Die Königsmacherin
großen Fuß. Übrigens findet sich an alten französischen und burgundischen Kirchen auch heute noch das in Stein gehauene Bildnis der ›Reine Pédaque‹ mit dem Schwanen- oder Gänsefuß.
Was also ist in diesem Buch erfunden und was ist wahr? Ich behaupte, es hat sich so zugetragen, wie ich es niedergeschrieben habe. Natürlich ist der Sklave Teles meiner Phantasie entsprungen, nicht jedoch das Leben, das Sklaven zu jener Zeit unter diesen Umständen führten. Seine Existenz wäre beispielsweise eine Erklärung dafür, daß Karl der Große Griechisch verstand, eine Sprache, die in unseren Breiten im frühen Mittelalter nicht einmal in den Klöstern richtig gepflegt wurde.
Die Liebesgeschichte zwischen Karlmann und Bertrada ist nirgendwo dokumentiert, doch ich habe sie keinesfalls aus rein dramaturgischen Gründen in meinen Roman eingebaut, sondern damit Antworten auf zwei Fragen gegeben, über die sich Historiker heute noch den Kopfzerbrechen: Warum Karlmann als König zurücktrat und ins Kloster ging, und weshalb die Frau seines ihm doch entfremdeten Bruders bei seinem Tod im fernen Vienne zugegen war.
Romanautoren dürfen sich mehr erlauben als Historiker. Letzteren gibt das Geburtsdatum Karls des Großen immer noch Rätsel auf; ich aber habe mich dafür entschieden, daß er 748 zur Welt kam und nicht etwa 742 oder 747, Daten, die auch zur Debatte stehen. Hier schließe ich mich den logischen Schlußfolgerungen an, die der Historiker Dieter Hägermann in seiner 2003 erschienenen großartigen Biographie über Karl den Großen zieht. Ist er nun ehelich oder unehelich geboren? Auch darauf habe ich eine Antwort gefunden. Es war eine sehr schöne Herausforderung, die drei stark voneinander abweichenden historischen Versionen über den Zeitpunkt der Eheschließung von Pippin und Bertrada allesamt in meinen Roman einzubauen.
Selbst Einhard, der als Biograph Karls des Großen an dessen Hof lebte, behauptet, nichts über Kindheit und Jugend des Mannes zu wissen, mit dem er doch täglich zu tun hatte und der ausgesprochen geschwätzig gewesen sein soll. Es ist bekannt, daß er vor allem gern Geschichten über seine Ahnen erzählt hat. Und dabei hat er ausgerechnet Vater und Mutter ausgelassen? Das erscheint nicht sehr glaubhaft. Wahrscheinlicher ist, daß er Einhard untersagt hat, über seine frühen Jahre zu schreiben. Denn möglicherweise hätte die Vergangenheit seiner Eltern ein ungünstiges Licht auf das Bild des großen Kaisers geworfen, der immerhin als einer der frühen Meister der Selbstdarstellung galt.
Die Forschung kann sich bis zum heutigen Tag auch nicht auf einen Geburtsort Karls einigen – rund vierzig Stätten in Deutschland, Frankreich und Belgien streiten um diese Ehre. Wer kann einen Beweis dafür erbringen, daß er nicht in Prüm geboren wurde, wo einst die von Pippin, Bertrada und Karl so reichbeschenkte spätere Hausabtei der Karolinger stand. Von dem Kloster ist leider überhaupt nichts mehr vorhanden. Die heutige Bertradaburg in Mürlenbach stammt aus dem späteren Mittelalter, ist aber vermutlich auf den Trümmern von Frau Bertas Burg erbaut worden. Die beiden Römerstraßen, die in der Nähe verliefen, lassen die Annahme zu, daß die im Roman beschriebene Burg auf den Resten eines römischen Kastells errichtet wurde.
Historisch tritt Bertrada eigentlich erst mit der Königssalbung in Soissons in Erscheinung. Und natürlich bei der Neugründung des Klosters Prüm im darauffolgenden Jahr. In der Saint-Salvator-Basilika zu Prüm, die das Grab des Karolinger-Kaisers Lothar beherbergt, prangt sogar ein Gemälde, das Pippin und Bertrada bei der Neugründung der Abtei zeigt. Allerdings stammt das Bild aus dem achtzehnten Jahrhundert.
Die Sandale Jesu und die Pantoffeln von Papst Zacharias werden dort am Altar in einem sehr aufwendig gearbeiteten Schrein aufbewahrt. Es scheint gesichert zu sein, daß diese Reliquien tatsächlich dieselben sind, die Pippin im Jahr 756 aus Rom mitgebracht hat.
Jedenfalls hat mir das Monika Rolef aus Prüm erzählt, der ich an dieser Stelle für ihre Informationen herzlich danken will. Sie ist Prümer Spezialistin für die ältere Bertrada – in meinem Buch Frau Berta genannt – und für vieles, was mit der alten Abtei und der heutigen Basilika zusammenhängt.
Danken möchte ich auch dem überraschend verstorbenen Werner Blindert, dem ehemaligen Leiter des sehr anspruchsvollen Geschichtsblattes ›Prümer Landbote‹, das mir viele wertvolle Informationen
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