Die Königliche (German Edition)
ich zählen kann. Ich fürchte, ich kann nicht viel mehr als das Allergrundlegendste über sie sagen. Die meisten sind kleinere Knochen. Ich habe Teile von mindestens siebenundvierzig verschiedenen Schädeln gefunden und versuche, die Skelette zusammenzusetzen. Wir haben ein improvisiertes Labor in den Fremdenzimmern des Gasthofs eingerichtet. Wir haben Glück, dass der Wirt sich für Wissenschaft und Geschichte interessiert. Ich bezweifle, dass es viele Gastwirte gibt, die gerne ihre Fremdenzimmer voller Knochen hätten.
Sapphire möchte Ihnen auch noch einige Zeilen schreiben. Er sagt, Sie würden das Schlüsselwort kennen.
Dann folgte ein Abschnitt in einer der unleserlichsten Handschriften, die Bitterblue je gesehen hatte, so wirr, dass sie einen Moment brauchte, um festzustellen, dass es sich wirklich um eine Chiffre handelte. Zwei mögliche Schlüsselwörter kamen ihr in den Sinn. Um sich zu schützen, probierte sie das schmerzhaftere zuerst aus. Lügnerin . Es funktionierte nicht. Aber das zweite brachte folgende Nachricht hervor: du hattest recht damit, lienid-wache zu schicken, und ich danke dir dafür. haben mann mit messer abgefangen, der im lager auf mich zukam, als ich kalt, nass und unfähig war zu kämpfen. wilder mann, außer sich, konnte keinen grund nennen, keinen namen, wer ihn angeheuert hat. taschen voller geld. so machen sie es. suchen sich verlorene seelen aus, verzweifelte leute ohne motiv, die sie nicht beschuldigen könnten, selbst wenn sie wollten, so sieht es aus wie zufälliges sinnloses verbrechen. sei vorsichtig. wird druckerei bewacht?
Die Druckerei wird bewacht , schrieb Bitterblue zurück und verwandte dafür dasselbe Schlüsselwort. Sie zögerte, dann fügte sie hinzu: Sei Du auch vorsichtig in dem kalten Wasser, Saf.
Das Schlüsselwort lautete Sparks . Bitterblue konnte die winzige Hoffnung, die in ihr aufstieg, nicht zurückdrängen, dass ihr verziehen worden war.
In der Zwischenzeit lagen Ashens Stickereien vernachlässigt in Haufen auf dem Boden ihres Schlafzimmers und verbargen drei von Lecks Büchern unter sich. Bitterblue verbrachte so viel Zeit, wie sie erübrigen konnte, mit der Nase in einem dieser Bücher, bekritzelte Papierfetzen um Papierfetzen und ließ in Gedanken jede Entschlüsselungstechnik, von der sie je gelesen hatte, Revue passieren – oder versuchte es zumindest. Sie hatte so etwas vorher nie tun müssen. Sie hatte Nachrichten mit den kompliziertesten Chiffremethoden, die sie sich vorstellen konnte, verschlüsselt und das Systematische daran genossen, die schnellen Berechnungen ihres Verstands. Aber zu dechiffrieren war etwas völlig anderes. Sie kannte die grundlegenden Prinzipien der Entschlüsselung, aber als sie versuchte, dieses Wissen auf Lecks Zeichen anzuwenden, fiel alles immer wieder auseinander. Stellenweise konnte sie Muster erkennen. Sie konnte Reihen aus vier oder fünf oder sogar sieben Zeichen entdecken, die hier und da in genau derselben Folge wiederauftauchten, was ein gutes Zeichen war. Wiederholungen einer bestimmten Zeichenfolge in einem chiffrierten Text ließen auf ein wiederholtes Wort schließen. Aber die Wiederholungen waren sehr selten, was wiederum auf eine wechselnde Folge von mehr als nur einem Chiffre-Alphabet schließen ließ, und es war keine große Hilfe, dass die Gesamtzahl der benutzten Zeichen zweiunddreißig umfasste. Zweiunddreißig Zeichen, um sechsundzwanzig Buchstaben darzustellen? War den übrigen Zeichen kein Buchstabe zugeordnet? Dienten sie als Alternativen für die gängigsten Buchstaben wie E und T , um es schwieriger zu machen, die Chiffre zu entschlüsseln, wenn man die Häufigkeit der Buchstaben untersuchte? Standen sie für Konsonantenverbindungen wie CH und SCH ? Bitterblue bekam Kopfschmerzen davon.
Todd war mit der Chiffre auch nicht viel weitergekommen und war noch abgekämpfter und gereizter als üblich. »Ich habe, glaube ich, herausgefunden, dass es sechs verschiedene, abwechselnd verwendete Alphabete gibt«, sagte Bitterblue eines Abends zu ihm. »Was nahelegt, dass das Schlüsselwort aus sechs Buchstaben besteht.«
»Das habe ich schon vor Tagen herausgefunden!«, schrie er beinahe. »Lenken Sie mich nicht ab!«
Wenn sie manchmal Thiel beobachtete, wie er in ihrem Turm herumwankte, fragte sich Bitterblue, was wirklich der Grund dafür war, dass sie die Existenz der Tagebücher vor ihm geheim hielt. Hatte sie Angst davor, dass er sich einmischen würde? Oder eher vor dem Schaden, den seine
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