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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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fielen ihr aus dem Gesicht. Gezeichnete Zähne brachen ihr aus dem Mund.
    »Was tust du?« Es klang wie ein Flehen. Es war gurgelnd .
    »Ich habe einen großen Fehler gemacht, schon vor langer Zeit«, sagte Sarita Soleado und Catalina wusste nicht, ob sie zu Kassandra Karfax oder zu ihrer Tochter sprach.
    Nuria Niebla trat noch einen Schritt vor.
    Auch sie zeichnete, unaufhörlich.
    Sie hob den Blick, um das fliegende Schiff zu betrachten, und Catalina fiel auf, dass sie mit geübter Hand eine fliegende Galeone skizziert hatte. Dann machte sie sich über die Galeone her. Mit harten und spitzschrägen Strichen, die wie Bomben einschlugen, fegte sie das Schiff vom Himmel. Dunkles Holz splitterte laut, hohe Masten brachen ab, zerschlugen das Deck, Silberaugenmatrosen stürzten in die Tiefe.
    Die Galeone begann zu sinken. Sie bekam Schlagseite, die Mastspitzen mit schwarzen Segeln berührten sogar schon Malfuria.
    Als Sarita Soleado erkannte, was ihre Mutter vorhatte, da unterstützte sie deren Zeichnung. Beide Frauen, Mutter und Tochter, zeichneten wie wild auf die Reisende und die Galeone ein.
    Die Scherbensplitter, die ihre einsamen Leben gewesen waren, all die Jahre lang, fügten sich auf einmal zusammen, weil sie am Ende beide erkannten, welche Gesichter sich in den Splittern des anderen spiegelten. Weil sie endlich zusammengefunden hatten, nach allem, was geschehen war.
    Es dauerte nur wenige Striche und die Galeone trieb durch die Luft und Kassandra Karfax, die neben ihrer Schattenschwester stand, blickte auf und sah mit einem dunkelroten und einem ganz tintenschwarzen gezeichneten Auge, dass die Galeone direkt auf sie stürzte.
    La Sombría war dicht bei ihr. Sie machte einige schnelle Schritte, doch das reichte nicht aus.
    Die fliegende Galeone begrub Kassandra Karfax unter sich. Fetzen von Papier stoben auf und wirbelten in der heiß flimmernden Luft umher. Auch La Sombría wurde ein Opfer der Galeone.
    Catalina keuchte.
    Jordi rührte sich noch immer nicht.
    Unterdessen zeichneten Sarita und Nuria weiter und weiter. Vor Catalinas Augen zerlegten sie die Galeone in ihre Einzelteile. Die Kartenmacherinnen waren nicht gnädig. Sie zerstörten, was sie sahen. Die Trümmer wirbelten nur so durch die Luft und in den Trümmern erkannte Catalina aufschreiende Papierfetzen und schattige Furcht vor dem, was in der Luft zu riechen war.
    Und Kassandra Karfax erkannte, dass sie sterben würde.
    Die großen Gebläsemaschinen im Bauch der Galeone explodierten und Catalina sah die Welle aus brennend heißer Luft förmlich auf sich zukommen. Selbst die Harlekine wurden von dem Licht, das auf einmal von den Flammen ausgespuckt wurde, verweht.
    Catalina konnte es kaum fassen.
    Kassandra Karfax war tot. La Sombría ebenso.
    War es möglich, dass dies tatsächlich das Ende war? Hatte sie sich geirrt, als sie dachte, ihre Lösung wäre die einzige Möglichkeit? War es die unverhoffte Allianz von Sarita und Nuria gewesen, die Kassandra Karfax nicht hatte voraussehen können?
    Sie sank auf die Knie und berührte Jordis Wange, die ganz kalt war.
    Erschüttert blickte sie zu den beiden Kartenmacherinnen, die noch immer ihre Bleistifte über das Papier fliegen ließen. Nuria Niebla führte ihren Stift wie eine elegante Waffe und keiner der beiden hielt inne, bevor die Galeone nicht endgültig zerstört worden war. Selbst das Wrack wurde zerlegt, bis lediglich eine dichte Wolke aus Staub über die Wüste wehte.
    »Es ist noch nicht vorbei«, sagte Sarita zu ihrer Mutter.
    Und Nuria, die lächelnd in den Himmel starrte, wie sie es lange schon nicht mehr getan hatte, entgegnete nur: »Ich weiß.«
    Dann zeichneten die beiden erneut, sie führten die Stifte, als hätten sie es schon immer gemeinsam getan.
    Und sie zerstörten Malfuria.
    Es sah ganz einfach aus.
    Wie in Lisboa, so erklang auch jetzt ein wimmerndes Klagen, das wie die verzerrte Stimme der uralten Katzenhexe anmutete. Rabenfedern und Finsterfetzen schwebten durch die Luft. Der tosende Schattensturm brach in sich zusammen und hörte auf zu leben.
    Das Herz der Hexenheit verstummte ein zweites Mal, diesmal wohl auf immer.
    Als es vorbei war, sank Nuria Niebla erschöpft zu Boden.
    Catalina wollte zu ihr hinlaufen, aber ihre Großmutter hob warnend beide Hände und wehrte ab. Einen Moment später sah das Mädchen, warum.
    Ein Skorpion näherte sich Nuria Niebla, doch die alte Frau machte keine Anstalten zu flüchten. Stattdessen beobachtete sie das Tier, das sich im Sand

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