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Die Knochen der Goetter

Die Knochen der Goetter

Titel: Die Knochen der Goetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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gleißenden Sonnenlicht sehr gut zu erkennen. Seine Haut war in der Tat tiefschwarz und er trug einen hellen Lendenschurz. An einer Seite seines kahl geschorenen Kopfes baumelte ein kurzer Zopf.
    »Was macht er da?« Rufus starrte den Jungen an. »Wieso jagt er Katzen? Und warum nimmt er ihr die Beute weg?«
    No grinste. »Hey, Fili, du weißt doch so gut Bescheid. Haben die Ägypter Katzen gegessen?«
    »Nein«, sagte Filine unwirsch. »Natürlich nicht! Außerdem will der Junge die Katze ja offenbar am Fressen hindern. Und zwar genauso wie die Vögel! Deswegen scheucht er sie weg.«
    Sie wandte sich No und Rufus zu. »Ich glaube, es riecht hier so komisch, weil wir an einem Einbalsamierungshaus sind. Und der Junge vertreibt die Tiere, damit sie sich nicht an den … an den entnommenen Gedärmen der Toten zu schaffen machen.«
    Rufus sah Filine ungläubig an. »Du meinst, die Katze hat eben …« Er presste die Lippen aufeinander.
    Filine sah blass aus, aber sie nickte. »Ja, da drin werden die Toten für ihre Reise ins Totenreich präpariert.«
    Kaum hatte er das gehört, hielt sich No fest die Nase zu.
    »Dann stinkt das hier so«, quetschte er mit angehaltenem Atem hervor, »weil da drinnen Leichen in Mumien verwandelt werden? Und der Junge hat der Katze eben irgendein Leichenteil abgenommen?« Auf einmal sah No genauso grün aus wie bei Meister Spitznagels Festschmaus. »Sagt mal, macht euch das nichts aus?«
    Rufus zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Das war hier halt so. Ich habe mir im Museum schon oft Mumien angeguckt und sie gezeichnet.«
    Er zeigte zu dem Jungen, der nun auf sie zukam. »Und wenn er da reingeht, dann gehe ich auch da rein.«
    »Ich auch«, sagte Filine. »Ich habe so was noch nie gesehen. Und ich werde auch alles tun, was sein muss.«
    »Äh, klar«, stimmte No zu und sah auf das, was der Junge in der Hand hielt. »Aber … also, äh, das muss ich nicht unbedingt sehen … Und wenn der Junge da nicht reinläuft, müssen wir uns ja auch nicht alles genau angucken, oder?« Besorgt sah er dem Jungen nach, der an ihnen vorbeiging. Dann atmete er erleichtert auf. »Da!«, rief er zufrieden. »Guckt mal! Er will da ja gar nicht rein. Er geht an dem Eingang vorbei!«
    Tatsächlich war der Junge an der Mauer entlang weitergegangen und hatte das Tor bereits hinter sich gelassen, während er mit seinem Stock auf die Erde tippte.
    Doch No hatte sich zu früh gefreut.
    Von der anderen Seite der Mauer sprang plötzlich eine große graue Katze auf die Mauerkrone. Auch sie trug etwas im Maul. Wie der Blitz hob der Junge seinen Stock und angelte nach dem Tier. Aber die Katze war schneller. Bevor er sie von der Mauer holen konnte, drehte sie sich einmal um sich selbst und verschwand mit dem nächsten Satz wieder hinter der Mauer.
    Der Junge stieß einen Schreckensruf aus und lief zurück zum Eingangstor. Die beiden Wärter lachten grob, als er sich hastig an ihnen vorbei ins Innere drängte.
    »Oh, nein!« No starrte dem Jungen nach. »Was hat er denn vor? Er will doch nicht … er bringt das Vieh doch bestimmt gleich hier raus! Da bin ich mir sicher!«
    Aber Rufus und Filine hatten sich schon in Bewegung gesetzt und rannten dem Jungen nach.
    »Jetzt komm schon!«, rief Filine No über die Schulter zu. »Wenn du vor jeder Sache, die es heute nicht mehr gibt, so eine Angst hast, wirst du nie eine Flut von Anfang bis Ende erleben!«
    No sah ihr verzweifelt hinterher. Dann murmelte er: »Klingt leider logisch« und folgte den beiden. Rufus und Filine liefen bereits an den Wärtern vorbei und verschwanden durch einen dichten Vorhang, der den Blick ins Innere verbarg, in dem ummauerten Gelände.
    Wenigstens bemerkten die Wärter sie wirklich nicht.
    Trotzdem beeilte sich No, schnell an ihnen vorbeizukommen. Im Unterschied zu dem Jungen hatten sie hellere Haut und eine andere Gesichtsform.
    Direkt hinter dem Vorhang prallte No gegen Filine und Rufus, die mit großen Augen das Bild musterten, das sich ihnen bot.
    Der überdachte Eingang führte direkt auf einen großen Hof, dessen Boden aus festgetretenem Sandboden bestand. Auf der linken Seite waren unterhalb der Mauer einzelne, zum Hof hin offene Abteile zu sehen, von denen einige gemauerte Wände hatten, während andere nur durch Vorhänge voneinander getrennt waren. Ein paar dieser zimmerartigen Buchten waren außerdem mit Strohmatten überdacht und so vor der Sonne geschützt.
    Im Hof und in den provisorischen Kammern wimmelte es von Menschen. Es waren

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