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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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weinend, sondern schreibend. In seinen letzten Stunden ist er weder Abenteurer noch Ritter, nicht einmal Bruder oder Onkel, sondern Dichter.
    Sie bringen mir, was er geschrieben hat. Ich erkenne, dass er am Ende, just in dem Augenblick, da er dem Tod ins Auge blickte, erfahren hat, dass alles eitel ist. Ehrgeiz, Macht, selbst der Thron, der unsere Familie so teuer zu stehen kam – am Ende wusste er, dass das alles bedeutungslos war. Und doch starb er in diesem Wissen nicht verbittert, sondern lächelnd über die Torheit der Menschen, über seine eigene Torheit.
    Er schreibt:
    Sinnierend
    und voller Trauer
    gedenke ich
    der Unbeständigkeit
    der Welt.
    Die sich so hastig dreht.
    Dagegen ich,
    was sinn’ ich wohl?
     
    Voller Verdruss
    und voller Kummer,
    da ich kein
    Mittel weiß dagegen.
    Ganz entrückt
    im tiefsten Kern
    ist mein Tanz so,
    dass ich nur sterben möcht’.
     
    Mich dünkt wahrlich,
    ich bin verpflichtet,
    zu sehr,
    als zufrieden zu sein.
    Seh ich jetzt klar:
    Das Schicksal wirkt
    im Widerspruch
    zu meinem Streben.
    Dies ist das Letzte, was er in der Morgendämmerung tut, und dann führen sie ihn hinaus und enthaupten ihn auf Befehl von Richard of Gloucester, dem neuen Lord Protector von England, der jetzt für meine Sicherheit verantwortlich ist, für die Sicherheit all meiner Kinder und besonders für die Sicherheit und Zukunft meines Sohnes, Prinz Edward, des rechtmäßigen Königs von England.
    Ich lese Anthonys Gedicht später, und die Zeilen «Das Schicksal wirkt im Widerspruch zu meinem Streben» gefallen mir besonders. Das Schicksal hat sich dieses Jahr gegen uns Rivers gestellt – da hat er recht.
    Ich muss herausfinden, wie ich ohne ihn leben kann.

    Zwischen meiner Tochter Elizabeth und mir hat sich etwas verändert. Mein Mädchen, mein Kind, meine älteste Tochter, ist plötzlich erwachsen geworden und mir entwachsen. Das Kind, das geglaubt hat, ich wüsste alles, ich würde überalles gebieten, ist jetzt eine junge Frau, die ihren Vater verloren hat und an ihrer Mutter zweifelt. Sie findet es nicht richtig, dass ich darauf bestehe, weiter im Asyl zu bleiben. Sie macht mich für den Tod ihres Onkels Anthony verantwortlich. Sie wirft mir vor – auch wenn sie nie ein Wort darüber verliert   –, dass es mir nicht gelungen ist, ihren Bruder Edward zu retten, und dass ich ihren kleinen Bruder Richard schutzlos in die graue Stille des abendlichen Flusses geschickt habe.
    Sie zweifelt daran, dass ich ein sicheres Versteck für Richard gefunden habe und dass unser Plan mit dem untergeschobenen Pagen glückt. Sie weiß, dass ich Edward nur einen falschen Prinzen zur Gesellschaft schicke, weil ich daran zweifle, dass Edward je wieder nach Hause kommt. Sie setzt keine Hoffnung in den Aufstand, den mein Sohn Thomas Grey schürt. Sie fürchtet, dass wir niemals gerettet werden.
    Seit jenem Morgen, da wir den Gesang des Flusses hörten, und dem Nachmittag, als man uns die Nachricht von Anthonys und Richards Tod brachte, hat sie kein Vertrauen mehr in mein Urteil. Sie hat nicht wiederholt, dass sie glaubt, wir seien verflucht, doch die Schatten um ihre Augen und die Blässe ihres Gesichts verraten mir, dass etwas sie quält. Gott weiß, ich habe sie nicht verflucht, und ich kenne niemanden, der diesem silber-goldenen Mädchen so etwas antun würde, aber es stimmt: Sie sieht aus, als hätte ihr jemand einen dunklen Daumenabdruck aufgedrückt und sie so mit einem harten Schicksal gezeichnet.
    Als Dr.   Lewis wiederkommt, bitte ich ihn, sie zu untersuchen und mir zu sagen, ob sie gesund ist. Sie isst kaum noch etwas und ist sehr blass. «Sie muss frei sein», sagt er einfach. «Ich sage Euch als Arzt, was ich bald als Verbündeter zu sehen hoffe. Eure Kinder und Ihr selbst, EuerGnaden, könnt nicht hierbleiben. Ihr müsst hinaus an die frische Luft, Ihr müsst den Sommer genießen. Sie ist ein zartes Mädchen, sie braucht Bewegung und Sonnenschein. Sie braucht Gesellschaft. Sie ist eine junge Frau – sie sollte tanzen und sich hofieren lassen. Sie sollte ihre Zukunft planen dürfen, von ihrem Verlöbnis träumen, nicht hier eingesperrt sein und den Tod fürchten.»
    «Ich habe eine Einladung vom König.» Ich zwinge mich, den Titel zu nennen, als könnte Richard ihn je verdienen, als könnte die Krone auf seinem Kopf und die Salbung seiner Brust je mehr aus ihm machen als den Verräter und Abtrünnigen, der er ist. «Der König möchte, dass ich diesen Sommer mit den Mädchen in mein Haus auf dem

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