Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation
weiteren Vorteil: Es begrenzt die Möglichkeit, negative Emotionen auszudrücken.
Das Problem der Negativität
Extreme Kürze hält die Emotionszentren des Gehirns davon ab, Gespräche zu sabotieren. Wut und Ärger werden vermieden, bevor sie ausbrechen können. Wie wir im gesamten Buch immer wieder betonen, werden Wut und Ärger kaum jemals funktionieren. Die Neurologie unterstützt diese These, aber sie widerspricht dem verbreiteten Glauben, dass man seine Frustration ausdrücken muss, um Wut und Ärger effektiv zu verarbeiten. Wenn man es nicht tue, so behaupten einige Therapeuten, sei man nicht ehrlich zu sich selbst.
Aber in dem Moment, in dem man auch nur die geringste Negativität ausdrückt, verstärkt diese die Negativität sowohl im Gehirn des Sprechers wie dem des Hörers. Anstatt den Ärger loszuwerden, verstärkt man ihn, und das kann mit der Zeit irreparable Schäden verursachen, nicht nur in Beziehungen, sondern auch im Gehirn selbst. Gedächtnis und kognitive Fähigkeiten können geschädigt werden, außerdem die Fähigkeit, soziale Situationen richtig einzuschätzen und angemessen darauf zu reagieren. 8 Die Fähigkeit zu rationalen Entscheidungen wird eingeschränkt, 9 und man hegt eher Vorurteile gegenüber anderen Menschen. 10 Besonders gefährlich wird Ärger dadurch, dass er einen auch für die eigene Wut blind macht. Er vermittelt so ein falsches Gefühl der Sicherheit, des Selbstvertrauens und Optimismus. 11
Seinen Ärger auszudrücken ist destruktiv, aber das heißt nicht, dass man negative Gefühle vollständig unterdrücken sollte. Auch das kann schädlich sein, weil unbewusster Ärger – und der ständige Strom von Stresshormonen und Neurochemikalien, die er auslöst – einen buchstäblich lebendig auffressen kann und die Emotionsregulierungszentren des Gehirns schädigt.
Forschungen zeigen, dass man mit solcher Negativität am besten umgeht, indem man sie innerlich beobachtet, ohne darauf zu reagieren und ohne sie zu beurteilen. Der nächste Schritt ist, jedes negative Gefühl und jeden negativen Gedanken bewusst so umzuformen, dass er in eine positive, mitfühlende und lösungsorientierte Richtung führt. Wie die renommierte Psychologin Barbara Fredrickson demonstriert hat, ist es wichtig, mindestens drei bis fünf positive Gedanken als Reaktion auf jede negative Reaktion zu erzeugen. Wenn man das tut, wird die Arbeit florieren, und die persönlichen Beziehungen werden gedeihen. 12 Wenn man es nicht tut, gelingen weder Arbeit noch Beziehungen.
Es gibt noch einen anderen Weg, um zu verhindern, dass sich Negativität in das Gespräch einschleicht: Drücken Sie häufig Ihre Zustimmung aus. Je öfter, desto besser, aber es muss von Herzen kommen und ehrlich sein. Sprechen Sie über positive Ereignisse in Ihrem Leben, anstatt sich über die Welt zu beklagen. Wenn es um positive und negative Gefühle geht, funktioniert das Gehirn wie ein An-aus-Schalter: Es kann sich nicht gleichzeitig auf beide konzentrieren, und wie wir im nächsten Kapitel erklären werden, ist die Negativität stärker. Deshalb müssen wir so viel Positivität wie möglich aufrechterhalten, wenn wir möchten, dass unsere Arbeit, unsere Beziehungen und unser Leben florieren. 13
Denken Sie nach, bevor Sie sprechen
In unseren Forschungen hat sich herausgestellt, dass es zu Problemen für den Zuhörer führen kann, wenn man spontan und ohne Kontrolle redet. Wir fügten also noch eine weitere Regel hinzu: Bevor Sie sprechen, fragen Sie sich, ob der Gesprächspartner möglicherweise verärgert auf Ihre Äußerung reagiert. Falls die Antwort »Ja« oder auch nur »Vielleicht« ist, äußern Sie den Gedanken fürs Erste nicht, oder notieren Sie ihn erst einmal. Später ist Ihr Gesprächspartner vielleicht eher bereit, sich anzuhören, was Sie sagen möchten, und bis dahin können Sie über andere Wege nachdenken, das zu vermitteln, was Sie mitteilen wollen.
Im Berufsleben kann eine ungeschickt formulierte Aussage einen wichtigen Geschäftsabschluss gefährden oder einen sogar den Job kosten. Viele Menschen machen sich allerdings nicht klar, dass dasselbe Prinzip auch für persönliche und Familienbeziehungen gilt. Warum neigt man zu Hause so sehr dazu, nicht nachzudenken, bevor man etwas sagt? Es gibt viele Gründe dafür, aber einer der häufigsten ist Erschöpfung. Nach einem langen ermüdenden Arbeitstag sind die »Mitgefühlsschaltkreise« im Gehirn träge. Wir werden ungeduldig und können nicht mehr so klar
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