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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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gut, und das ist immerhin etwas. Gott gebe denen Klugheit, die sie schon haben; und diejenigen, die Narren sind, sollen ihre Talente anwenden. Will Shakespeare.
    Er hob seine Reisetasche auf. Das Haupttor öffnete sich wie ein Maul, und grinsend schluckte ihn das Gebäude.
     
    Als er ausgepackt hatte, ging er in die Station hinunter, um sich eine Tasse Kaffee zu stehlen, und es tat ihm fast sofort doppelt leid, daß er wieder da war.
    Mrs. Bergstrom war es sehr gut gegangen, erzählte ihm Helen Fultz, aber seit dem frühen Nachmittag gab es Anzeichen dafür, daß sie die Niere abstieß. Ihre Temperatur war hoch, und sie klagte über Unbehagen und Schmerzen in der Wunde.
    »Sondert die Niere Urin ab?« fragte er.
    Miss Fultz schüttelte den Kopf. »Sie hat prächtig funktioniert, aber heute ist die Leistung abgesunken.«
    Er warf einen Blick auf die Tabelle und sah, daß Dr. Kender versuchte, durch Anwendung von Prednison und Imuran die Abstoßung zu unterbinden.
    Das hat als Krönung des Tages noch gefehlt, sagte er sich.
    Er dachte kurz daran, ins Tierlabor zu gehen und zu arbeiten, konnte sich jedoch nicht dazu aufraffen. Für den Augenblick hatte er genug von Hunden und Frauen und Chirurgie. Er ging hinauf, um sich schlafen zu legen, als sei das eine Medizin, und genoß mit Behagen die Aussicht auf Bewußtlosigkeit.

8
 
SPURGEO N ROBINSON
    Spurgeon verbrachte viel Zeit damit, sich Sorgen zu machen.
    Wenn schon einer deiner Fälle der Exituskonferenz vorgelegt werden muß, überlegte er, so sollte es dann sein, wenn sonst alles in Ordnung war. Jetzt aber, mit einer Nierenübertragung, die eine zunehmende Zahl von Abstoßungserscheinungen zeigte und der Alte wie der Teufel dreinsah, würden die Stabsangehörigen bei der Konferenz in der Stimmung sein, jemanden zu zerfleischen.
    Er fragte sich, was er anfangen würde, falls sie ihn hinauswarfen.
    Statt zu schlafen, dachte er an die Rätsel der Mrs. Donnelly. Eines Nachts träumte er wieder von dem Vorfall in der Unfallstation, nur statt die Frau aus dem Krankenhaus zu entlassen und sie in den Tod zu schicken, erlaubte ihm diesmal seine große ärztliche Kunst, sofort zu erkennen, daß ein Bruch des Zahnfortsatzes vorlag. Am Morgen erwachte er mit einem Glücksgefühl in jeder Faser seines Körpers, und als er sich fragte, warum, erinnerte er sich, daß er Mrs. Donnelly gerettet hatte. Schließlich aber wußte er wieder, daß es ein Traum gewesen war und sich nichts an den Tatsachen geändert hatte. Er hatte sie umgebracht. Todunglücklich lag er da, unfähig, aus dem Bett zu steigen.
    Er war Doktor der Medizin. Das konnten sie ihm nicht nehmen.
    Aber sonst – falls man ihn aus der Spitalspraxis entfernte, blieb ihm einzig eine Stellung mit Gehalt, irgendwo. Onkel Calvin würde ihm liebend gern einen medizinischen Posten bei der American Eagle Life geben, Aufstieg garantiert. Und manche große pharmazeutische Firmen stellten Negerärzte an. Aber er wußte, wenn sie ihn aus dem Krankenhausstab feuerten und er die Medizin nicht so ausüben konnte, wie er wollte, dann würde er dorthin zurückkehren, wo er vor ein paar Jahren gewesen war, und versuchen, seine Vorstellungen von Musik zu verwirklichen.
    Er begann Vorwände zu erfinden, um in Peggy Welds Zimmer gehen und die Sängerin in Gespräche über Musik verwickeln zu können.
    Zuerst hielt sie ihn nur für einen jungen Burschen, der ein bißchen spielte und sich einbildete, Musiker zu sein, dann aber entdeckten sie einen Namen, den sie beide kannten.
    »Sie wollen sagen, daß Sie bei Dino in der 52. Straße spielten? In Manhattan?«
    »Meine kleine Band. Drei andere Burschen, ich am Klavier.«
    »Wer ist der Manager?« forderte sie ihn heraus.
    »Vin Scarlotti.«
    »Das stimmt. Ich habe selbst ein paarmal dort gesungen. Sie müssen gut sein. Vin ist schwer zufriedenzustellen.«
    Aber mit der Zeit gingen ihm die Ausreden aus, über Musik mit ihr zu reden, und sie hatte ihre Schwester im Kopf. Er hörte auf, sie zu belästigen.
    Wenn er nach sechsunddreißig Stunden dienstfrei war und sich nach Schlaf sehnte, saß er auf seinem Bett und spielte Gitarre und zwang sich zu üben, wie er es einige Jahre nicht mehr getan hatte.
    Er brauchte dringend ein Klavier.
    An einem Nachmittag nahm er nach einem kurzen Schlaf die Hochbahn nach Roxbury, stieg an der Haltestelle Dudley Street aus, wo viele Farbige ausstiegen, und ging die Washington Street hinunter, bis er das Lokal fand, das er suchte, eine schäbige Gettokneipe

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