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Die Koenigin der Rebellen

Die Koenigin der Rebellen

Titel: Die Koenigin der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verwandeln. Dabei war sie ziemlich sicher, daß man sie nicht absichtlich erfrieren lassen wollte. Immerhin wußte Kent, wie kalt es hier, zehn oder zwanzig Meter unter der Wüste, während der Nacht werden konnte, denn ihre kleine Zelle wies sogar den Luxus eines Gasofens auf — aber ihre Bewacher hatten schlichtweg vergessen, nach der Flasche darin zu sehen. Allerdings machte das wohl keinen so großen Unterschied, dachte Charity zornig. Allerhöchstens eine etwas andere Inschrift auf ihrem Grabstein: Hier ruht Charity Laird, Retterin der Welt und Zeitreisende wider Willen, aus Versehen das zweite Mal leider etwas zu gründlich eingefroren. Sie versuchte, sich fester in die dünne Decke einzuwickeln, die Kent ihr gegeben hatte, aber ihre Finger waren bereits zu steif geworden. Schade, dachte sie sarkastisch, daß Kent nicht noch einmal hereinkam, um nach ihr zu sehen. Vielleicht könnte sie ihn noch umbringen — einfach schockgefrieren, indem sie ihn nur einmal anhauchte. Oder . . .
    Charity war in Gedanken bei der siebten oder achten originellen Todesart, die sie Kent und seinen idiotischen Spießgesellen angedeihen lassen wollte, ehe sie überhaupt bemerkte, daß sie nicht mehr allein in der winzigen Zelle war. Jemand stand neben ihrer Liege, rüttelte beharrlich an ihrer Schulter und redete dabei unentwegt auf sie ein, ohne daß sie auch nur ein Wort verstand. Mühsam hob sie den Blick, sah in ein bärtiges Gesicht, auf dem sich ein sehr erschrockener Ausdruck breitgemacht hatte. Der Mann sah ehrlich besorgt aus. »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?« fragte er. Charity rappelte sich mühsam auf und wankte neben ihm zur Tür. Es dauerte zehn Minuten, bis das Leben allmählich in ihre Glieder zurückzukriechen begann. Der Schmerz trieb Charity die Tränen in die Augen. Tapfer trank sie den kochendheißen Tee, den ihr Retter ihr einzuflößen versuchte. »Alles wieder okay?« fragte der Bärtige, den sie zuerst erblickt hatte. Charity funkelte ihn wütend an, aber sie sah trotzdem, daß der Ausdruck von Schrecken in seinen Augen echt war. »Es ... geht«, sagte sie mühsame. Das Sprechen fiel ihr noch immer schwer. Ihre Lippen waren taub. »Wolltet ihr mich umbringen?« »Ich ... ich verstehe das nicht«, sagte der Bärtige kleinlaut. »Die Flasche war voll. Jedenfalls dachte ich das.« Er schüttelte den Kopf. »Sie hätte für drei Tage reichen müssen!« Charity starrte ihn an. Drei Tage? Wenn sie die Flamme ganz heruntergedreht und es sich bei sieben oder acht Grad Celsius bequem gemacht hätte, vielleicht, aber nicht, wenn . . .
    Sie holte Luft zu einer wütenden Antwort — und schloß den Mund wieder, ohne auch nur ein Wort zu sagen, als ihr Blick auf die winzige blaue Flamme des Gasöfchens fiel, der unmittelbar neben ihr brannte. Er war ganz heruntergedreht, und in diesem Raum herrschten wirklich nur sieben oder acht Grad. Die Füllung ihrer Propangasflasche war ausreichend gewesen; sie war nur nicht für einen Menschen gedacht, der in einem Zeitalter der Verschwendung geboren war und noch immer nicht ganz begriffen hatte, daß Überleben und Bequemlichkeit ä nicht unbedingt dasselbe bedeuten mußten. »Es ist schon gut«, sagte sie lächelnd. »Fehler kommen vor, oder? War nicht Ihre Schuld.« In den Augen ihres Gegenübers glomm Erleichterung auf. Er wirkte noch immer sehr erschrocken. Und sie glaube auch plötzlich zu wissen, warum. »Wirklich, es ist alles wieder in Ordnung«, sagte sie, so überzeugend, wie sie konnte. »Und ich verspreche Ihnen auch, Kent nichts davon zu sagen — falls Sie mir noch eine Tasse von ihrem scheußlichen Tee geben.« Der Mann nickte erleichtert, sprang auf und kam so hastig mit dem heißen Getränk zurück, daß er die Hälfte davon auf den Boden schüttete, ehe Charity ihm den Becher aus der Hand nehmen konnte. Der Tee schmeckte wirklich scheußlich, aber er war zumindest heiß. »Wo ist Skudder?« fragte sie. »Habt ihr ihn auch tiefgefroren?« Der Bärtige lächelte nervös, aber Charity sah, daß er ganz and gar nicht sicher war, wie sie ihre Worte wirklich meinte. »Ihr Begleiter ist bei Kent«, antwortete er zögernd. »Wir sollten Sie auch zu ihm bringen, aber . . .« Charity lächelte aufmunternd. »Worauf warten wir dann noch?« Sie erhob sich und machte einen vorsichtigen Schritt. Der Rebell erwartete sie in einer hohen, halbrunden Betonhalle, in der es sogar den Luxus elektrischer Beleuchtung gab und die zweifellos nichts anderes war

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