Die Kreuzzüge
1261 behauptete er, eines der wenigen überlebenden Mitglieder dieser Dynastie aufgefunden zu haben. Der Stammbaum des Mannes wurde von einem handverlesenen Gremium von Juristen, Theologen und Emiren aus Kairo untersucht und begutachtet, und dann wurde er als der neue Kalif al-Mustansir bestätigt. Baibars leistete dem Kalifen den rituellen Treueeid: Er schwor, den Glauben zu beschützen und zu verteidigen, gerecht im Einklang mit dem Gesetz zu regieren, der sunnitischen Rechtgläubigkeit [668] als Wächter zu dienen und den Dschihad gegen die Feinde des Islams zu führen. Als Gegenleistung setzte al-Mustansir Baibars als einzigen, allmächtigen Sultan der gesamten muslimischen Welt ein, eine Geste, die nicht nur seine Rechte auf Ägypten, Palästina und Syrien bestätigte, sondern auch stillschweigende Zustimmung zu einer massiven Expansionspolitik gab.
In einer abschließenden öffentlichen Demonstration der Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft wurde Baibars in die Gewänder eines Sultans gekleidet: ein schwarzer runder Turban der Art, wie ihn die Abbasiden zu tragen pflegten; ein violettes Gewand; Schuhe mit goldenen Schnallen und ein Zeremonienschwert. In dieser prächtigen Aufmachung ritten er und der Kalif in einer Prozession durch das Zentrum Kairos. Von da an achtete Baibars, solange es seiner eigenen Macht nicht abträglich war, stets darauf, die Autorität des Kalifen zu stützen. Der Kalif wie auch der Sultan wurden im Freitagsgebet genannt, und die Münzen der Mamluken trugen die Namen beider Herrscher.
Um die Aura von Tradition und Kontinuität im Zusammenhang mit dem Amt des Sultans zu verstärken, knüpfte Baibars explizit an zwei muslimische Vorgänger an. Der erste, al-Salih Ajjub (vormals Baibars’ Dienstherr), wurde nun als letzter legitimer Sultan der Ajjubiden dargestellt, mit Baibars als direktem, rechtmäßigen Nachfolger – eine recht eigenwillige Manipulation der Vergangenheit, die geflissentlich die blutigen Auseinandersetzungen der 1250er-Jahre übersah. Außerdem stilisierte sich der Sultan zu einem zweiten Saladin, dem Sieger über die Franken und Inbegriff eines Gotteskriegers. Baibars ahmte dessen viel gerühmte Großzügigkeit als Schirmherr des Glaubens nach, indem er die mittlerweile stark verfallene al-Azhar-Moschee in Kairo wieder instand setzte. Außerdem ließ er in Kairo eine neue Moschee bauen sowie eine Koranschule beim Grab al-Salihs. Der Sultan besuchte Jerusalem und ließ den Felsendom und die al-Aqsa-Moschee instand setzen; beide waren unter der späteren Ajjubiden-Herrschaft baufällig geworden.
Ähnliche Ansätze sind in zahlreichen Verwaltungsmaßnahmen erkennbar, die Baibars in diesen frühen Jahren umsetzte. Er gab sich als archetypischer »gerechter Herrscher« und schaffte die Kriegssteuern ab, die Qutuz eingeführt hatte; in Kairo und Damaskus gründete er Schulen für islamisches Recht; und er ordnete an, dass den Händlern für Waren, die vom Staat eingefordert wurden, gerechte Preise gezahlt wurden. Dadurch [669] brachte es der Sultan insgesamt zu ausnehmender Beliebtheit bei seinen Untertanen, was wiederum dazu beitrug, seine Stellung gegen Rivalen unter den Mamluken, die ihm die Macht streitig machen wollten, unanfechtbar zu machen. 7
Zentralisierung der Macht im Mamlukenstaat
Während Baibars sich bemühte, das Sultanat der Mamluken und seinen eigenen Aufstieg zur Macht zu legitimieren, unternahm er auch entscheidende Schritte zur Zentralisierung von Regierung und Verwaltung. Kairo unter den Mamluken entwickelte sich zur unangefochtenen Hauptstadt des muslimischen Vorderen Orients, und das Amt des Sultans wurde mit Machtbefugnissen ausgestattet, wie sie das Mittelalter bislang nicht gekannt hatte. In deutlichem Gegensatz zu vielen Vorgängern behielt Baibars die Staatsfinanzen und das Schatzamt der Mamluken ständig im Auge, was ihm die Mittel für entscheidende Reformen verschaffte.
Baibars hielt es als Sultan für selbstverständlich, dass man in der gesamten mamlukischen Welt seinem Willen auf der Stelle Folge leistete, und er machte sowohl von direkter Gewaltanwendung als auch von Propaganda ausgiebig Gebrauch, um seine regionalen Verwalter zu Gehorsam und Diensteifer anzuhalten. So wurden etwa Emire, die nicht rasch ihre Truppen für einen Krieg zur Verfügung stellten, drei Tage lang an ihren Händen aufgehängt. Wer töricht genug war, einen Aufstand zu planen, musste mit kurzem Prozess rechnen: Das reichte von Foltermethoden wie Blendung oder
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