Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
anderen drankomme«, antwortete Karl grinsend. »Ich bin bald fertig hier, nur noch die Konten auf dieser Seite. Morgen gehe ich nochmals die Bestellungen und die Kosten für die Hochzeit durch. Was ich so gesehen habe, scheinst du ja mit dem König wetteifern zu wollen!«
»Ach was! Es wird nur eine einfache Bürgerhochzeit und außerdem – wie oft hat unsereiner denn schon Gelegenheit zum Feiern? Aber es soll keiner mit leerem Magen nach Hause gehen!« Karl lachte wieder und vertiefte sich erneut in die Papiere. Es dämmerte bereits, als er die letzte Zahlenreihe abschloss und etwas Sand auf die noch feuchte Tinte streute. Sorgfältig verstaute er den dicken Folianten und das Schreibzeug in einer dafür vorgesehenen Schublade. Er ging in die Küche, um sich einen Krug Bier geben zu lassen, den er sich auf einer Bank vor dem Haus schmecken lassen wollte.
Gerade hatte er den ersten langen Schluck genommen, als Franziska auf ihn zukam. »Das nennt dieser Kerl also arbeiten. Sitzt gemütlich auf der Bank mit dem größten Humpen in der Hand, der im ganzen Haus zu finden ist. Unfassbar!«
Mit strengem Kopfschütteln ließ sie sich auf den Platz neben Karl sinken. »Könntest du am Sonntag«, flüsterte sie, als sie ihm den klein gefalteten Zettel zuschob, den er unauffällig in seiner Tasche verschwinden ließ. Karl überlegte kurz, ob er sie noch ein wenig necken sollte, beließ es aber nur bei einem freundschaftlichen Nicken. »Danke«, sagte Franziska leise. »Ich weiß nicht, wie …«
»Schon in Ordnung«, sagte der Junge nur. »Erzähl mir lieber von den Hochzeitsvorbereitungen und von den geladenen Gästen. Schließlich muss ich die Kosten noch zurechtstutzen, sonst heiratet die brave Nele einen Habenichts.«
»Also, fangen wir mit den Speisen an …«, begann Franziska und zählte auf, was sie in den letzten Tagen mitbekommen hatte. Kapaune und Enten sollte es geben, fette Karpfen aus den Fischteichen der Umgebung, Hasen und anderesNiederwild und natürlich Braten. Der Bäcker sollte einen ganzen Handkarren Brotlaibe liefern und noch einiges an Süßgebäck. Roter und sogar goldener Wein warteten bereits im Keller, das Bier würde am Vortag des Festes geliefert werden. Um die hundert Menschen sollten verköstigt werden und jeder nach Herzenslust tafeln und zechen. Die Überreste, auch die der teuren und ausgefallenen Speisen und Getränke, sollten an die Bettler und sonstigen Hungerleider der Stadt verteilt werden. Karl überschlug kurz im Kopf die Kosten und pfiff durch die Zähne. »Meine Güte, ich muss schon sagen! Also, wenn ich das dem alten Zacharias erzähle …« Mit bedauernder Bankiersmiene schüttelte er den Kopf.
»Wird es zu teuer?«, fragte Franziska besorgt. »Vielleicht könnte man …«
»Lass gut sein«, sagte Karl. »Hermann kann sich das schon leisten. Er darf nur nicht zu oft heiraten.«
Mittlerweile war es ziemlich dunkel geworden. Franziska verabschiedete sich und lief den kurzen Weg zu Neles Grundstück. Karl trank sein Bier aus und ging in die große Stube des Hauses, wo bereits das Abendmahl aufgetragen wurde.
*
Karl hatte sich für den heutigen Sonntag einiges vorgenommen. Bereits im ersten Morgengrauen stand er auf, kleidete sich an und lief zu Hermanns Hof. Da er später die Messe besuchen wollte, verzichtete er auf ein Frühstück und trug stattdessen seinen Sattel zur Koppel. Fathma kam auf seinen Pfiff sofort angetrabt und streckte den Kopf nach dem Apfel, den er ihr mitgebracht hatte. Willig ließ sie sich striegeln, satteln und zäumen. Sie hatte gelernt, während dieser Prozedur ganz still zu stehen, was für den Einhändigen eine große Erleichterung war. Dann saß Karl auf und ließ die Stute im Schritt aus dem Hof laufen. Nachdem er sicher war, dass die Muskeln des Tieres sich ausreichend erwärmt hatten, ließ er es zügig durch ein Waldstück traben, bevor er ihm auf einem freien Wegesstück die Sporen gab und in gestrecktem Galopp vorwärts stürmte. Er liebte es, den Wind im Gesicht zu spüren und sich Fathmas Bewegungen anzupassen. Die Stute streckte sich, schien dabei länger und niedriger zu werden, während ihre Hufe einen Trommelwirbel auf den Boden schlugen. Sie schien niemals zu ermüden, und erst als ihr silbernes Fell sich langsam dunkel färbte, ließ Karl sie wieder in einen gemütlichen Trab fallen.
Er legte die Strecke rasch zurück, denn er wollte das Kloster wie bei all seinen Besuchen rechtzeitig bis zum Hochamt erreichen. Fathmas Hufe
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