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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Tod durch Georges Hand auf Befehl Warwicks ist das liebende Herz meiner Mutter zerbrochen, und wenn sie die beiden nicht verräterisch gemeuchelt hätten, dann würde auch meine Mutter jetzt noch leben.
    Es ist Sommer, eine Zeit unbekümmerter Vergnügungen, doch ich nehme meinen Kummer mit, zu Picknicks und auf Ausflüge, auf lange Ausritte über Land und nachts unter dem Herbstmond zur Tagundnachtgleiche. Edward erhebt meinen Sohn Thomas Grey zum Earl of Huntingdon, doch auch das heitert mich nicht auf. Ich spreche mit niemandem über meine Traurigkeit, außer mit meinem Bruder Anthony. Wir reden nur selten über sie. Es ist, als würden wir es nicht über uns bringen, von ihr als Toterzu sprechen, und wir können uns nicht anlügen und so tun, als lebte sie noch. Doch George, Duke of Clarence, gebe ich die Schuld an ihrem gebrochenen Herzen und an ihrem Tod.
    «Ich hasse George of Clarence mehr denn je», sage ich zu Anthony, als wir zusammen die Straße nach Kent hinunterreiten, mit der Aussicht auf ein Bankett und eine Woche Reise auf grünen Feldwegen durch Apfelwiesen. Mein Herz sollte unbeschwert sein, denn der Hof ist glücklich. Doch das Gefühl meines Verlusts begleitet mich stets.
    «Weil du eifersüchtig bist», sagt Anthony provokativ. Mit einer Hand hält er die Zügel des Pferds, mit der anderen führt er meinen kleinen Sohn, Prinz Edward, auf seinem Pony. «Du bist eifersüchtig auf jeden, den Edward liebt. Du bist eifersüchtig auf mich, du bist eifersüchtig auf William Hastings und auf jeden, der den König einlädt und mit ihm zu den Huren geht und ihn betrunken nach Hause bringt und ihn amüsiert.»
    Ich zucke die Achseln, Anthonys Frotzeleien kümmern mich nicht. Ich weiß längst, dass der König großes Vergnügen an unmäßigen Trinkgelagen mit seinen Freunden hat, und andere Frauen aufzusuchen liegt in seiner Natur. Ich habe gelernt, es zu tolerieren, vor allem, weil es ihn nie lange von meinem Bett fernhält. Und wenn wir zusammen sind, ist es, als hätten wir just am Morgen heimlich geheiratet. Er war als Soldat auf Feldzügen, weit von der Heimat entfernt, da standen ihm hundert Dirnen zur Verfügung. Er war als Verbannter in Städten, in denen die Frauen herbeigeeilt sind, um ihn zu trösten. Und jetzt ist er König von England, und jede Frau in London wäre glücklich, ihn zu haben – ich glaube wahrlich, die Hälfte von ihnen hat ihn gehabt. Er ist König. Ich habe mir nie eingebildet, einengewöhnlichen Mann mit mäßigem Appetit geheiratet zu haben. Ich habe nie einen Ehegatten erwartet, der still zu meinen Füßen sitzt. Er ist König: Er ist verpflichtet, seiner Wege zu gehen.
    «Nein, da täuschst du dich. Edwards Hurerei stört mich nicht. Er ist König, er kann sich vergnügen, wo und wie er will. Und ich bin die Königin, und er wird immer zu mir nach Hause zurückkehren. Jeder weiß das.»
    Anthony nickt, in dem Punkt muss er mir recht geben. «Aber ich verstehe nicht, warum du deinen Hass allein auf George richtest. Die ganze Familie des Königs, da ist doch einer nicht besser als der andere. Seine Mutter verachtet dich und uns alle seit dem Tag, da wir zum ersten Mal in Reading aufgetaucht sind, und Richard wird mit jedem Tag schwieriger und verdrießlicher. Der Frieden bekommt ihm nicht, so viel ist sicher.»
    «Wir bekommen ihm nicht», widerspreche ich. «Er ist grundverschieden von seinen beiden Brüdern: klein und dunkel und dermaßen besorgt um seine Gesundheit und seine Stellung und seine Seele, ewig in der Hoffnung auf ein Vermögen, ewig ein Gebet auf den Lippen.»
    «Edward lebt, als gäbe es kein Morgen, Richard, als wollte er kein Morgen, und George, als müsste er es umsonst bekommen.»
    Ich lache. «Also, ich könnte Richard besser leiden, wenn er so schlimm wäre wie ihr Übrigen», bemerke ich. «Und seit er geheiratet hat, ist er noch rechtschaffener. Er hat immer auf uns Rivers herabgeschaut; jetzt schaut er auch auf George herab. Und diese schwülstige Frömmigkeit ist mir unerträglich. Manchmal sieht er mich an, als wäre ich ein   …»
    «Ein was?»
    «Ein dickes Fischweib.»
    «Nun», sagt mein Bruder. «Um ehrlich zu sein, du wirst nicht jünger, und in einem bestimmten Licht   …»
    Ich gebe ihm mit meiner Reitgerte einen Klaps, und er lacht und zwinkert Baby Edward auf seinem kleinen Pony zu.
    «Es gefällt mir nicht, dass er den ganzen Norden unter sich hat. Edward hat ihn zu groß gemacht. Er hat ihn zum Prinzen in seinem eigenen Fürstentum

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