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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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dieser Spaß neulich – hast du das genossen? Macht es dich an, dich mit dem Volk einzulassen und dann anderen davon zu erzählen? Ich kann nicht glauben, wie viel Gefühle ich in Sorge um dich verschwendet habe«, sagte er mit leiser werdender Stimme und trat erneut einen Schritt auf sie zu. »Wie viel Angst ich hatte, ich könne dich irgendwie verletzen. Ich habe dich für harmlos gehalten!«
    Obwohl sie wusste, dass es unbeherrscht und unklug war, packte sie ihn am Arm. »Saf, ich schwöre dir, ich bin nicht deine Übeltäterin. Ich bin genauso perplex wie du. Ich bin auf deiner Seite! Ich versuche die Wahrheit herauszufinden! Und ich habe niemandem auch nur das kleinste Detail über dich erzählt – außer Bo«, ergänzte sie verzweifelt, »und auch er weiß die intimeren Dinge nicht. Sonst weiß kaum jemand, dass ich nachts überhaupt rausgehe!«
    »Du lügst schon wieder«, sagte er und versuchte sie abzuschütteln. »Lass mich los.«
    Sie klammerte sich an ihn. »Nein. Bitte.«
    »Lass mich los«, stieß er zwischen den Zähnen hervor, »oder ich schlage dich ins Gesicht und muss mich vor meinem Prinzen schämen.«
    »Ich will, dass du mich ins Gesicht schlägst«, sagte sie, was nicht stimmte, aber wenigstens gerecht wäre. Ihre Wachen hatten ihn ja auch ins Gesicht geschlagen.
    »Ja, sicher«, sagte er, »damit ich dann direkt wieder im Gefängnis lande.« Er entwand ihr seinen Ärmel und sie gab auf, kehrte ihm den Rücken zu und schlang verzweifelt die Arme um sich.
    Schließlich sagte sie mit leiser, klarer Stimme: »Ich habe gelogen, Saf, aber nie in der Absicht, dir oder deinen Freunden oder irgendwelchen Wahrheitssuchern oder sonst irgendjemandem wehzutun, ich schwöre es. Ich bin ursprünglich nur rausgegangen, um mir anzusehen, wie es nachts in meiner Stadt aussieht, weil mich meine Ratgeber unwissend in einem Turm sitzen lassen und ich Bescheid wissen wollte. Ich hatte nie vor dich zu treffen. Ich hatte nie vor dich zu mögen und auch nicht, deine Freundin zu werden. Als es dann so weit war, wie hätte ich dir die Wahrheit sagen können?«
    Sie konnte ihn nicht sehen, aber er schien zu lachen. »Du bist unglaublich.«
    »Warum? Was ist? Erklär mir, was du meinst!«
    »Du scheinst diesen Tagtraum zu haben, dass wir Freunde waren, als wir Zeit miteinander verbracht haben, ohne dass ich wusste, dass du die Königin bist. Ebenbürtig. Aber Wissen ist Macht. Du wusstest, dass du die Königin warst, und ich nicht. Wir waren nie ebenbürtig und in einer Freundschaft …«, er hielt inne. »Deine Mutter ist tot«, fügte er in anderem Tonfall, bitter und endgültig, hinzu. »Du hast mich in allem belogen.«
    »Ich habe dir Dinge erzählt, die für mich kostbarer waren als die Wahrheit«, flüsterte sie.
    Leeres Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Distanz. Es dauerte sehr, sehr lange.
    »Nehmen wir mal einen Moment an«, sagte er schließlich, »dass du die Wahrheit sagst und nicht diejenige bist, die hinter den Angriffen steckt.«
    »Ich sage die Wahrheit«, flüsterte sie. »Saf, ich schwöre es. Das Einzige, worüber ich gelogen habe, ist, wer ich bin.«
    Ein weiteres kurzes Schweigen. Als er weitersprach, klang seine Stimme so traurig und ruhig, dass sie sie gar nicht mit dem Saf in Einklang bringen konnte, den sie kannte. »Ich glaube nicht, dass dir klar ist, wer du bist«, sagte er. »Ich glaube, du verstehst gar nicht, wie weitreichend die ganze Sache ist und wie sehr du mich im Stich gelassen hast. Du stehst so hoch oben in der Welt, dass du gar nicht bis zu mir runtergucken kannst. Du siehst nicht, was du getan hast.« Und damit ging Saf um sie herum und verschwand ohne Abschied in den Vorraum, wo er so schnell durch die Eingangstür drängte, dass Bitterblue einen kleinen überraschten Laut ausstieß, als sie feststellte, dass sie allein war.
    Langsam richtete sie sich auf, drehte sich um sich selbst und betrachtete das Zimmer, die Mittagssonne. Sie ließ den Blick zur Uhr auf dem Kaminsims schweifen, um zu sehen, wie viele Stunden des Tages sie noch durchleben musste, bevor sie sich in ihrem Bett verkriechen konnte.
    Aber ihre Augen kamen gar nicht bis zur Uhr, denn die Krone war von ihrem Samtkissen verschwunden.
    Bitterblue drehte sich hektisch im Kreis, ihr Körper weigerte sich zu verstehen, was ihr Verstand längst begriffen hatte, aber natürlich war die Krone auch sonst nirgendwo im Raum. Sie zischte Safs Namen, rannte hinter ihm her, platzte durch die Eingangstüren und sah

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