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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Catalina nur, ist also meine Großmutter.
    »Du wirst nichts ausrichten können gegen uns, alte Frau«, erwiderte Kassandra und drückte mit der Handfläche auf die Wunde im Papier, die Nuria Niebla ihr zugefügt hatte. »Du hättest nicht kommen sollen.«
    La Sombría zischte wütend und floss zur Seite. Aus ihrer Hand formten sich zwei große Harlekine, die sofort auf die Nebelhexe zuglitten.
    Kassandra schüttelte den Kopf. »Warte noch«, sagte sie und sah sich nach Sarita um, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Ihre Stimme wurde ganz weich, als sie nun zu Catalinas Mutter sprach. »Sarita. Nun sollst du den Lohn für all deine Mühe bekommen«, sagte sie. »Endlich ist die Gelegenheit gekommen.« Ihre Stimme wurde zum Zischen eines Harlekins, als ihr Blick Nuria streifte. »Sie hat sich nie um dich gekümmert. Sie hat dir verboten, dein Leben zu leben. Du bist vor ihr geflohen, verzweifelt, wie du warst. Erinnere dich, Sarita. Erinnere dich an damals, an das Äffchen, an die kalten Nächte auf der Straße. Erinnere dich, Sarita.«
    Erschrocken bemerkte Catalina, wie ihre Mutter plötzlich einen Bleistift in der Hand hielt. Sie hatte Tränen in den Augen.
    Kassandra Karfax riss sich einen Fetzen Papier aus dem Hals und reichte ihn ihr. »Beende es hier, ein für alle Mal.«
    Sarita zögerte nicht einmal.
    Sie nahm das Papier entgegen und wieder einmal fiel Catalina auf, wie ähnlich sie ihrer Mutter doch war. Sarita schien sich sogar zu bewegen, wie es ihre Tochter tat.
    Sarita holte tief Luft. »Alte Frau – hättest du geglaubt, dass wir uns so wiedersehen?«, spie sie der Nebelhexe voller Zorn und Abscheu entgegen.
    Nuria Niebla wirkte tatsächlich alt und schwach, aber ihr Wille war ungebrochen.
    Sie stand oben auf der Düne, die Flammen im Rücken, und sah zu ihrer Tochter hinab, zu dem Mädchen, das es schon vor langer Zeit vorgezogen hatte, sein Heim zu verlassen.
    »Ich kann durch Feuer reisen«, sagte sie, »und ich kann auch durch die Flammen hindurchschauen. Ich erkenne Wahrheiten hinter Lügen. Vermagst du sie auch zu sehen?« Sie sprach zu Sarita. »Ich habe dich gesucht, an allen Lagerfeuern dieser Welt. Und jetzt habe ich dich endlich gefunden. Euch beide habe ich gefunden.« Sie streckte die Hand aus, sah zu Catalina hinüber. »Mein Kind, komm zu mir.«
    Catalina dachte an all die guten und warmen Erinnerungen, die ihr der Aquamarin geschenkt hatte.
    Nuria Niebla schritt den Hang herunter. Sie ließ ihre Tochter nicht aus den Augen.
    »Du wirst ihr nichts zuleide tun«, sagte Sarita wütend. »Ich sorge dafür.« Sie trat vor.
    Nuria war fast am Fuße der Düne angelangt. Die beiden Frauen standen einander gegenüber. Auch die Nebelhexe hielt nun einen Stift in der Hand. Und ein Blatt Papier.
    Kassandra Karfax und La Sombría fauchten wütend.
    Die beiden Harlekine näherten sich vorsichtig der alten Hexe. Sie griffen jedoch nicht an.
    Stille.
    Sarita und Nuria blickten sich lange an.
    Es sah fast aus, als lauerten sie nur darauf, dass der andere mit dem Zeichnen beginnen würde. Ganz versunken waren sie in die Augen der anderen, hielten stumme Zwiesprache, wie nur zwei mächtige Magierinnen es tun können. Und wäre Catalina nah genug bei den beiden gewesen, dann hätte sie bemerkt, dass sich Nuria in den Augen ihrer Tochter spiegelte, wie Sarita es in den Augen ihrer Mutter tat.
    Dann endlich nickte Sarita.
    Und Nuria ebenso.
    Und alles, alles ging rasend schnell.
    So schnell, dass Catalina kaum bemerkte, was überhaupt geschah.
    Sarita Soleado führte einen Strich aus. Schnell, unbarmherzig. Wie ein Hieb mit einer Peitsche, so schnell hatte sie etwas auf den Fetzen Papier skizziert.
    Nurias verbrannter Körper war angespannt, man konnte es sehen.
    Und Kassandra Karfax schrie auf.
    Kreischte.
    Wütend.
    Ein Stück ihres Arms, der Papier war, hing ihr auf einmal zerfetzt am Körper.
    Sarita Soleado drehte sich um und sah der Reisenden mitten in das uralte, geflickte Gesicht.
    Tränen glänzten ihr in den Augen. »Es tut mir leid«, flüsterte sie und ihre Stimme war kaum mehr als ein Scherbenmeer, »aber ich habe tatsächlich gelernt, die verhuschten Wahrheiten hinter den versteckten Lügen zu erkennen. Ihr selbst habt es mir gezeigt, in den letzten Tagen.« Erneut zeichnete sie etwas. Dann noch etwas und noch etwas.
    Die Reisende schrie auf wie ein Vogel, der sein Ende nahen sieht. Sie schlug um sich und fauchte, wie Tiere es tun, wenn man sie in die Enge getrieben hat. Buchstaben

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