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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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las eine Zeitung.
    »Was muß ich über den Betrieb hier wissen, Maish?«
    »Sehr wenig, Doc«, sagte der Fahrer. »Merken Sie sich eines: Wenn jemand hereinkommt, der aussieht, als kratzte er ab, dann weisen Sie ihn in eine der Abteilungen ein. Schnell. Alte ungeschriebene Regel.«
    »Warum?«
    »In Stoßzeiten ist dieser Laden gerammelt voll. Manchmal müssen die Patienten lange warten. Sehr lange. Es spricht sich herum, daß irgendwer im Unfall abgekratzt ist, und das erste, was die Leute denken, ist, daß in dieser gottverdammten Station jeder stirbt, bevor sich einer um ihn kümmert.«
    Dies veranlaßte Spurgeon, sich auf eine anstrengende Arbeit gefaßt zu machen, aber es wurden vier ruhige Stunden, überhaupt nichts von der wahnwitzigen Tätigkeit, die er erwartet hatte. Er las die einzige Notiz auf dem Wandbrett dreimal, 
    An: Das gesamte Personal Von: Emmanuel Brodsky, R. N., Ph. B., Chefpharmazeut Betrifft: Fehlende Rezeptblöcke Der pharmazeutischen Abteilung kam zur Kenntnis, daß in den vergangenen zwei Wochen eine Anzahl von Rezeptblöcken verschiedener Kliniken als fehlend gemeldet wurden. Im Sommer dieses Jahres entdeckte man, daß auch eine gewisse Menge von Barbituraten und Amphetaminen fehlte. Wegen des zunehmenden Mißbrauchs von Rauschgiften legt die pharmazeutische Abteilung dem Personal nahe, weder Rezeptformulare noch Drogen und Medikamente an Stellen zu hinterlassen, wo sie in unverantwortliche Hände fallen können.
    Am frühen Abend brachte Maish eine Alkoholikerin herein, die Spur nicht sehr überzeugend erzählte, die Quetschungen an ihrem mißhandelten Körper rührten von einem Sturz auf der Treppe her. Er wußte, daß sie jemand – ihr Mann, ein Liebhaber? – geschlagen hatte. Die Röntgenaufnahmen erwiesen sich als negativ, aber er wartete mit der Entlassung, bis er, der Krankenhausregel folgend, daß nur vorgesetzte Fachärzte endgültige Anordnungen über Unfallpatienten treffen dürften, einen Oberarzt herbeigerufen hatte. Adam hatte einen freien Abend und arbeitete in Woodborough. Endlich kam Meomartino und schickte die Frau zu heißen Bädern heim. Es war genau das, was er selbst zwanzig Minuten früher getan hätte, dachte Spurgeon, und hielt Krankenhausregeln für läppisch.
    Kurz nach zehn Uhr abends kam ein farbiges Paar namens Sampson mit seinem vierjährigen Kind, das schrie und aus einer zerschnittenen Handfläche blutete. Nachdem er Glassplitter entfernt hatte, legte er ein Dutzend Nähte an; der kleine Junge war irgendwie vom Waschbecken im Badezimmer heruntergefallen, während er eine Medizinflasche in der Hand hielt.
    »Was war in der Flasche?«
    Die Frau blinzelte. »Irgendein altes Zeug. Ich habe vergessen, was. Es war rötlich. Ich hatte es schon sehr, sehr lange.«
    »Sie haben Glück. Er hätte den Inhalt auch trinken können. Jetzt wäre er vielleicht tot.«
    Sie schüttelten verständnislos den Kopf, als spräche er eine fremde Sprache.
    Diese Leute, dachte er.
    Er konnte ihnen nur eine kleine Flasche Ipecac geben und hoffen, daß sie, falls der Junge je etwas Giftiges, aber Nichtätzendes schluckte, daran denken würden, ihm sofort eine Dosis davon zu geben, so daß er speien würde, während sie auf den Arzt warteten.
    Falls sie einen Arzt rufen, dachte er.
    Knapp nach Mitternacht brachte ein Polizeistreifenwagen Mrs. Therese Donnelly herein; sie war angeschlagen, aber wütend.
    »Ich habe ein Rätsel für Sie. Was wird aus einem Iren, wenn man ihn zum Polizisten macht?«
    »Ich passe«, sagte er.
    »Ein Engländer.« Der Polizist an ihrer Seite bewahrte sorgfältig eine ausdruckslose Miene.
    Mrs. Donnelly war einundsiebzig. Sie war mit ihrem Wagen mit voller Wucht an einen Baum gefahren. Sie hatte sich bei dem Aufprall den Kopf angeschlagen, behauptete jedoch, sie fühle sich wohl. Es war erst der dritte Unfall, den sie in mehr als achtunddreißig Jahren vorsichtigen Fahrens gehabt hatte, betonte sie.
    »Die beiden anderen waren ganz winzig, verstehen Sie, und ich war nie schuld. Die Männer, diese Esel, zeigen ihre wahre Natur erst, wenn man sie hinter ein Steuer setzt.« Und gab, zusammen mit ihrer Empörung, die schwachen Dünste von geistigen Getränken von sich.
    »Jetzt habe ich ein Rätsel für Sie«, sagte Spurgeon und zog aus irgendeiner Gedächtnislade die Witzfrage heraus, die er vor Jahren in einem zweifellos schon lange verbrannten Witzbuch gelesen hatte: »Falls Irland versinkt, was würde auf dem Wasser schwimmen?«
    Der Polizist und die

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