Die Kreuzzüge
Heeres zu verlassen und in den Osten zurückzukehren, um die Nachfolge seines Bruders Kublai im Amt des Großkhans für sich zu entscheiden. Kitbuqa blieb als Oberbefehlshaber im mongolischen Syrien zurück. Es stand ihm zwar nur noch ein stark dezimiertes Heer zur Verfügung, doch das hinderte ihn nicht daran, im Sommer jenes Jahres das ajjubidische Transjordanien zur Übergabe zu bewegen.
Die Mongolen hatten also das Heilige Land weitgehend ungehindert übernehmen und die ajjubidische Welt stürzen können, und nun erhob sich die Frage, ob es irgendeine Machtinstanz in der Levante gab, die den Willen und die Ressourcen hatte, sich ihrem Vormarsch entgegenzustemmen. Die Franken im Königreich Jerusalem waren nicht so schnell bereit wie Bohemund von Antiochia, sich mit den Mongolen zu verbünden. Ihnen war zwar bewusst, dass sie damit lediglich einen muslimischen Feind gegen einen anderen, womöglich noch gefährlicheren ungläubigen Feind austauschten, doch die Lateiner hofften, einer direkten Konfrontation aus dem Weg zu gehen, und verfolgten eine Politik strikter Neutralität. 3
In der Mitte des Jahres 1260 blieb somit als einzige Macht, die noch das Potential hatte, sich den Mongolen entgegenzustellen, das Ägypten der Mamluken. Baibars hatte nun erkannt, dass seine ajjubidischen Zahlmeister nicht in der Lage wären, sich den Mongolen zu widersetzen, daher bemühte er sich um eine Annäherung an Qutuz und begab sich mit den überlebenden Männern der Bahrijja im März nach Kairo. Dort konnte ein gespanntes Einvernehmen aufrechterhalten werden, aber eine Unterströmung gegenseitiger Antipathie und Misstrauen blieb deutlich spürbar. Beide wussten um die Ambitionen des anderen, und Baibars erinnerte sich noch sehr genau, welche Rolle Qutuz bei der Ermordung Aqtays gespielt hatte. Ein muslimischer Chronist vermerkt, dass der [663] tiefe Hass, den die beiden gegeneinander hegten, in ihren Augen unverhohlen zum Ausdruck kam.
Die Mamluken standen nun vor der entscheidenden Frage: Sollten sie die Mongolen angreifen oder sich mit ihnen arrangieren? Die Antwort konnten Qutuz und Baibars immerhin einhellig geben. Im Frühsommer traf eine Gesandtschaft von Hülegü in Kairo ein und verlangte die Kapitulation der Mamluken. Die Gesandten wurden einer wie der andere abgeschlachtet, ihre Leichen zweigeteilt und ihre Köpfe vor den Stadttoren Kairos aufgehängt. Mit diesem Affront begannen die Mamluken den Krieg. Sie warteten nicht in Ägypten, was den Vorteil gehabt hätte, dass sie eine Invasion auf vertrautem Territorium hätten zurückschlagen können, sondern entschieden sich für einen Frontalangriff auf die Truppen Kitbuqas, während diese noch nicht einsatzbereit waren. Wenn der
Plan aufging, dann würde er den Mamluken die fast vollständige Kontrolle über den Vorderen Orient verschaffen. Die Risiken waren allerdings enorm, denn die Mamluken mussten sich auf eine direkte Auseinandersetzung mit den Mongolen gefasst machen – mit einem unbesiegbaren Feind, vor dem alle anderen Heere bislang in die Knie gegangen waren.
Mitten im Sommer 1260 setzten sich die Mamluken in Marsch und verließen Ägypten; ihnen schlossen sich noch einige muslimische Truppen an, die zuvor den Ajjubiden gedient hatten. Baibars wurde zum Befehlshaber der mamlukischen Vorhut ernannt und arbeitete zusammen mit Qutuz einen Angriffsplan aus. Mehrfach versuchte man, die Franken zu militärischer Unterstützung zu bewegen. Diese weigerten sich und hielten an ihrer Neutralität fest, erlaubten aber dem muslimischen Heer immerhin, durch ihr Gebiet zu ziehen. Die Nachricht von der Truppenbewegung veranlasste Kitbuqa, der sich damals in Baalbek im Libanon aufhielt, Richtung Süden vorzurücken; zusätzliche Truppen bekam er aus Georgien, dem kilikischen Armenien und dem muslimischen Homs.
Die große Schlacht, in der sich das Schicksal des Vorderen Orients entschied, fand bei Ain Dschalut in Galiläa statt, wo Saladin 1183 versucht hatte, die Franken anzugreifen. Baibars machte als Anführer der Vorhut das mongolische Heer ausfindig, das sein Lager neben dieser kleinen Siedlung am Fuß der Gilboa-Berge aufgeschlagen hatte. Er und Qutuz führten dann ihr Mamlukenheer in südöstlicher Richtung in die Jesreel-Ebene hinab und griffen am 3. September 1260 an. Die beiden Heere scheinen sich an Zahl ungefähr ebenbürtig gewesen zu sein – etwa [664] 10 000 – 12 000 Mann auf jeder Seite –; nach den Regeln mittelalterlicher Kriegsführung gingen also
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