Die Köchin und der Kardinal
musst warten und auf Gott vertrauen«, sagte Melvine besänftigend.
Elisabeth wollte aber nicht warten. Konnte man einem Gott, der das alles zugelassen hatte, überhaupt noch vertrauen? Konnte man einer Kirche trauen, die in seinem Namen so viel Unheil angerichtet hatte und es immer noch tat?
Sie schaute sich an, was in der Küche des Johanniterhauses noch vorrätig war. Am Vortag hatte sie einen Sack mit Eicheln in große Töpfe geleert und die Eicheln so lange gekocht, bis der bittere Geschmack verschwunden war. Mittels einer Handmühle hatte sie feines Mehl daraus gemahlen, das ein wenig nussartig schmeckte. Das Mehl füllte sie in ein durchlässiges Gefäß und goss Wasser darüber. Nach zwei bis drei Stunden war es zu einem Teig aufgequollen. Elisabeth formte rundeLaibe daraus und buk sie in der heißen Asche des Ofens. Dabei dachte sie wehmütig an all die köstlichen Speisen, die sie jemals für den Kardinal, für Bernhard von Sachsen-Weimar und andere gekocht hatte. Gegen Abend sah sie zum Fenster hinaus, zum Schwarzwald hinüber. Aus den Tannen leuchtete das bunte Laub der Buchen, Krähen schwebten über den Wipfeln. Wolken schwebten am Himmel dahin. Eine dicke weiße Wolke sah aus wie ein Schiff. Elisabeth spähte empor. War es die Totenwolke aus ihrem Traum? Das Schiff kehrte zurück, sie sah es ganz deutlich. Allmählich begann sie, einzelne Gesichter und Gestalten zu erkennen.
36.
Bei den Belagerern vor Breisach war die Stimmung verzweifelt. Das gesamte Umland war geplündert worden. Jakob sah, wie schwach die Soldaten waren. Sie schlichen umher, versuchten die Pferde zu striegeln oder ihre Waffen zu reinigen. Dabei sanken manche entkräftet zu Boden. Der Grund war aufgewühlt, die Grasnarbe zertrampelt. Es roch nach Pulver, Urin und geronnenem Blut. An diesem Morgen war ein Unterhändler des Kaisers gekommen. Jakob wurde zu der Besprechung geladen. In der kurzen Zeit hatte Bernhard von Sachsen-Weimar viel Vertrauen in den übergelaufenen Hauptmann Jakob gewonnen. Zwei französische Soldaten standen als Wachen vor dem großen Zelt. Der Unterhändler stellte sich als Tobias Kramer, Abgesandter des Kaisers aus Wien, vor. Er war groß und kräftig und trug die Kleidung der Adligen. Sein Gesicht war pockennarbig mit stechenden blauen Augen.
»Ihre Durchlaucht Kaiser Ferdinand III. hat mich von Wien hierherbeordert, um seinen Forderungen gehörigst Nachdruck zu verleihen. In unserer Gewalt befindet sich, wie Ihro Gnaden wissen, Thomas Weltlin, ehemals Kardinal von Straßburg. Ihre Durchlaucht, der Kaiser, wünscht nun mit aller Macht die Beendigung dieser unseligen Blockade und die Anerkennung der Festung Breisach als altverbrieften habsburgischen Besitz.«
Bernhard zog die Augenbrauen zusammen.
»Wo befindet sich Weltlin jetzt?« fragte er.
»Das zu verraten, würde meine Mission wohl überflüssig machen«, antwortete der Abgesandte. »Ich bin hier, um die Forderungen meines Herrn zu überbringen.«
»Welche Frist gewährt uns der Kaiser für den Fall, dass wir auf seine Bedingungen eingehen?«, fragte Bernhard.
»In zwei Tagen müssten alle Soldaten und alles Geschütz abgezogen sein. Was in der Festung vorhanden ist an Nahrung, Vieh, Waffen, Pulver und Wertgegenständen bleibt in unserem Besitz und wird von niemandem angerührt. Alsdann ist ein Friedensvertrag zu unterzeichnen mit der Zusage, dass keine feindlichen Handlungen mehr stattfinden.«
»Was ist, wenn wir die Bedingungen nicht annehmen?«, fragte Bernhard in gereiztem Ton.
»Dann muss Euer Kardinal sterben. Und dann werden wir auch seine reizende Köchin entführen und sie an seinem Schicksal teilnehmen lassen.« Jakob durchfuhr ein schmerzhaftes Ziehen. Das hatten sie sich aber fein ausgedacht!
»Wir haben hier eine Geisel aus den Reihen des Feldzeugmachers von Reinach«, sagte Bernhard in schneidendem Ton. »Und wir bieten an, Jakob Gruber gegen den Kardinal auszutauschen.«
»Hans Heinrich von Reinach hat uns eine Botschaft zukommen lassen.« Der Gesandte verzog den Mund zu einem höhnischen Lächeln. »Sie wurde, um einen Stein gewickelt, über die Mauer geworfen. Von Reinach hat mit der Geisel nichts zu schaffen. Jakob Gruber sei ein elender Verräter und Fahnenflüchtling, hat er uns wissen lassen.«
Jakob zog Bernhard in eine Ecke des Zeltes und redete leise auf ihn ein.
»Geh zum Schein auf seine Bedingungen ein, Bernhard!«, beschwor er ihn. »Sonst machen die ihre Drohungen wahr, ich kenne diese Art von
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