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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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abspeiste.
    »Was schlagt Ihr vor?«, fragte er den Ritter nochmals direkt.
    »Montardier muss verschwinden. Wir müssen ihn vom König weglocken. Albrecht will mit seinen Mannen noch einige Tage in der Gegend verweilen. Heute nach dem Mahl wird er nach Winterthur reiten, um in den nächsten Tagen in der Burg zu Gericht zu sitzen und sich Regierungsgeschäften zu widmen. Erst in der kommenden Woche will Albrecht an den Hof zurückkehren. Ich kann Euch Montardier und seine Entourage ein paar Tage vom Leibe halten, er soll Eure Verhandlungen mit Albrecht nicht beeinflussen. Gebt mir zwei oder drei Bewaffnete, und ich erledige das für Euch. Ich …« Johann hob die Hand. »Einzelheiten kümmern mich nicht. Tut, was nötig ist! Doch seid vorsichtig: Der Mann soll seine Audienz beim König ungestört wahrnehmen können, und Ihr müsst, wie alle meine Ritter, am frühen Abend als mein Gefolge beim Bankett erscheinen. Der Rest ist allein Eure Angelegenheit.«
    *
    Erst am Nachmittag erreichten Louis und Henri den kleinen Ort. Noch in Reisekleidern ließ Louis sich dem Monarch daher melden und wurde nach nur kurzer Wartezeit in der Neftenbacher Burg empfangen.
 
    Die Audienz ging rasch vonstatten. Albrechts Sekretär fertigte das erforderliche Dokument der Aufhebung der Reichsacht aus, und Louis versicherte den König seiner Treue. Henri und er hatten einen Brief und einige Geschenke an-Nasirs mitgebracht, die den König sichtlich erfreuten. In dem Schreiben wurde erneut die Möglichkeit angesprochen, Jerusalem den Europäern zu übergeben. Albrecht, der sich erkenntlich zeigen wollte, lud Henri und Louis zu dem Gastmahl ein, das an diesem Abend gegeben werden sollte. Prinz Chalil würde ebenfalls anwesend sein.
    »Wir müssen Euer weiteres Fortkommen besprechen, Montardier. Gewiss habt Ihr eigene Pläne für Eure Zukunft, doch gebt mir einen oder zwei Tage, um über neue Aufgaben für Euch zu befinden. Lasst uns diese in Ruhe erörtern. Heute ist die Zeit knapp bemessen, und zu viele Mitglieder meines Rats sind nicht anwesend. Morgen oder übermorgen finden wir sicher die nötige Muße. Willkommen zurück!«
    Louis spürte, wie ihn eine heiße Woge der Freude durchströmte. Mit leuchtenden Augen beugte er das Haupt. Der König entließ ihn mit einer knappen Handbewegung.
    Neue Aufgaben – durch dieses Angebot war Louis mehr als rehabilitiert. Das Reich war noch nicht gefestigt und gute Männer mit politischer Erfahrung konnten an Albrechts Seite Großes vollbringen. Doch war es Albrecht ernst damit gewesen, ihm zu neuen Würden und neuem Rang zu verhelfen? Im Gegensatz zu seiner Zeit bei Hof konnte Louis dieGedanken des Königs heute nur schwer einschätzen, zu sehr hatte der Monarch sich seit ihrem letzten Treffen verändert. Das ehemals kräftige braune Haar war grau geworden und hing in schütteren Locken von seinem Schädel. Tiefe Furchen zogen sich durch das hager und fahl gewordene Gesicht und die ehemals so aufrechte und kraftvolle Haltung, die Ausdruck von Albrechts Autorität gewesen war, konnte er nur für kurze Zeit einnehmen. Bereits inmitten dieses kurzen Gesprächs war Albrecht zwei oder drei Mal sichtbar zusammengesunken. Zudem war er auffallend blass gewesen, hatte fahrig und unkonzentriert gewirkt und sich mehrmals versprochen. Der König war ein alter Mann geworden, und wer konnte vorhersagen, wie lange er das Reich noch lenken würde? Kurz sah Louis sich als Stütze des Monarchen, doch rasch schüttelte er diese Vorstellung wieder von sich ab. So groß die Verlockungen einer neuen Karriere bei Hof auch waren, er wusste, er würde ihnen nicht nachkommen, nicht den gleichen Fehler ein zweites Mal begehen.
    *
    Da die Räume der kleinen Burg Wart durch die königlichen Begleiter bereits überfüllt waren, hatte Rochus zwei Zimmer in einer Herberge besorgt, um Henri und Louis, sich selbst und zwei mitreisende Gehilfen Henris unterzubringen. Vater und Sohn eilten in ihre Unterkunft, um sich rasch für das Gastmahl zu säubern und umzukleiden.
    Albrecht war mit kleinem Gefolge angereist, lediglich ein knappes Dutzend Bewaffneter hatte ihn auf seinem Ritt begleitet. Die Gegend war friedlich, und er hatte keinen Grund gesehen, für eine so kurze Reise einen ganzen Tross mit sichzu führen. Das heutige Gastmahl fand daher auch in kleinerem Rahmen statt. Die hufeisenförmige Tafel in der Burghalle bot Platz für etwa dreißig Gäste. Es waren kaum Damen geladen, und außer Albrechts Rittern, Meynhard und den

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