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Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan

Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan

Titel: Die Kraft der Stille. Neue Lehren des Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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versucht«, seufzte Don Juan. »Aber ich war unausstehlich. Ich wußte alles besser. Die beiden Männer redeten sich den Mund fusselig - und ich hörte nie auf ihre Worte.«
    Um Don Juan aus dieser Sackgasse herauszuhelfen, versuchte der Nagual Julian ihn noch einmal - diesmal auf andere Weise - zu einer freien Bewegung des Montagepunkts zu zwingen.
    Ich unterbrach ihn und fragte, ob dies vor oder nach seinem Erlebnis am Fluß gewesen sei. Don Juan erzählte seine Geschichten nicht in der zeitlichen Reihenfolge, die ich mir gewünscht hätte. »Dies war ein paar Monate später«, erwiderte er. »Aber glaube nur ja nicht, ich hätte mich geändert, nachdem ich die doppelte Wahrnehmung erlebt hatte. Ich war weder klüger noch einsichtiger geworden.
    Denk nur an deine eigene Erfahrung«, fuhr er fort. »Immer wieder habe ich deine Kontinuität unterbrochen - ich habe sie förmlich in Fetzen gerissen. Und was tust du? Du tust noch immer so, als wäre sie intakt. Dies ist eine der großen Leistungen der Magie – des Beabsichtigens.
    Bei mir war es ähnlich wie bei dir. Unter der Wucht meiner Erlebnisse kehrte ich für eine Weile um. Dann vergaß ich alles und knüpfte die abgerissenen Fäden wieder an, als wäre nichts geschehen. Aus diesem Grund glaubte mein Wohltäter, daß wir uns nur ändern können, wenn wir sterben.«
    Don Juan fuhr fort mit seiner Erzählung und sagte, der Nagual Julian habe Tulio - das ungesellige Mitglied der Hausgemeinschaft - ausersehen, um Don Juans psychischer Kontinuität einen letzten Schlag zu versetzen.
    Alle Lehrlinge, und auch er selbst, sagte Don Juan, waren sich damals - auch wenn sie immer stritten - in einem Punkt einig: nämlich, daß Tulio ein mieser und arroganter Wicht sei. Sie haßten Tulio, weil er ihnen aus dem Weg ging oder sie schnitt. Er behandelte sie so verächtlich, als wären sie Dreck. Dabei waren sie überzeugt, daß Tulio nur deswegen nicht mit ihnen sprach, weil er nichts zu sagen hatte. Und sie glaubten, daß sein auffälligstes Charaktermerkmal - seine arrogante Distanziertheit - nur als Tarnung für seine Schüchternheit diente.
    Trotz seines widerlichen Charakters hatte Tulio, zum Verdruß aller Lehrlinge, großen Einfluß auf die Hausgemeinschaft. Vor allem auf den Nagual Julian, der anscheinend einen Narren an ihm gefressen hatte.
    Eines Morgens schickte der Nagual Julian alle seine Lehrlinge auf Besorgungen in die Stadt. Don Juan blieb als einziger zu Hause - neben den älteren Mitgliedern der Hausgemeinschaft.
    Gegen Mittag ging der Nagual Julian in sein Büro, um die tägliche Buchhaltung zu machen. Im Vorbeigehen bat er Don Juan, ihm bei der Kontoführung zu helfen.
    Don Juan begann die Rechnungen zu prüfen, und bald sah er, daß er zur Fortführung seiner Arbeit eine Information benötigte, die Tulio - als Aufseher über die Liegenschaften - besaß. Er hatte vergessen, sie aufzuschreiben.
    Der Nagual Julian ärgerte sich über Tulios Schlamperei - was Don Juan herzlich freute. Ungeduldig befahl er ihm, Tulio - der irgendwo draußen die Feldarbeiter beaufsichtigte - zu suchen und ins Büro zu bringen.
    Don Juan war begeistert über die Aussicht, Tulio schikanieren zu können. Er lief eine halbe Meile weit über die Felder - natürlich in Begleitung eines Arbeiters, als Schutz vor dem Ungeheuer. Und dann fand er Tulio, der wie üblich die Arbeiter aus der Feme beobachtete. Don Juan hatte herausgefunden, daß Tulio den direkten Kontakt mit den Leuten verabscheute. Damm beaufsichtigte er sie stets aus der Ferne.
    Herrisch und in grobem Ton befahl Don Juan, Tulio solle mitkommen zum Haus, wo der Nagual ihn benötige. So leise, daß es kaum zu hören war, antwortete Tulio, er habe noch zu tun. In einer Stunde werde er sich freimachen und kommen.
    Don Juan ließ nicht locker. Denn er wußte, Tulio würde sich nicht die Mühe machen, mit ihm zu streiten. Er würde einfach den Kopf abwenden und ihn ignorieren. Aber wie erschrak er, als Tulio anfing, ihn mit wüsten Schimpfworten abzukanzeln. Die Szene war so untypisch für Tulio, daß sogar die Feldarbeiter die Hände sinken ließen und fragende Blicke tauschten. Die braven Leute, so glaubte Don Juan, hatten Tulio noch niemals die Stimme heben, geschweige denn Grobheiten brüllen hören. Er selbst war ganz überrascht. Er lachte nervös, was Tulio in Wut brachte. Er schleuderte einen Stein nach Don Juan, der die Flucht ergriff.
    Don Juan und sein Leibwächter liefen auf direktem Weg zum Haus zurück. An der

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