Die Knochen der Goetter
warum sie so plötzlich aufgehört hat. Aber ich glaube nicht, dass sie wirklich weg ist.«
»Ich auch nicht«, bestätigte Rufus.
»Mann!« No ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. »So was habe ich noch nie erlebt. Dagegen ist das Holodeck der Enterprise nur ein schlechter Witz.«
Filine lachte auf. »Wahrscheinlich. So fühlt sich also eine richtige Flut an. Es ist wirklich unglaublich.«
Sie hob die Arme und streckte sich.
Rufus sah Filine und No an. »Also, wenn die Flut eine Pause macht, was wollen wir dann jetzt tun?«
Filine atmete tief durch. »Ich kann jedenfalls auf keinen Fall in irgendeinen Unterricht gehen. Das geht einfach nicht. Wir waren eben noch in Ägypten.«
»Dann lasst uns doch –«, Rufus stockte.
»Was denn?«, hakte No nach.
Rufus zögerte. »Ich wollte eben sagen, lasst uns in die Ägyptische Abteilung gehen. Ich dachte plötzlich, wir sind im Museum.«
»Ich verstehe das«, sagte Filine. »Man kommt durcheinander in den Zeiten. Und das verwirrt einen.«
»Allerdings«, fiel No ein. »Ich bin echt total verwirrt. Und ich weiß auch überhaupt nicht weiter.«
Rufus nickte. »Wollen wir jetzt nicht lieber mal einen Meister suchen, dem erzählen, was passiert ist, und fragen, was wir machen sollen?«
»Ja«, sagte Filine, »klingt logisch.«
»Und wen?«
»Meister Iggle scheint nicht hier zu sein. Sie hätte uns schon gehört«, stellte No fest.
Rufus erhob sich. »Los, machen wir uns auf die Suche. Wir finden schon einen. Und wenn es der Direktor persönlich ist.«
Filine stellte das Pflanzenlexikon ordentlich zurück ins Regal und sie verließen die Bibliothek. Kaum hatten sie den ersten Gang erreicht, von dem Fenster ins Freie führten, deutete No überrascht hinaus.
»Es ist viel dunkler als vorhin!«
Er hatte recht. Es war eindeutig Abend geworden.
»Das bedeutet, dass hier auch die Zeit vergeht, während wir in der Flut sind«, folgerte Filine.
»Wie wäre es, wenn wir zu Meister Zachus gehen?«, schlug No plötzlich vor. Er wies in einen Saal neben ihnen. »Ich glaube, wir sind nicht mehr weit von der Werkhalle entfernt.«
Filine und Rufus wandten sich um.
Die drei verließen den Gang und betraten den nächsten Saal. Dieser war voller Metallfragmente. Aber zum ersten Mal, seit sie hier waren, schenkte keiner von ihnen den ausgestellten Bruchstücken größere Aufmerksamkeit. Schnell liefen sie bis zur nächsten Tür am hinteren Ende. Dort gelangten sie in einen kleinen Raum, in dem Papierfetzen unter Glas lagen. Sie passierten ihn, kamen dahinter durch einige schmale Gänge und stiegen dann eine enge Treppe hinab.
»Da lang«, sagte No, ohne zu zögern, und wies auf einen Durchgang. Filine ging als Erste hindurch und betrat den nächsten Saal. Dann lachte sie plötzlich laut auf.
»Guckt mal, wo wir schon wieder gelandet sind.«
Rufus, der ihr gefolgt war, hob den Kopf. Filine stand direkt zwischen dem roten Riesenfell und der Vitrine mit den Hasenpfoten.
»Immer dieser Fellsaal«, kicherte sie. »Eben waren wir noch am Nil und jetzt stehen wir schon wieder vor einer Vitrine mit Hasenpfoten. Es ist wirklich schwer, da einen klaren Kopf zu behalten. Das ist wirklich –«
»Der Hammer!«, unterbrach sie No. Er streckte den Arm aus und zeigte über ihren Kopf in die Ferne.
Filine drehte sich um. »Der Nil«, sagte sie ergriffen. »Der heilige Nil!« Ihre Augen leuchteten. »Seht nur, wie schön er ist!«
Im selben Augenblick spürte Rufus, dass er auf warmem Sand stand. Er holte Luft. Die Flut war zurückgekehrt. Rufus, Filine und No standen auf dem Hügel und unter ihnen floss der blaue Fluss durch die Wüste.
»Du hast recht, das muss der Nil sein«, flüsterte Rufus. »Und er ist in dem Augenblick wiedergekommen, als du seinen Namen ausgesprochen hast. Wahnsinn. Vielleicht funktioniert das so. Man muss der richtigen Spur folgen und, wenn man etwas erkennt, seinen Namen aussprechen.«
»Namen sind magisch«, sagte Filine, die staunend in den rot leuchtenden Abendhimmel sah.
»Und ich habe sogar wieder das Salz in der Tasche!« No hielt ihnen eine Handvoll entgegen.
Rufus zeigte zum Fuß des Hügels.
Dort lief Nauri. Schnell stiegen die drei den Hügel hinab und folgten ihm auf seinem Weg zu der Stadt, die sich in der Ferne aus dem Wüstensand erhob. Nach einigen Schritten kamen sie an einer eckigen Säule vorbei, die mit Inschriften und eingeritzten Zeichnungen bedeckt war. Rufus erkannte einen Mann und eine Frau, die unter einer Sonne Kinder
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