Freitag, dem Tag vor dem Fest, bekam Melanie Bergstrom eine Lungenentzündung. Angesichts einer rasch steigenden Temperatur und der Tatsache, daß beide Lungen betroffen waren, pumpte sie Kender mit Antibiotika voll.
Peggy Weld saß neben dem Bett ihrer Schwester und hielt ihre Hand unter dem Rand des Sauerstoffzeltes. Meomartino fand Ausreden, um ins Zimmer zu kommen, aber Peggy interessierte sich nicht für ihn. Ihr Augen waren auf das Gesicht ihrer Schwester geheftet. Er hörte nur einmal ein Gespräch.
»Durchhalten, Baby«, befahl Peggy.
Melanie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, die durch ihr mühsames Atmen ausgetrocknet waren. »Du wirst dich um sie kümmern?«
Der Sauerstoff zischte laut.
»Was?«
»Ted und die Mädchen.«
»Hör zu«, fauchte Peggy. »Ich habe dein ganzes Leben lang deine Dreckarbeit gemacht. Du wirst dich selbst um sie kümmern.«
Melanie lächelte. »Ah, Peg.«
»Du wirst jetzt nicht nachgeben!«
Aber am frühen Morgen starb sie in der Abteilung für Intensivpflege.
Joan Anderson, die kleine blonde Lernschwester, entdeckte es.
Joan war ruhig und diszipliniert, aber nachdem sie Meomartino die Meldung gemacht hatte, begann sie zu zittern.
»Schicken Sie sie heim«, sagte er zu Miss Fultz.
Aber die Oberschwester hatte hundert junge Mädchen erlebt, die plötzlich vor der Realität des Todes gestanden waren. Für den Rest des Tages teilte sie Miss Anderson den unangenehmsten Patienten der Abteilung zu, Männern und Frauen, die überflossen von Verbitterung und Selbstmitleid.
Meomartino wartete auf Peggy Weld, als sie ins Krankenhaus kam.
»Hallo«, sagte er.
»Guten Morgen. Wissen Sie, wie es meiner Schwester geht?«
»Setzen Sie sich einen Augenblick und plaudern wir miteinander.«
»Es ist vorbei, nicht?« sagte sie leise.
»Ja«, sagte er.
»Arme Mellie.« Sie wandte sich zum Gehen.
»Peg«, sagte er, aber sie schüttelte den Kopf, ging weiter und verließ das Krankenhaus.
Einige Stunden später kam sie zurück, um die Sachen ihrer Schwester abzuholen. Sie war blaß, hatte jedoch trokkene Augen, was ihn bekümmerte. Er hatte das Gefühl, daß sie eine Frau war, die warten würde, bis sie völlig allein war, und wenn es Wochen dauern sollte, dann aber einen hysterischen Anfall bekommen würde.
»Fühlen Sie sich wohl?« fragte er.
»Ja. Ich bin nur spazierengegangen.« Sie saßen schweigend eine Weile da.
»Sie hat es besser verdient«, sagte sie. »Wirklich. Sie hätten sie kennen sollen, als sie gesund war.«
»Ja. – Was werden Sie jetzt tun?« fragte er sanft.
Sie zuckte die Achseln. »Das einzige, das ich kann. Nach… allem… werde ich meinen Agenten anrufen und ihm sagen, daß ich wieder einsatzfähig bin.«
»Das ist gut«, sagte er, und die Erleichterung war nicht zu überhören.
Sie sah ihn neugierig an. »Was soll das heißen?«
»Verzeihung, aber ich habe ein Gespräch mit angehört…« Sie sah ihn an und lächelte wehmütig. »Meine Schwester war sehr unpraktisch. Mein Schwager möchte mich nicht einmal auf einem Silbertablett präsentiert haben«, sagte sie.
»Er glaubt, ich sei ein lockeres Dämchen. Um die Wahrheit zu sagen, ich kann den ekelhaften Spießer nicht ausstehen.«
Sie stand auf und streckte ihm die Hand hin. »Leben Sie wohl, Rafe Meomartino«, sagte sie, ohne den Versuch, ihr Bedauern zu verbergen.
Er nahm ihre Hand und dachte, wie sinnlos Menschenleben einander überkreuzen, und fragte sich, was geschehen wäre, wenn er diese Frau vor jener Nacht getroffen hätte, als Liz einen betrunkenen Fremden aus dem Regen zu sich genommen hatte.
»Leben Sie wohl, Peggy Weld«, sagte er und ließ ihre Hand los.
Nachmittags traten die Stationsärzte in Abwesenheit Dr. Longwoods und mit Dr. Kender als Vorsitzenden zur Exituskonferenz zusammen und widmeten die ganze Sitzung dem Fall Melanie Bergstrom.
Dr. Kender stellte sich ohne Umschweife dem Thema und schrieb den Tod der Infektionsempfänglichkeit zu, die durch die Anwendung von zu hohen Dosen unterdrückender Medikamente hervorgerufen worden war.
»Dr. Silverstone schlug Dosierungen von 100 mg vor«, sagte er. »Ich entschied mich für 130 mg.«
»Hätte sich Ihrer Meinung nach eine Lungenentzündung auch dann ergeben, wenn Sie ihr die von Dr. Silverstone vorgeschlagenen 100-mg-Dosierungen gegeben hätten?« fragte Dr. Sack.
»Wahrscheinlich nicht«, sagte Kender. »Aber ich bin ziemlich sicher, daß sie mit nur 100 mg das übertragene Organ
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