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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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eine chaotische Flucht. Ein muslimischer Augenzeuge beschrieb, wie »wir ihnen auf den Fersen folgten; und die ganze Nacht hindurch schonten unsere Schwerter ihre Rücken nicht. Schande und Unglück kam über sie.«
    Früher am selben Abend hatten Jean de Joinville und zwei seiner Ritter ein Schiff bestiegen und warteten darauf, dass es ablegte. Jean beobachtete, wie einige Verwundete, die man in dem allgemeinen Durcheinander ohne Schutz im alten Lager am Nordufer zurückgelassen hatte, zum Nilufer krochen und verzweifelt versuchten, auf irgendein Schiff zu gelangen. Er schrieb: »Als ich die Seeleute bedrängte, dass sie ablegen sollten, kamen die Sarazenen in das [nördliche] Lager, und ich sah im Licht der Feuer, wie sie die armen Kerle am Ufer abschlachteten.« Joinvilles Schiff legte ab, wurde von der Strömung ergriffen und nilabwärts getragen – ihm war die Flucht gelungen. 20
    Bei Tagesanbruch am 5. April 1250 wurde das volle Ausmaß der Katastrophe offenbar. An Land wurden unorganisierte Gruppen fränkischer Soldaten erbittert von Mamluken verfolgt, die keinerlei Neigung zeigten, in irgendeiner Form Milde walten zu lassen. In den nächsten Tagen wurden viele hundert fliehende Christen erschlagen. Eine Gruppe schaffte es, sich Damiette bis auf eine Tagesreise zu nähern, dort wurde sie umzingelt und musste kapitulieren. Die großen Symbole der stolzen fränkischen Unbezwingbarkeit wurden gestürzt: Die Oriflamme »wurde in Stücke gerissen«, die Standarte der Templer »niedergetrampelt«.
    Auf ihrem Ritt in den Norden gelang es dem bejahrten Patriarchen Robert und Odo von Châteauroux irgendwie, der Gefangennahme zu entgehen, doch nach den ersten 24 Stunden waren sie so erschöpft von den Strapazen, dass sie ihren Weg nicht fortsetzen konnten. Robert beschrieb später in einem Brief, wie sie zufällig auf ein Boot stießen, das am Ufer festgemacht war, und damit irgendwann Damiette erreichten. Nur wenige hatten so viel Glück. Die meisten Schiffe, die die Kranken und Verwundeten transportierten, wurden geplündert oder auf dem Fluss [647] niedergebrannt. Joinvilles Schiff kam nur langsam voran. Fürchterliche Metzeleien musste er am Ufer mit ansehen. Irgendwann wurden sie dann aufgehalten. Vier muslimische Schiffe griffen sie an, woraufhin Joinville sich an seine Gefolgsleute wandte und fragte, ob sie von Bord gehen und versuchen sollten, sich dort einen Fluchtweg zu erkämpfen, oder auf dem Schiff bleiben und sich gefangen nehmen lassen. Mit entwaffnender Ehrlichkeit gibt er wieder, was einer seiner Diener erklärte: »Wir sollten uns erschlagen lassen, denn dann gehen wir ins Paradies ein«, doch er fügte hinzu: »Keiner von uns befolgte diesen Rat.« Als sein Schiff geentert wurde, log Joinville, um zu verhindern, dass er auf der Stelle erschlagen wurde: Er behauptete, er sei ein Vetter des Königs. Man nahm ihn daraufhin gefangen. 21
    In diesem Chaos wurde König Ludwig vom Großteil seiner Truppen getrennt. Er litt nun derart heftig unter der Ruhr, dass er ein Loch in seine Hosen schneiden lassen musste. Eine kleine Gruppe seiner treuesten Gefolgsleute unternahm den tapferen Versuch, ihn in Sicherheit zu bringen, sie fanden Zuflucht in einem kleinen Dorf. Dort, halbtot in einer zerfallenden Hütte kauernd, wurde der mächtige König Frankreichs gefangen genommen. Sein grandioser Versuch, Ägypten zu erobern, war endgültig gescheitert.
    DER BÜßER-KÖNIG
    Ludwigs Fehleinschätzung der Situation bei Mansourah, vor allem wohl sein Versäumnis, aus den Fehlern des fünften Kreuzzugs zu lernen, gipfelte nun darin, dass er selbst Gefangener der Muslime war. Nie zuvor war ein König aus dem lateinischen Westen während eines Kreuzzugs gefangen genommen worden. Diese unerhörte Katastrophe brachte Ludwig und die kümmerlichen Reste seines Heeres in eine äußerst lebensbedrohliche Lage. Sie befanden sich jetzt völlig in der Hand des Feindes; es gab keine Möglichkeit mehr, Übergabebedingungen auszuhandeln, und die Franken waren den Muslimen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ein muslimischer Zeitzeuge meldete triumphierend:
    Es wurde eine Berechnung über die Anzahl der Gefangenen angestellt, es waren mehr als 20 000; die Zahl derjenigen, die ertrunken [648] waren oder getötet wurden, belief sich auf 7000. Ich sah die Toten, es waren so viele, dass man die Erde nicht mehr sehen konnte [. . .]. Es war ein Tag, wie die Muslime ihn noch nie erlebt hatten; noch hatten sie von dergleichen je gehört.
    Die

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