Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren
daß er ein perfekter Schauspieler war. Er blieb ernst und antwortete: „Sehr wohl, wird gemacht. Auf der Stelle!“
Der Hausbewohner schien zufrieden. „Gut so, das habe ich gerne!“ Singend verschwand er mit der Frau im Lift und fuhr nach oben.
Dominik atmete erleichtert auf. Ihm fiel ein zentnerschwerer Stein vom Herzen. „Gute Arbeit!“ lobte ihn Lieselotte, als sie mit Poppi ins Haus ging. Einige Minuten später hatten die drei bereits das fünfte Stockwerk erreicht und betraten einen großen, muffigen Dachboden. „Wir müssen durch die Dachluke steigen!“ sagte Lilo. Die Knickerbocker stapelten alte Kisten aufeinander und benutzten sie als Leiter. Durch die schmale Luke zwängten sie sich hinaus in die eisigkalte Luft. Lilo, die den Anfang machte, spürte, wie sie zu schwitzen begann, als sie einen kurzen Blick nach unten warf. Hinter ihr befand sich nur noch ein Stück der Dachschräge und die Dachrinne. Dann ging es senkrecht in die Tiefe.
Die parkenden Autos sahen sehr klein aus von hier oben. Das Haus war hoch und die Kletterer nicht gesichert. Lieselotte zwang sich, den Blick nach oben zu richten. Sie kämpfte sich auf allen vieren in die Höhe zum Schornstein und schlang die Wäscheleine darum. Das andere Ende ließ sie zur Luke hinunter, damit wenigstens ihre Kumpels gesichert waren. Bald hockten alle drei Knickerbocker auf dem First und leuchteten mit den Taschenlampen die Umgebung ab.
Dominik besaß eine superstarke Lampe, deren Lichtstrahl 50 Meter weit reichte. „Das ist die Richtung!“ verkündete er. „Dort ist das Dach des Theaters! Wir können auf dem First weiterrutschen und dann auf das Theaterdach klettern.“
Schweigend machten sich die Juniordetektive auf den Weg. Sie hockten auf dem Dach wie auf dem Rücken eines Pferdes und kämpften sich Meter für Meter voran. Ihre Hinterteile wurden bei der Rutschpartie immer kälter und kälter, denn die Dachziegel waren vereist. Aufzustehen wagten die drei trotzdem nicht. Die Gefahr, abzurutschen und in die Tiefe zu stürzen, war viel zu groß. „Nicht hinunterschauen, nur nicht hinunterschauen!“ warnte Lieselotte immer wieder.
Es war ein schreckliches Unternehmen, auf das sich die drei Knickerbocker eingelassen hatten. Der Schweiß trat ihnen aus allen Poren, so angespannt und aufgeregt waren sie. Ihre feuchten Pullis klebten eiskalt auf der Haut. Der schwarze Asphalt in der Tiefe schien ihre Blicke wie ein Magnet anzuziehen. Immer wieder mußten sie nach unten schauen, und jedesmal brach ihnen von neuem der Schweiß aus. Dominik rutschte mehrere Male mit den Schuhen auf dem glatten Eis ab und versetzte jedesmal den Mädchen einen entsetzlichen Schock.
Lieselotte richtete sich auf, um nach dem Eingang auf dem Dach des Theaters Ausschau zu halten, und verlor dabei durch einen heftigen Windstoß das Gleichgewicht. Sie taumelte nach rechts und ruderte mit den Armen. „Aaaaaaa!“ schrie sie auf und versuchte, irgendwo Halt zu finden, aber es war kein Schornstein in der Nähe, an dem sie sich festklammern hätte können. Der rechte Fuß des Mädchens glitt ab, und Lieselotte fiel seitlich aufs Dach. Sie spürte, wie ihre Schuhsohlen in die Tiefe rutschten und ihr Körper herumgewirbelt wurde. Sie stieß einen Schrei aus. Instinktiv streckte sie die Arme nach oben, und ihre Hände bekamen gerade noch den Dachfirst zu fassen. Ihr Absturz war dadurch verhindert.
„Lilo!“ hauchte Dominik.
„Quatsch nicht, sondern hilf mir!“ schnauzte ihn Lilo an, die ziemlich hilflos bäuchlings auf dem Dach lag und spürte, wie die Kraft aus ihren Fingern wich.
Der Junge packte Lieselotte im Turnergriff am Arm und zerrte sie in die Höhe. Lieselotte strampelte vorsichtig und suchte auf den Dachziegeln nach Halt. Einige wenige waren trocken, und an ihnen konnte sie sich abstützen. Stück für Stück gelangte sie wieder nach oben und atmete erleichtert auf, als sie endlich auf dem First lag.
„Drehen wir... um?“ erkundigte sich Poppi vorsichtig.
„Spinnst du?“ sagte Lilo keuchend. „Denk an Axel!“
Sehr langsam und besonders vorsichtig rutschten die drei Zentimeter für Zentimeter weiter. Sie benötigten eine halbe Stunde, bis sie endlich das Theaterdach erreichten, das zum Glück kein Schrägdach, sondern eine Art Dachterrasse hatte. Sie war winzig, und fast niemand wußte, daß es sie gab. Der kleine Platz war von einem Geländer eingefaßt, und aus seiner Mitte erhob sich eine kleine Pyramide mit einer Tür. Dominik drückte die
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