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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Stirn an seine Brust gelehnt. «Es ist ja entsetzlich, Edward. Das habe ich nicht gewusst.»
    Er legt sich mit ernster Miene zurück. «Ja, es ist entsetzlich», wiederholt er. «Niemand liebt den Frieden mehr alsein Soldat. Ich werde diesem Land Frieden und Loyalität bringen, ich schwöre es. Was auch immer ich tun muss, um es wahr werden zu lassen. Wir müssen diesen endlosen Schlachten Einhalt gebieten. Wir müssen diesen Krieg beenden.»
    «Es ist abscheulich», sage ich. «Es ist gar nichts Ehrenhaftes daran.»
    «Es muss enden», bestätigt er. «Ich muss es beenden.»
    Wir schweigen, und ich glaube schon, dass er eingeschlafen ist, aber er liegt gedankenversunken da, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrt auf den goldenen Baldachin über der Bettstatt. Und als ich ihn frage: «Edward, was ist denn? Beunruhigt dich etwas?», sagt er langsam: «Nein, aber es gibt noch etwas zu tun, bevor ich heute Nacht in Frieden schlafen kann.»
    «Soll ich mitkommen?»
    «Nein, Geliebte, das ist Männerarbeit.»
    «Was?»
    «Nichts. Nichts, worüber du dir Sorgen machen musst. Nichts. Schlaf jetzt. Ich komme später zu dir zurück.»
    Jetzt hat er mich aufgeschreckt. Ich setze mich im Bett auf. «Was, Edward? Wie du aussiehst   … ich weiß nicht   … Was ist los? Bist du krank?»
    Mit plötzlicher Entschlossenheit steht er auf und zieht sich an. «Keine Sorge, Liebes. Ich muss noch etwas erledigen. Erst wenn es vorbei ist, kann ich Ruhe finden. Ich bin in einer Stunde zurück. Schlaf, und wenn ich zurückkomme, wecke ich dich und nehme dich noch einmal.»
    Darüber lache ich und lege mich wieder hin, doch als er leise aus dem Zimmer gegangen ist, schlüpfe ich ebenfalls aus dem Bett und ziehe ein Nachthemd über. Auf bloßen Zehenspitzen schleiche ich ins Audienzzimmer. Die Wächter stehen stumm vor der Tür. Ich nicke ihnen wortloszu, und sie heben ihre Hellebarden und lassen mich passieren. Am oberen Ende der Treppe bleibe ich stehen und schaue hinunter. Das Geländer windet sich wie ein Schneckenhaus nach unten. Ich sehe Edwards Hand auf dem Geländer immer weiter hinabgleiten, bis er das Stockwerk unter uns erreicht hat, in dem die Zimmer des alten Königs liegen. Im Halbdunkel erkenne ich Richards Kopf an der Tür des alten Königs, als zögere er noch hineinzugehen. Georges Stimme schallt nach oben: «Wir dachten schon, du hättest es dir anders überlegt!»
    «Nein. Es muss sein.»
    Da weiß ich, was sie vorhaben, die drei goldenen Brüder von York, die ihre erste Schlacht unter den drei Sonnen am Himmel gewonnen haben, die von Gott gesegnet sind, sodass sie nie verlieren. Aber ich tue nichts, um sie daran zu hindern. Ich laufe nicht hinunter, ich hänge mich nicht an Edwards Arm, und ich beschwöre ihn nicht, dass er das nicht darf. Ich weiß, dass er zaudert, und doch ergreife ich nicht die Partei der Nächstenliebe und des Gottvertrauens. Ich frage mich nicht: Wenn sie ihm das antun, was können andere uns dann antun? Ich sehe den Schlüssel in Edwards Hand, ich höre, wie er aufschließt, wie sich die Tür zu den Räumen des Königs öffnet, und ich lasse die drei hineingehen, ohne ein Wort zu sagen.
    Henry, Verrückter oder Heiliger, ist ein gesalbter König. Sein Körper ist heilig. Er ist im Herzen seines Königreichs, in seiner eigenen Stadt, seinem eigenen Tower. Hier muss er sicher sein. Er wird von guten Männern bewacht. Er ist ein Ehrengefangener des Hauses York. Er sollte hier so sicher sein wie an seinem eigenen Hof. Er vertraut darauf, dass er bei uns sicher ist.
    Ein alter Mann gegen drei junge Krieger. Wie bringen sie es über sich, da nicht Gnade walten zu lassen? Er istihr Cousin, ihr Verwandter, und alle drei haben vor Zeiten geschworen, ihn zu lieben und ihm treu zu sein. Er schläft wie ein Kind, als die drei in sein Zimmer eindringen. Was wird mit uns geschehen, wenn sie sich überwinden können, einen Mann zu ermorden, der so unschuldig und so hilflos ist wie ein schlafender Junge?
    Ich weiß, dass ich den Tower aus diesem Grund immer gehasst habe und dass mich der hohe, dunkle Palast am Ufer der Themse aus diesem Grund immer mit bösen Vorahnungen erfüllt hat. Dieser Mord lastet auf meinem Gewissen, noch bevor wir ihn begangen haben. Wie sehr er mich bedrückt, das wissen nur Gott und mein Gewissen. Und welchen Preis werde ich dafür zahlen müssen, dass ich stumme Zeugin ihres Tuns war, ohne ein einziges Wort des Protests?
    Ich gehe nicht in Edwards Bett zurück. Ich will

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