Die Köchin und der Kardinal
Raum, in dem der Geheimgang begann. Jakob nahm die Fackel, die dort angebracht war, entzündete sie und schlug den Vorhang zurück. Sein Herz trommeltegegen die Rippen, aber er ging unerschrocken weiter durch den Gang, bis er sein Ende erreichte. Dort wurde er schon von Bernhards Soldaten empfangen, ausgefragt und zum Obersten gebracht. Die Söldner wirkten müde und ausgezehrt. Bernhard saß im Kreis seiner Offiziere am Feuer. Sie tranken Wein aus Zinnbechern. Jakob trat vor ihn hin und salutierte. Bernhard von Sachsen-Weimar blinzelte ihn an.
»Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?« Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »Natürlich, ich erinnere mich. Am Anfang des Sommers kamt Ihr, um zwei junge Damen auszulösen. Von denen sich nur eine hat befreien lassen.«
»So war es, Herr Oberst Bernhard von Sachsen-Weimar«, sagte Jakob. Hoffentlich würde ihm diese Begegnung nicht zum Nachteil gereichen.
»Und? Wollt Ihr heute wieder jemanden auslösen?«, fragte Bernhard. Ein Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht.
»Gewissermaßen schon«, antwortete Jakob. »Ich möchte mich als Geisel anbieten, damit Kardinal Weltlin wieder freikommt.«
»Das ist wiederum sehr ehrenhaft von Euch. Glaubt Ihr denn, dass Ihr dem üblen von Reinach und dem Kaiser genügend wert seid, um den Kardinal dafür auszutauschen?«
»Ist Euch denn der Kardinal wert genug, um dafür die Belagerung aufzugeben?«, fragte Jakob zurück.
»Wir stehen in Verhandlungen«, gab Bernhard zurück. »Da wäre es natürlich von Vorteil, wenn wir einen wichtigen Kaiserlichen in den Händen hätten.«
»Nichts anderes wollte ich Euch anbieten, Herr Oberst Bernhard von Sachsen-Weimar«, sagte Jakob.
»Und diese Trosshure? Ist sie noch in der Festung?«
»Sie hat sich entschieden«, meinte Jakob. »So, wie ich mich entschieden habe.«
»Was hat Euch zu diesem Sinneswandel geführt?«, wollte Bernhard wissen.
Jakob überlegte, ob er von der Geldtruhe des Kommandanten erzählen sollte.
»Ich habe selbst erkannt, was für ein übler Patron Hans Heinrich von Reinach ist«, sagte er. »Der wäre sogar bereit, seinen eigenen Sohn zu fressen, bevor er aufgibt.«
Jakob sah das Entsetzen in Bernhards Augen und wusste, dass er gewonnen hatte.
»Wenn das so ist, dann könnt Ihr auch gleich zu uns überlaufen«, bot Bernhard an.
»Das tue ich mit Vergnügen«, gab Jakob zurück. »Ihr dürft nur nicht erwarten, dass ich mit Euren Schweden gut Freund sein werde.«
Bernhard von Sachsen-Weimar schaute ihn fragend an, dann lachte er.
»Ich kann mir denken, was Euch umgetrieben hat«, meinte er. »Willkommen in meinem Heer!«
Ende Oktober wurde die Lebensmittelbeschaffung in der Stadt Freiburg immer schwieriger. Auch hier gab es keine Hunde, Katzen und Ratten mehr. An einem sonnigen Spätherbsttag suchte Elisabeth Melvine und Paul im »Roten Bären« auf. Die Wirtschaft wurde schon länger nicht mehr betrieben, weil es sich niemand leisten konnte, außer Haus zu essen. Nur die Fischräucherei war noch in Gang und warf auch ein wenig ab.
»Was gibt es Neues, Melvine?«, fragte Elisabeth, als die Wirtin ihr eine geräucherte Forelle vorsetzte.
»In Breisach soll sich ein Offizier als Geisel angeboten haben«, antwortete Melvine. »Um damit unseren Kardinal auszulösen.«
Elisabeth fuhr es heiß durch alle Glieder. »Könnte das Jakob gewesen sein?«
»Daran habe ich auch als Erstes gedacht«, sagte Melvine und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Zuzutrauen wäre es ihm.«
»Aber er war doch immer so darauf bedacht, gegen Bernhard und die Schweden zu kämpfen?«
»Vielleicht weiß Paul mehr darüber.«
Sie rief nach ihrem Mann, der prompt erschien. Wie seine Frau war auch er deutlich abgemagert.
»Wer ist dieser junge Offizier, der sich in Breisach als Geisel zur Verfügung gestellt hat, Paul?«, fragte Melvine.
»Es ist Jakob Gruber, der bayerische Offizier, der unter Hans Heinrich von Reinach gedient hat«, bestätigte Paul.
Elisabeth merkte, dass sich etwas in ihr löste. Ein Glücksgefühl machte sich in ihr breit. »Ist er übergelaufen?«, wollte sie wissen.
»Was anderes wird ihm gar nicht übriggeblieben sein«, meinte Paul schmunzelnd.
Damit waren ja alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt. Elisabeth warf einen langen Blick nach Westen, in die Richtung der Festung Breisach.
»Aber Kardinal Weltlin ist noch nicht frei, und meine Schwester Agnes ist immer noch in der Festung«, bemerkte sie mit einem Anflug von Angst.
»Du
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