Die Königin der Weißen Rose
Land gehe. Er sagt, wenn ich dort wäre, könnte man mir die Prinzen bringen.»
«Und, werdet Ihr gehen?» Er ist so gespannt auf meine Antwort, dass er sich vorbeugt, um sie zu hören.
«Zuerst müssen meine Söhne freigelassen werden. Solange meine Jungen nicht bei mir sind, wie er es versprochen hat, habe ich keine Garantie für meine Sicherheit und die meiner Mädchen.»
«Gebt acht, Euer Gnaden, gebt acht. Lady Margaret fürchtet, er treibe ein falsches Spiel mit Euch», flüstert er. «Sie sagt, der Duke of Buckingham glaube, er werde Eure Jungen …», er zögert, als brächte er es nicht über sich, die Worte auszusprechen, «… töten lassen. Sie sagt, der Duke of Buckingham sei so entsetzt darüber, dass er Eure Söhne retten und sie Euch zurückgeben will, wenn Ihr ihm Sicherheit und Wohlstand garantiert, sobald Ihr wieder an der Macht seid. Wenn Ihr ihm Eure Freundschaft versprecht, Eure unvergängliche Freundschaft, sobald Ihr wieder zu Eurem Recht gekommen seid. Lady Margaret sagt, sie wird ihn dazu bringen, ein Bündnis mit Euch undden Euren einzugehen. Die drei Familien Stafford, Rivers und das Haus Lancaster gegen den falschen König.»
Ich nicke. Darauf habe ich gewartet. «Was will er im Gegenzug?», frage ich freiheraus.
«Dass seine Tochter, sollte er mit einer gesegnet werden, Euren Sohn heiratet, den jungen König Edward», berichtet er. «Dass er selbst zum Regenten und Lord Protector ernannt wird, solange der junge König nicht erwachsen ist. Dass Ihr ihm die Herrschaft über den Norden übertragt, die Herzog Richard innehatte. Wenn Ihr ihn zu einem derart bedeutenden Herzog macht wie Euer Gatte Herzog Richard, wird er seinen Freund verraten und Eure Söhne retten.»
«Und was will sie?», frage ich, als erriete ich es nicht. Als wüsste ich nicht, dass sie die vergangenen zwölf Jahre, seit ihr Sohn ins Exil ging, jeden Tag, den Gott werden ließ, daran gearbeitet hat, ihn sicher zurück nach England zu bringen. Er ist das einzige Kind, das sie empfangen hat, der einzige Erbe ihres Familienvermögens und des Titels ihres verstorbenen Gatten. Alles, was sie in ihrem Leben erreicht hat, wird nichts sein, wenn sie ihren Sohn nicht zurück nach England bringen kann, damit er sein Erbe antritt.
«Sie will eine Vereinbarung, dass ihr Sohn seinen Titel bekommt und ihre Ländereien erben darf und dass ihr Schwager Jasper wieder auf seinen Ländereien in Wales eingesetzt wird. Sie will, dass beide frei nach England zurückkehren können, und sie möchte ihren Sohn Henry Tudor mit Eurer Tochter Elizabeth verloben. Außerdem sollt Ihr ihn als Erben nach Euren Söhnen benennen», sagt er rasch.
Ich zögere keinen Augenblick. Ich habe nur auf die Bedingungen gewartet, und sie sind genau so, wie ich erwartethabe. Nicht indem ich es vorausgesehen habe, sondern einfach nur durch das Gefühl dafür, was ich verlangen würde, wenn ich Lady Margaret wäre, in ihrer starken Position: verheiratet mit dem drittwichtigsten Mann Englands, im Bündnis mit dem zweitwichtigsten, den Verrat des wichtigsten planend. «Ich bin einverstanden», erkläre ich. «Sagt dem Duke of Buckingham und Lady Margaret, dass ich einverstanden bin. Und nennt ihnen meinen Preis: Meine Söhne werden sofort freigelassen und zu mir gebracht.»
Am nächsten Morgen kommt mein Bruder Lionel lächelnd zu mir. «An der Pforte zum Fluss ist jemand, der dich sehen möchte», sagt er. «Ein Fischer. Begrüß ihn leise, Schwester. Denk daran, dass Zurückhaltung die größte Gabe einer Frau ist.»
Lionel legt mir eine Hand auf den Arm, weniger die eines Bischofs als eines Bruders. «Kreisch nicht los wie ein Mädchen», sagt er freiheraus und lässt mich gehen.
Ich nicke, schlüpfe durch die Tür und steige die Steinstufen zum Korridor hinunter. Er ist düster, nur das Tageslicht, das durch das Eisentor zum Fluss fällt, erhellt ihn. Draußen hüpft eine kleine Jolle auf und ab, in deren Heck ein Bündel Fischernetze liegt. Ein Mann in einem schmutzigen Umhang, den Hut tief ins Gesicht gezogen, wartet an der Pforte, doch seine Körpergröße lässt sich nicht verbergen. Von Lionel gewarnt, schreie ich nicht auf. Ohnehin schreckt mich der Gestank nach altem Fisch so ab, dass ich ihm auch nicht in die Arme falle. Ruhig sage ich: «Bruder, mein Bruder, ich freue mich von ganzem Herzen, dich zu sehen.»
Seine dunklen Augen blitzen unter der breiten Krempe auf, und ich sehe in das lächelnde Gesicht meines Bruders Richard Woodville,
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