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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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die letzten Haare vom Kopf, und wenn das so weitergeht, muss ich
sogar bei den Bauern anschreiben lassen, und eigentlich sollte das doch eher
umgekehrt der Fall sein!<<.
    Gerolf hatte kein Mitleid mit
Ansgar gehabt und wusste, dass er diesmal wieder keines haben würde. Ach, der
Unzen-Brut ging es doch gut! Sie besaßen eine gut laufende Wirtschaft und
schlugen sich selbst noch die Bäuche voll aus ihren gut gefüllten
Speisekammern, in denen sie über das Jahr heimlich Rauchfleisch und Speck
horteten.
    Natürlich musste Ansgar
verschweigen, wie viel er wirklich besaß, das wusste Gerolf, da sonst in den
kalten Wintermonaten die Hungermäuler reihenweise an seiner Türe kratzen
würden. Deshalb jammerte er immerzu mit großen Gesten und so laut, dass es auch
noch jedes letzte taube Mütterchen hören musste, wie ach, so schwierig es doch
sei, in diesen Zeiten eine Wirtschaft zu führen - die vielen Anschreiber und
die Met-Preise!
    Im Gegensatz dazu trug er, während
er so zeterte, eine große Plauze vor sich her, die, je nach Grad seiner
Erregung, schnell auf und nieder wippte. Jeder ahnte, dass er winters tatenlos 
zusah, wie der Hunger im Dorf umging. Gerolf hingegen hatte sein Leben lang nur
Armut gekannt und selbst jetzt, wo er viele Unzen in seinem Säckel und selbst eine
stattliche Wampe vorzuweisen hatte, konnte er die alte Gewohnheit nicht ruhen
lassen, bei jeder Gelegenheit, die sich ihm bot, soviel einzuheimsen wie irgend
möglich.
    Hätte er in dieser Stunde ein
wenig mehr auf seinen Weg geachtet, und nicht immer und immer wieder die
Speisen in seinem Kopf aufgezählt, um die er Ansgar diesmal erleichtern würde,
so hätte er diesen Tag höchstwahrscheinlich lebend überstanden. In Gedanken
versunken jedoch trabte er mit seiner alten Mähre und seiner vollgepackten
Kiepe auf dem Rücken, unversehens durch den flüsternden Grund am Bachlauf
entlang, geradewegs in den Raunewald hinein, ohne die Unholde, die in diesem
Wald herrschte, an der Grenze zu ihrem Reich um Erlaubnis für seinen Eintritt
zu bitten. Und dies, so wusste jedes Kind in dieser Gegend, war ein fataler
Fehler! Denn vor der alten Gryla musste man sich ganz besonders in Acht nehmen.
    Sie war eine der Unbarmherzigsten
unter den Hexen. Seit endloser Zeit trieb sie im Raunewald ihr Unwesen, das
Urmitz wie eine Faust im Würgegriff hielt. Seit Jahrhunderten waren die
Urmitzer - und immer wieder aufs Neue jeder Einzelne ihrer unseligen Nachfahren
- der Hexe hilflos ausgeliefert. Ihr Los war es, Missernten, Schadenszauber und
Viehsterben zu erdulden, ja sogar dazu noch Getreide und Fleisch als Opfer
bringen zu müssen, ohne je aufbegehren zu können. Sie hatten große Angst, dass
es ihnen genauso erging, wie den drei Bedauernswerten, die vor langer Zeit
einmal versucht hatten,  Urmitz zu verlassen.
    Erst als Gerolf kurz stehen blieb,
um sich zu orientieren, weiteten sich plötzlich seine Augen und ein heißer
Schrecken durchfuhr ihn. Er war schon tief in den Raunewald hineingeritten und
fast im selben Augenblick, als er sein Ungemach erkannte, bemerkte er aus dem
Augenwinkel heraus etwas Wippendes schräg über ihm. Er hob den Kopf und sah die
Alte dort oben hocken. Auf einer Tannenspitze saß sie und pendelte langsam hin
und her. Ihre Bewegungen verrieten übermütige Vorfreude, wie die eines
bösartigen Kindes, das sich freut, etwas zu Tode quälen zu dürfen.
    Er konnte ihr Grinsen unter der
dunklen Kapuze erahnen, und gleich darauf schrie sie ihre diebische Freude über
seinen Fehltritt mit gellendem Gelächter heraus.
    Ihr dunkler Umhang flatterte um
den dürren Körper, und hinter ihr begann der Mond geisterhaft schnell zu
wachsen, bis es fast taghell um Gerolf war, der wie angewurzelt dastand und
dessen bebender Körper einen langen Schatten auf den Waldboden warf. Jägermond,
durchfuhr es ihn. Er hatte davon gehört … Wenn die Alte auf Jagd ging, dann
machte sie es sich hell.
    Er schnappte nach Luft und
versuchte verzweifelt die fehlenden Worte nachzuholen, die er schon vor einer
Stunde hätte sprechen müssen: >> Alte vom Raunewald … lass mich herein
…<<, stammelte er mit zittriger Stimme gegen das aufschwellende Heulen
des Windes an. Seine Gedanken verwirrten sich in heller Panik und er konnte
sich plötzlich nicht mehr an den Reim erinnern, den er doch schon so oft und so
gewissenhaft an der richtigen Stelle laut ausgerufen hatte.
    Jetzt schlug die Tanne mit der
kreischenden Hexe stärker und immer stärker hin und her, und der

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