Die Knickerbocker Bande 27 - Im Tal der Donnerechsen
nicht zu übersehen. Sie schlich geduckt wie eine Katze vor dem Angriff näher und warf einen Bück in die Aufzugskabine. Zufrieden kicherte sie.
„Sie können aufgeben, Herr Yoritomo!“ sagte Lieselotte laut. „Was? Onkel Yoritomo?“ Shotoku konnte es nicht fassen. Entsetzt schlug er die Hände vor dem Gesicht zusammen. „Du hast mir das alles angetan!“ Der kirschrote Mund im weißen Gesicht verzog sich zu einem wütenden Grinsen. Die blonde Perücke wurde vom Kopf gerissen, und das schwarze Haar des Japaners tauchte darunter auf. Er wischte sich mit dem Jackenärmel über die Wangen und die Augen und verschmierte die Schminke zu einer grauroten Soße. „Ja, ich!“ sagte er, jetzt wieder mit tiefer Stimme.
„Aber... aber wieso...?“
Shotoku schien der Boden unter den Füßen fortgezogen zu werden. „Du bist der letzte Verwandte, den ich noch habe! Mein Vater und meine Mutter sind tot. Großvater ist gestorben. Es ist keiner mehr für mich da, außer dir!“ Der Mann mit dem Bogen lachte.
„Wer war für mich da? Mein eigener Vater hat mich immer nur als Nichtsnutz bezeichnet und sein ganzes Vermögen dir geschenkt! Dir, einem Zwerg! Einem Zwerg, den ich auspusten kann! Aber ich habe von der Spielkassette erfahren und von ihrem ungeheuren Wert. Ich wußte, daß ich sie haben wollte und daß du mich zu ihrem Geheimnis führen würdest. Ich hatte nicht immer die Geduld, und deshalb auch meine Versuche, sie an mich zu bringen. Aber später ist mir klar geworden, daß ich dich und dein Können dazu brauche, und habe dich weiterforschen lassen. Zum Glück hast du dank deiner europäischen Freunde nicht lange gebraucht, um den Zugang zu entdecken. Brav, brav! Und ihr vier, ihr hättet schon viel früher aufhören sollen, euch in Sachen einzumischen, die nicht für euch bestimmt sind! Habt ihr die vielen Warnungen nicht verstanden, die ich euch gegeben habe? Die Ringer, das tödliche Spiel... Jetzt ist es zu spät!“
Plötzlich stutzte Onkel Yoritomo. „Wieso... wieso habt ihr mich erkannt?“ wollte er wissen. Lieselotte deutete stumm auf den schwarzen Fleck auf seiner Hand. Der Modellbaulack!
Entgeistert starrte der Japaner darauf. Lieselotte zögerte keine Sekunde, sondern nutzte den unaufmerksamen Moment und packte den kleinen Bogen, der nicht auf sie gerichtet war. Der Japaner war aber schneller und ließ den Pfeil aus, der den Leibwächter traf. Augenblicklich brach er nieder und war bewußtlos. In Panik geraten, schleuderte das Mädchen den kleinen Bogen fort, und er landete in der gläsernen Aufzugskabine. Axel wollte ihn holen, aber Onkel Yoritomo war schneller und stieß den Jungen brutal zur Seite. Er zog einen weiteren Pfeil aus einem kleinen Köcher, den er am Gürtel trug, und streckte ihn wie einen Dolch vor sich. Gebückt starrte er die fünf Freunde an und drohte: „Noch ein Schritt weiter und ich steche zu. Dieses Gift betäubt aber nicht, sondern tötet.“ Im Retourgang näherte er sich dem Lift und setzte seinen Fuß hinein.
Ein Splittern ertönte, dem ein erschrockener Schrei folgte. Onkel Yoritomo war verschwunden.
Die Junior-Detektive erwachten aus ihrer Starre und liefen zu dem Aufzugschacht. „Nein... nicht!“ Poppi konnte es nicht glauben. Der gläserne Boden des Liftes war zerborsten. Shotokus Onkel war in die Tiefe gestürzt. „Nein... da ist er... da...!“ Der kleine Japaner deutete aufgeregt auf den Mann, der sich mit letzter Kraft an der Kante anklammerte, die der Gangboden in den Liftschacht machte. „Hilfe...!“ keuchte der Japaner. „Hilfe!“ Lieselotte kommandierte: „Sicherheitsgriff! Je zwei nehmen einen Arm, und einer paßt auf, daß wir nicht alle abstürzen!“ Die Finger des Mannes gerieten ins Rutschen. Die Knickerbocker-Freunde packten mit aller Kraft zu und nahmen keine Rücksicht, ob sich nicht auch ihre Fingernägel in die Haut des Onkels bohrten. Sie stemmten sich gegen die Gangwand und zerrten den Japaner nach oben. Stück für Stück brachten sie ihn weiter aus dem Schacht heraus. Schließlich war der Mann so weit heraußen, daß sein Oberkörper das Übergewicht bekam, nach vorn klappte und Onkel Yoritomo das letzte Stück selbst robben konnte. Keuchend blieb er auf dem Boden liegen. Lieselotte beugte sich vorsichtig über die Kante und leuchtete in die Tiefe. „Der Schacht ist mindestens dreißig Meter oder vielleicht sogar noch tiefer!“
Dem Superhirn kam jetzt der Gedanke, der Puzzlestein, nach dem es so lange gesucht hatte. Es war
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