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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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ließ. Schon kniete er nieder, um sich über sie herzumachen.
    »Dummköpfe! Kommt sofort!«, herrschte der Ritter sie an, und sein verletzter Mann, der das Kind trug, folgte ihm augenblicklich. »Du weißt, was zu tun ist«, zischte Bero Gerfried zu, der stumm nickte und mit dem Kind und den beiden anderen Männern in der Dämmerung verschwand.
 
    Als Franziska erwachte, war es bereits dunkel. Sie wusste zunächst nicht, wo sie sich befand. Erst allmählich kehrte die Erinnerung an die Geschehnisse wieder. Ihr Kopf hämmerte und schmerzte und ihr war speiübel. Sie sah ihr hochgerutschtes Kleid und fürchtete, die Angreifer hätten sich an ihr vergangen, doch ein vorsichtiges Tasten an ihrem Unterleib offenbarte keine verdächtigen Spuren. Ihr Kopf tat so weh, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ob Katharina ihr wohl aufhelfen und ihr etwas Wasser bringen konnte? Erst jetzt bemerkte sie, wie still es in dem Raum geworden war. War sie allein? Panisch richtete sie sich auf und rief nach ihrer Tochter, so laut sie konnte. »Katharina! Wo bist du?«, rief sie wieder und wieder, während sie sich mit letzter Kraft aufraffte und aus der Tür stürzte. Sie riss die Türen der anderen Räume auf, die jetzt in der Dämmerung dunkel und verlassen waren. Vielleicht hatte die Kleine sich versteckt und wagte nicht hervorzukommen, schoss es ihr durch den Kopf. Sie öffnete alle Schränke und Kästen. Sie stürmte die Treppe hinunter. Die Räume im Erdgeschoss, ohnehin nicht zu Wohnzwecken gedacht, waren verschlossen. Sie erreichte die schmale Treppe, die in den Keller führte. Sie rannte die steinernen Stufen hinab. Plötzlich stieß ihr Fuß in etwas Weiches. »O mein Gott!«, entfuhr es ihr, und sie sah im Geiste ihre Tochter gemeuchelt auf dem Treppenabsatz liegen. Doch der Körper zu ihren Füßen war viel zu groß. Obwohl sie sich zu Tode fürchtete, bückte sie sich, um den Liegenden abzutasten. Als Erstes spürte sie den offen stehenden Rock aus dicker gewalkter Wolle und fühlte die großen polierten Zinnknöpfe an seiner Vorderseite. Ein trauriges Seufzen entrang sich ihrer Brust. Sie wusste, wessen Leichnam zu ihren Füßen lag. Sie hatte ihrem Bediensteten die gute Jacke selbst zu seinem letzten Namensfest geschenkt, als Dank für die Jahre treuer Dienste.
    Giso war tot – doch wo bei allen Heiligen steckte ihr Kind? Wieder rief sie, machte kehrt und hastete die Kellertreppe hinauf. Ohne Licht und ohne Mantel rannte sie aus dem Haus und rief abermals, als sie die Männer sah, die ihrmit verwunderten Blicken entgegentraten. Zwei von ihnen trugen Fackeln.
    »Katharina!«, rief Franziska entsetzt, »Katharina ist verschwunden! Sie … ich … wir sind überfallen worden. Der arme Giso …« Sie fühlte, wie ihre Kräfte erneut schwanden. Zwei starke Arme fingen sie auf und stützten sie. Ihr Kopf sank gegen Louis' Brust, und für einen kurzen Moment schien ihre Lebenskraft zurückzukehren. In wenigen Worten erzählte sie, was geschehen war. Ihre Stimme bebte vor Wut, als sie schilderte, dass der Anführer der Männer Bero von Restwangen gewesen war. Nachdem sie geendet hatte, leuchtete Rochus mit seiner Fackel die Umgebung ab und entdeckte frische Blutspuren auf dem Boden.
    Meynhard und Chalil rannten zur Scheune und zur Pferdekoppel, um sicherzugehen, dass die Kleine sich nicht dort versteckte, doch außer dem leeren Wagen und den Rössern war nichts zu finden.
    »Aber Restwangen? Wie kann das sein?«, fragte Henri nun. »Wir haben ihn doch selbst erst beim königlichen Bankett gesehen, wie er seinem Herrn beistand.«
    »Seinem Herrn?«, fragte Franziska, während Louis sie vorsichtig die Treppe emporführte.
    »Er steht in den Diensten Johanns von Schwaben, dem Neffen des Königs. Albrecht hat das heutige Gastmahl abgebrochen, nachdem er von Johann beleidigt und beinahe tätlich angegriffen worden war.«
    »Aber wieso Katharina?«, fragte Franziska, und wieder bahnten die Tränen sich ihren Weg, doch keiner der Männer vermochte ihr die rechte Antwort zu geben.
 
    Die Männer hatten darauf bestanden, dass Franziska sich im Schlafraum etwas ausruhte. Durch die offen stehende Tür konnte sie die Unterhaltung der Männer im Kaminzimmer jedoch verfolgen.
    »Ich gehe umgehend zu Johann und stelle ihn zur Rede. Ich werde auf Beros Inhaftierung bestehen und morgen beim König vorsprechen. Diesmal ist Restwangen endgültig zu weit gegangen. Kindesentführung wird mit dem Tod bestraft, da nützt ihm auch sein

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