Die Knochen der Goetter
Fährtensucher.«
Der Gang, den sie betraten, war breit und lang und erstreckte sich zwischen Säulen und unter Bögen hindurch bis zu einem Saal mit Metallteilen, an dessen Ende ein paar schmale Stiegen in weitere Räume führten. Kein Einziger der Säle der Akademie schien sich auf einer Höhe mit einem anderen zu befinden.
Die drei Lehrlinge stiegen über die enge Treppe und kamen in den nächsten angrenzenden Saal.
Rufus ging voraus. Filine hatte sich nicht geirrt. Hinter dem Metallsaal lag wirklich der Fellraum. »Da ist er«, rief er. »Es ist verrückt, als ich das erste Mal hier war, bin ich irgendwo von da hinten gekommen. Vorhin sind wir von da drüben reingegangen, und diesmal haben wir wieder einen anderen Eingang erwischt. Bravo, Fi, du hast echt einen guten Orientierungssinn.«
»Bravo, Fi« ,äffte No ihn genervt nach. »Echt, Rufi, du nennst sie jetzt also Fi! Ist das ihr Brieftaubenname?«
Rufus hob die Hände. »No …«
Aber da blitzte Filine No bereits aus ihren grünen Augen an. »Ey, du genialer Erfinder! Wenn es dir nicht passt, dass ich mich in diesem Labyrinth besser zurechtgefunden habe als du, kannst du ja in Zukunft deine eigenen Schleichpfade suchen. Oder du erfindest einfach einen Kompass, den du dir um den Hals hängst.«
»Sehr witzig«, knurrte No. »Den Kompass gibt es leider schon seit geraumer Zeit und außerdem war ich mir total sicher.«
»Jetzt sei nicht sauer«, lenkte Filine ein. »Das Wichtigste ist doch wohl, dass wir hier angekommen sind. Aber wenn du dich nicht auf ein Mädchen verlassen willst, kann ich ja ab jetzt alles Rufus ins Ohr flüstern, und der sagt es dann noch mal laut für dich.«
No stutze. Dann sah er, dass Filine ihn anlächelte.
»Na gut«, grummelte er. »Verstanden. Ich fand es nur blöd, dass ihr beide in dieselbe Richtung wolltet und ich nicht.« Er straffte die Schultern. »Aber vielleicht hat das ja sogar seinen Grund?! Wisst ihr, ich habe irgendwie das Gefühl, dass es bei dieser Geschichte nicht um mein Fragment geht. Keine Ahnung, warum. Und plötzlich habe ich gedacht, dass ich vielleicht gar nicht dabei sein sollte.«
»So ein Blödsinn!«, rief Rufus. »Natürlich bist du dabei. Wir haben das vorhin alle zusammen gesehen.«
»Stimmt«, antwortete No. »Aber ohne euch wäre ich jetzt schon irgendwo in einem falschen Saal gelandet. Vielleicht gehört das auch zu den Flutgesetzen, dass nur die, die wirklich damit zu tun haben, auch dabei bleiben sollen?«
Filines Augen leuchteten auf. »Nein!«, sagte sie bestimmt. »Das glaube ich nicht. Dann hätten wir es nicht alle drei gesehen. Wir bleiben zusammen.«
»Ja«, nickte Rufus.
No sah sie an. »Okay, wenn ihr das wollt, dann bleibe ich dabei. Einer für alle und alle für einen!«
Rufus grinste. »Ist das nicht aus den ›Drei Musketieren‹?«
»Und wennschon«, sagte Filine. »Das hast du schön gesagt, No. Lasst es uns zusammen versuchen.«
»Cool«, sagte Rufus. »Und jetzt gehen wir da rüber.«
Er drehte sich um und steuerte auf das rote Riesenfell zu. Direkt dahinter war die bemalte Wand gewesen, an der der Junge verschwunden war.
Aufgeregt lief er um das Fell herum – und stand vor einer Vitrine voller Hasenpfoten.
»Was?« Verwirrt blieb Rufus stehen. »Wo ist denn die Wand?«
Filine und No kamen ihm nach.
»Was ist los?«
»Die Wand! Sie ist weg!«
Filine starrte erstaunt auf die Hasenpfoten.
»Weg, genau wie der Junge und der Vogel«, sagte No.
Rufus schüttelte nachdenklich den Kopf. Dann fragte er plötzlich: »Fili, No, wie sah die Wand genau aus?«
Filine schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht so genau auf die Muster geachtet. Das war bestimmt blöd von mir. Aber es war alles so seltsam …«
»Da waren Menschen drauf und Muster und Blumen«, antwortete No. »So eine Frau, die an einer Blüte gerochen hat oder so.«
»Und wie sah die Blüte aus?«, fragte Filine.
Rufus dachte nach. »Na ja«, meinte er dann. »Die hatte so lange spitze Blätter. So …« Er hielt die Hände mit gespreizten Fingern vor sich und streckte die Finger in die Höhe. »Wie Sonnenstrahlen oder so.«
»Vielleicht Sonnenblumen?«, riet No.
»Nein«, sagte Rufus. »Sie waren nicht gelb, sondern weiß. Ich kann sie euch aufmalen!«
»In der Bibliothek!«, schlug Filine vor. »Da gibt es auch Bücher über Pflanzen.«
»Und was ist mit meinem Hunger?«, fragte No. »Von drei Schokoriegeln wird ja keiner satt.«
»Wir holen uns was zu essen – und dann forschen wir weiter!«,
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