Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren
Onkel Otto an“, erklärte er seinen verwunderten Knickerbocker-Kollegen. „Er ist der Direktor des Theaters und mein Wahlonkel. Ich habe ihm als Baby dreimal hintereinander auf die Hose gepinkelt. Das erzählt er mir jedesmal, wenn er mich wo trifft und andere Leute dabei sind.“
Der Junge hatte Glück. Sein Onkel war zu Hause. „Hallo, Onkel Otto, hier Dominik!“ meldete sich der Juniordetektiv mit gespielter Fröhlichkeit. „Du, ich habe soeben die Vorstellung des Geisterzaren besucht und bin in der Tat überwältigt. Ich wollte mich bei dir herzlichst für die Karten bedanken, ohne die mir der Zutritt verwehrt gewesen wäre.“
Lieselotte und Poppi verdrehten die Augen, als sie die komplizierte Rede ihres Kumpels hörten.
„Onkel Otto, warst du bei den Wundern des Geisterzaren auch einmal anwesend?“ erkundigte sich Dominik. Danach folgte für mehrere Minuten nur ein ständiges „Aha... jaja... verstehe... nein, wirklich? Also so etwas! Aber hallo... Tststs! Hmmmmm!“ Der Theaterdirektor schien Dominik vollzuschwatzen.
Nach etwa zehn Minuten legte der Junge wieder auf und atmete tief durch. „Ich habe euch eine Menge zu erzählen“, begann er. „Also, Onkel Otto hat mir genau die Sache mit den weißen Geistern beschrieben, die auch heute wieder abgelaufen ist. In der Vorstellung, die er gesehen hat, haben die Geister eine Frau durch die Luft getragen, die wahrscheinlich auf demselben Platz gesessen ist wie Axel. Sie wurde auf der Bühne abgesetzt und ist danach ziemlich verwirrt zu ihrem Platz zurückgetorkelt. Wie das funktioniert hat, kann sich mein Wahlonkel nicht erklären. Er hat das ganze Theater an den Manager des Geisterzaren vermietet. Er mußte garantieren, daß niemand – auch er nicht – während des Gastspieles die Räume hinter der Bühne betritt. Keiner der normalen Bühnenarbeiter, kein Beleuchter, kein Garderobier, keine Sekretärin, niemand. Onkel Otto hat sogar sein Büro zu sich nach Hause verlegen müssen. Der Geisterzar ist mit sieben großen Transporterwagen gekommen. Onkel Otto hat beobachtet, daß sie sehr nahe an den Eingang gefahren wurden, der direkt auf die Bühne führt und durch den die Dekorationen gebracht werden. Die Ladeklappen wurden erst geöffnet, nachdem alles rundherum mit schwarzem Stoff verhängt worden war. So war es unmöglich zu sehen, was die Leute in das Theater trugen. Außerdem haben die Mitarbeiter des Geisterzaren alle Schlösser doppelt gesichert. Sie verfügen nicht nur über die gewöhnlichen Schlüssel, sondern haben zusätzlich Vorhängeschlösser, Ketten und Metallringe angebracht, so daß das normale Personal sich unter keinen Umständen Zutritt verschaffen kann. Das Geheimnis rund um diesen Geisterzaren soll auf jeden Fall gewahrt bleiben. Auch mein Wahlonkel Otto ist sich nicht sicher, ob es sich nur um Tricks oder tatsächlich um übernatürliche Erscheinungen handelt. Aber jetzt kommt das Beste!“
Dominik, ein echtes Theaterkind, legte eine kurze Pause ein, um die Spannung zu steigern. Lilo haßte diese Spannungspausen und wurde jedesmal wütend, wenn Dominik zu diesem Mittel griff. Ihre Unterlippe begann vor Wut zu zittern. Dominik bemerkte es und redete hastig weiter.
„Onkel Otto hat mir kichernd erzählt, daß es einen Eingang ins Theater gibt, den die Leute des Geisterzaren erstens nicht kennen und zweitens auch bestimmt nicht gefunden haben. Er ist nicht abgesperrt. Onkel Otto sagt, er könnte durch diesen Eingang ins Theater gelangen und vielleicht mehr über das Geheimnis des Geisterzaren herausfinden. Allerdings kommt das für ihn nicht in Frage, weil er damit seinen Vertrag brechen würde.“
Lieselotte sprang aufgeregt in die Höhe und rief: „Na und? Jetzt sag doch schon, wo sich dieser Eingang befindet?“
Dominik beschrieb ihn, so gut er konnte: „Der Eingang befindet sich auf dem Dach des Gebäudes. Um zu ihm zu gelangen, muß man allerdings mindestens ein steiles Dach überwinden.“
Lieselotte sah darin kein Problem. „Hauptsache, wir finden Axel. Ich bin mittlerweile zu hundert Prozent überzeugt, daß er noch im Theater ist. Los, wir suchen diesen Eingang noch heute nacht! Dominik, habt ihr ein Kletterseil?“
Der Junge schüttelte den Kopf. „Wir sind nicht in den Bergen!“ betonte er. „Ich kann nur mit einer Wäscheleine dienen.“
Auch die war Lieselotte recht. „Nehmt eure Taschenlampen und zieht gute Schuhe an, wir brechen sofort auf!“
Dominik und Poppi nickten. Beide hatten wenig Lust auf
Weitere Kostenlose Bücher