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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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die muslimischen Führer bemüht, den Islam zu einen; in einigen Fällen hatten sie außerdem mit Waffengewalt versucht, die Franken aus dem Heiligen [666] Land zu vertreiben. Nun hatten die Erfordernisse sich verschoben, ein neues Paradigma war entstanden. Nach 1260 lagen die gefährdeten Grenzen im Norden und Osten Syriens, von dort würde der jetzige Feind Nummer Eins – das mongolische Imperium – heranrücken, um womöglich ein weiteres Mal zu versuchen, den Islam zu vernichten. Um diese Bedrohung abzuwehren, bedurften diese Grenzen eines besonderen Schutzes, und der ganze Landstrich musste in einen geeinten, uneinnehmbaren Festungsstaat verwandelt werden.
    Die lateinischen Christen stellten im Vergleich dazu eine geringere Bedrohung dar. Ihre Siedlungsgebiete lagen in Syrien, am Libanon und in Palästina. Dieses Territorium musste Baibars jetzt einen und gegen die Mongolen sichern. Er erkannte richtig, dass die Franken nach Rückschlägen wie der Schlacht bei La Forbie so geschwächt waren, dass von ihnen kaum eine Bedrohung ausging. Als Verbündete einer anderen Macht jedoch – seien es die Mongolen oder ein Kreuzzug aus dem Westen – wären sie durchaus in der Lage gewesen, eine lästige zweite Front im Innern des Landes aufzubauen. Die Kreuzfahrerstaaten waren immanente Störfaktoren, die es unschädlich zu machen galt.
    Baibars war sich darüber im Klaren und kümmerte sich in den frühen 1260er-Jahren hauptsächlich darum, den muslimischen Vorderen Orient von Grund auf umzugestalten und ein handlungsfähiges Regime zu begründen. Gleichzeitig bereitete er die Mamluken auf einen Krieg vor – sei es gegen mongolische oder gegen christliche Feinde. Der neue Sultan verbrachte also seine ersten Jahre an der Macht vor allem damit, einen definitiven Sieg im Kampf um die Vormachtstellung in Palästina zu erringen.
    Beschützer des Islams
    Zunächst war Baibars’ Machtposition alles andere als gesichert: Er übernahm einen Mamlukenstaat, der erst undeutliche Konturen hatte; und
er war in die Ermordung von zwei früheren Sultanen – Turanshah und Qutuz – verwickelt gewesen. Bei dieser alles andere als vorbildlichen Vergangenheit war mit Aufständen in der Bevölkerung oder Gegenschlägen zu rechnen; auch auf die Treue seiner Mamluken-Emire konnte er sich durchaus nicht blind verlassen. Ende 1260 jedoch profitierte er auch von einigen klaren Vorteilen. Nach der mongolischen Invasion und der Schlacht von Ain Dschalut waren die letzten Reste ajjubidischer [667] Macht in Syrien und Palästina vernichtet, und das Heilige Land war reif für eine Mamlukenherrschaft. Im Unterschied zu Führern wie Nur ad-Din und Saladin, die sich Jahrzehnte lang abgemüht hatten, den Vorderen Orient zu einen, konnte sich Baibars schon in den ersten Jahren seiner Herrschaft die Kontrolle über Damaskus und Aleppo verschaffen und regionale Statthalter einsetzen, die nach den Vorgaben aus Kairo regierten.
    Außerdem konnte Baibars, um seinen Machtanspruch zu rechtfertigen, von dem Triumph in der Schlacht bei Ain Dschalut profitieren. Er stellte sich als Retter des Islams dar, ließ ein Denkmal auf dem Schlachtfeld aufstellen und zerstörte das Grab von Qutuz, um jeglichen Gedanken fernzuhalten, der verstorbene Sultan könnte womöglich gleichfalls eine »heroische« Rolle in der Auseinandersetzung gespielt haben. In späteren Jahren schrieb Baibars’ Kanzler und offizieller Biograph Abd al-Zahir die Geschichte der Schlacht in seiner Darstellung vom Leben des Sultans um und präsentierte sie als einen Sieg, der praktisch einzig durch Baibars’ Einsatz erkämpft worden war. Der Sultan etablierte außerdem einen Personenkult, der sich in seinem Löwen-Emblem verkörperte (einem nach links voranschreitenden Löwen mit erhobener Vordertatze). Dieses majestätische Wappentier wurde auf die Münzen geprägt und an öffentlichen Gebäuden und Brücken angebracht, die in seinem Auftrag erbaut wurden. Der Mamlukenstaat stand nach 1260 zwar unter der Bedrohung durch mächtige Feinde, doch Baibars konnte wegen dieser offenkundigen Gefahren ein Programm militärischer Mobilmachung in bislang nicht gekanntem Ausmaß verwirklichen, und er genoss eine unbeschränkte Autorität. 6
    In mehreren genialen Schritten festigte er seine Machtstellung als Sultan. Um das neue Mamlukenregime in die traditionelle juristische und religiöse Hierarchie des Islams einzufügen, ließ er das sunnitische Kalifat der Abbasiden wiederherstellen. Im Juni des Jahres

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