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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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nicht, dass dies ein Junge wird; aber ich weiß, dass du noch einen Jungen bekommst, Elizabeth, dessen bin ich mir sicher. Und was für ein Junge das wird! Auch dessen bin ich mir sicher.»
    «Du musst bei mir sein, wenn ich noch einen Prinzen zur Welt bringe. Du willst doch sicher wenigstens einen Prince of York so getauft sehen, wie es sich gehört», sage ich kläglich, als verspräche ich ihr eine Belohnung, wenn sie nur bei uns bleibt. «Du würdest seine Patin werden. Ich würde ihn in deine Obhut geben. Du dürftest seinen Namen aussuchen.»
    «Richard», sagt sie sofort. «Nenn ihn Richard.»
    «Also werd gesund und bleib bei mir und erlebe, wie Richard geboren wird», dränge ich sie.
    Sie lächelt, und erst jetzt sehe ich die verräterischen Zeichen. Die Erschöpfung, selbst wenn sie sich aufrecht hält auf ihrem Stuhl, die Blässe ihres Gesichts und die dunklen Schatten unter den Augen. Wieso ist mir das bisher nicht aufgefallen? Ich liebe sie so sehr, dass ich ihr jeden Tageinen Kuss auf die Wange gebe und vor ihr niederknie, damit sie mich segnet – wieso ist mir noch nicht aufgefallen, wie dünn sie geworden ist?
    Ich werfe die Seidenfäden beiseite und knie zu ihren Füßen, ergreife ihre Hände, spüre plötzlich, wie knochig sie sind, bemerke plötzlich, dass sie voller Altersflecken sind. Ich blicke in ihr müdes Gesicht. «Mutter, du hast mir in allem beigestanden. Du wirst mich doch jetzt nicht verlassen?»
    «Nicht, wenn ich die Wahl hätte», antwortet sie. «Aber ich habe diese Schmerzen seit Jahren, und ich weiß, dass das Ende kommt.»
    «Seit wann?», frage ich heftig. «Wie lange hast du diese Schmerzen schon?»
    «Seit dem Tod deines Vaters», gibt sie ruhig zurück. «An dem Tag, da sie mir berichteten, dass er tot ist, dass sie ihn wegen Verrats enthauptet haben, habe ich gespürt, wie sich tief in mir etwas bewegt hat, als wäre mein Herz gebrochen. Ich wollte bei ihm sein, selbst im Tod.»
    «Aber du kannst mich doch nicht verlassen wollen!», rufe ich selbstsüchtig. Und dann füge ich schlau hinzu: «Und du bringst es doch sicher nicht über dich, Anthony zu verlassen?»
    Darüber muss sie lachen. «Ihr seid beide erwachsen», erwidert sie. «Ihr könnt ohne mich leben. Ihr müsst lernen, ohne mich zu leben. Anthony wird auf Pilgerfahrt nach Jerusalem gehen, das möchte er schon lange. Du wirst miterleben, wie dein Sohn zum Mann heranwächst. Du wirst erleben, wie unsere kleine Elizabeth einen König heiratet und eine Krone bekommt.»
    «Ich bin noch nicht bereit!», jammere ich wie ein verzweifeltes Kind. «Ich kann nicht ohne dich sein!»
    Sie lächelt liebevoll und streichelt meine Wange mitihrer schmalen Hand. «Niemand ist je bereit», sagt sie zärtlich. «Aber du wirst ohne mich zurechtkommen, und durch dich und durch deine Kinder werde ich in England ein Geschlecht von Königen begründet haben. Und Königinnen, glaube ich.»

FRÜHJAHR 1472
    Meine Schwangerschaft nähert sich dem Ende, und der Hof hält sich in dem wunderschönen Palast in Sheen auf, einem Palast für den Frühling, als wir alle von der skandalösen Heirat von Edwards Bruder Richard erschüttert werden. Umso wunderbarer, da niemand gedacht hätte, dass Richard je etwas Skandalöses tun würde. George, ja, denn er verfolgt unablässig seine eigenen Interessen. George hat den Klatschmäulern immer genug Futter geliefert, denn er schert sich nur um sich selbst. Keine Ehre, keine Treue hindert George daran, ganz nach seinem Belieben zu handeln.
    Auch Edward geht seinen eigenen Weg und schert sich nicht darum, was die Leute von ihm halten. Aber Richard! Richard ist der brave Junge der Familie, der am härtesten daran arbeitet, stark zu sein, der lernt, um klug zu sein, der inbrünstig betet, um sich Gottes Gnade würdig zu erweisen, der sich um die Liebe seiner Mutter bemüht und doch weiß, dass er immer im Schatten seines Bruders stehen wird. Dass Richard einen Skandal auslöst, ist, als würde meine beste Jagdhündin plötzlich nicht mehr auf die Jagd gehen wollen. Es widerspricht schlichtweg seinem Charakter.
    Gott weiß, wie sehr ich versuche, Richard zu lieben, denn er ist meinem Gatten stets ein wahrer Freund undguter Bruder gewesen. Ich sollte ihn lieben: Als sie auf einem winzigen Fischerboot aus England fliehen mussten, hat er meinem Gatten beigestanden, ohne zu überlegen, er ist mit ihm ins Exil gegangen und kam mit ihm nach Hause, um ein halbes Dutzend Mal sein Leben aufs Spiel zu setzen. Wenn

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