Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
schien sich jede kleine Unaufmerksamkeit genau einzuprägen.
Karl hatte ihr bestellen lassen, dass er sie sprechen müsse, und sie hatte eingewilligt, ihn nach dem Gottesdienst zu empfangen.
Als die Messe zu Ende war, wurden die Mädchen wieder zurück zu ihren Diensten geführt, die zumeist in der Krankenpflege bestanden. Karl wartete vor dem Empfangsraum, den er von seinen früheren Besuchen her kannte, bis ihm eine schüchterne Bedienstete mitteilte, dass er nun der Schwester Oberin seine Aufwartung machen könne.
Im Gegensatz zu seinen früheren Besuchen befand sich in dem kleinen Empfangsraum nur noch ein einziger Stuhl, auf dem die gewichtige Frau bereits saß, die Ellenbogen auf die Platte des Tisches gestützt, der als Barriere zwischen ihr und dem Besucher diente.
»Es trifft sich gut, dass Ihr um das Treffen gebeten habt. Ich bin gerade dabei, die Angelegenheiten der Mädchen zu regeln, die demnächst ihre Profess ablegen werden.«
Karl setzte eine demutsvolle Miene auf und schwieg. Oberin Innozentia sprach weiter. »Nicht alle von ihnen halte ich für geeignet, eine klösterliche Laufbahn einzuschlagen. Ich werde einige von ihnen nach Ende ihrer Ausbildung zu ihren Familien zurückschicken. Für Maria von Montardier habe ich indes entschieden, dass ihr zukünftiger Platz hier sein soll. Sie ist nicht dumm und durchaus gelehrig. Die für unser Stift so wichtige Heilkunde scheint ihr zu liegen, besonders was die Behandlung von Frauenleiden betrifft. Sie geht seit längerem der Hebamme zur Hand, natürlich nur, soweit dies für ein junges Mädchen schicklich ist. So viel ich weiß, seid Ihr von ihrem Vormund bevollmächtigt, die Bedingungen ihres Eintritts anzunehmen. Ist dies so?«
»Gewiss. Ein entsprechendes Dokument hat Eure Vorgängerin erhalten. Meine eigene Mündigkeit wurde von unserem Vormund bereits vor zwei Jahren erklärt.«
Die Frau nickte. »Bei Marias Einkehr vor beinahe acht Jahren wurde schon die damals vorhandene Mitgift besprochen. Rochus von der Enns hat ihr Vermögen mit dreihundert Goldflorin beziffert. Das entspricht etwa vierhundert Gulden. Hat sich an diesem Vermögen etwas geändert?« Karl schüttelte den Kopf. Innerlich staunte er, dass Rochus Marias Vermögen mit weniger als der Hälfte des tatsächlichen Werts angegeben hatte. So viel Weitblick hatte er dem harmlosen Kerl gar nicht zugetraut.
»Nun denn. Das Kloster benötigt dringend Grundbesitz. Gehören noch Liegenschaften irgendwelcher Art zu dem Vermögen?«
»Nein«, antwortete Karl. »Unsere Eltern lebten im Heiligen Land und unser Vater war ein Drittgeborener. Auch die Mutter brachte keinen Grundbesitz mit in die Ehe.«
»Nun, die Mitgift ist gering. Geringer als üblich. Streng genommen ist sie sogar lächerlich. Dies hier ist eines der führenden Frauenklöster Böhmens, wenn nicht des ganzen Reiches. Es ist eine große Ehre für jede Familie, eine Tochter hier unterzubringen. Ich kann bei weitem nicht jedem Antrag stattgeben. Wenn die Ausbildung Eurer Schwester vorangetrieben werden soll, wird diese Summe keinesfalls genügen.«
»An welchen Betrag denkt Ihr?«, fragte Karl gerade heraus.
»Nun, die Summe müsste schon verdoppelt werden. Auch dann ist die Mitgift noch nicht als angemessen zu bezeichnen, aber ich würde eine Ausnahme machen.«
Du Gaunerin, dachte Karl, schacherst schlimmer als jeder Rosshändler. Ich wette, die Eltern der meisten anderen Mädchen kriegst du damit herum. Gut, dass ich rechtzeitig gekommen bin. Keinen Kreuzer werfe ich in deinen gierigen Rachen, wenn Maria es nicht ausdrücklich wünscht.
Karl gab sich betont nachdenklich. »Ihre Familie erwägt, sie nicht in den Schwesternstand eintreten zu lassen, sondern sie zu verheiraten. Wir haben noch nicht endgültig entschieden.«
»Sie zu verheiraten?« Die Ordensfrau ließ ein kurzes, falsches Lachen hören. »Wie könnte das in Frage kommen? Ihre Eltern waren Edelleute, gewiss, doch waren sie Ausländer und niemand hierzulande kennt die Familie. Ein Erstgeborener scheidet somit als Gemahl aus. Obendrein ist die Mitgift winzig. Ein Nachgeborener könnte damit kein standesgemäßes Leben aufbauen. Und letztendlich – mit einem Mauren in der Familie, der in den Diensten eines Juden steht …«
Karl machte sich nicht die Mühe, sie darüber aufzuklären, dass die Mauren eigentlich in Spanien und Nordafrika lebten. Wahrscheinlich wusste sie gar nicht, wo diese Orte waren. Stattdessen senkte er demutsvoll das Haupt.
»Mit
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