Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
ihm Mordlust und Blutgier eingeflößt und einen Unsterblichen in der Gestalt eines jungen Mannes erschaffen, der mit dem arglosen Kind aus dem Jal’dara nichts mehr gemein hatte.
Mit seiner Hilfe konnte Saat in den Ländern des Ostens mühelos Anhänger um sich scharen und ein gewaltiges, vierzigtausend Mann starkes Heer aufstellen. Während er sich auf seinen Eroberungsfeldzug vorbereitete, setzte er die grausamen Züu-Mörder auf die Nachkommen seiner einstigen Reisegefährten an. Damit zwang er meine Freunde und mich zu einer verzweifelten Flucht, auf der wir tagtäglich dem Tod ins Auge blickten.
Um zu verstehen, warum er uns nach dem Leben trachtete, mussten wir selbst in die Unterwelt hinabsteigen. Wir drangen bis zum Flüstersee vor und stellten uns den Undinen, den Hüterinnen der unumstößlichen Wahrheiten, die uns eine Prophezeiung machten.
Aus der Nachkommenschaft der Gesandten würde der Erzfeind hervorgehen. Derjenige, der für alle Zeiten eine Chance, eine einzige Chance haben würde, Sombre zu besiegen.
Im Herzen der Finsternis des Kam erfuhren wir außerdem, dass keiner von uns der Erzfeind war. Doch er würde in eine unserer Familien hineingeboren werden.
Nach acht langen Tagen auf See kam endlich die lorelische Küste in Sicht. Die Mörderin konnte die Erleichterung der Matrosen aus Yerim förmlich spüren. Die Söldner hätten wohl um kein Gold der Welt auf dem Schiff angeheuert, wenn sie geahnt hätten, dass acht Todespriester Zuias mit an Bord gehen würden.
Ganz zu schweigen von einer weiteren Passagierin: der Göttin höchstpersönlich.
Wie gewohnt vergewisserte sich die Mörderin, dass es ihrer Gebieterin an nichts fehlte. Die Unsterbliche stand würdevoll am Bug, dort, wo sie sich am liebsten aufhielt. Ihr von leichten Falten überzogenes Gesicht war Lorelien zugewandt, dem reichsten Land der Oberen Königreiche. Schweigend musterte sie die noch fernen Gestade. Jeder an Bord hätte viel darum gegeben, ihre Gedanken lesen zu können, doch wer ihrem Blick auch nur flüchtig begegnete, hatte zumeist das Gefühl, selbst bloßgestellt zu werden. Kein Fremder konnte das unheimliche Starren der Göttin lange ertragen.
Davon abgesehen hätte ihre Leibgarde ohnehin niemandem erlaubt, auch nur in ihre Nähe zu kommen. An diesem Abend waren drei Bewacher bei ihr, Priester in roten Gewändern, die sich wie vermeintlich schläfrige Raubkatzen in der Nähe ihrer Gebieterin an Deck niedergelassen hatten. Unter Hunderten Anwärtern wurden nur die Besten für diese ehrenvolle Aufgabe ausgewählt. Auch der Mörderin waren zwei Leibwächter zugewiesen, obwohl sie jeden beliebigen Gegner mit Leichtigkeit bezwingen konnte. Ihr Hati, der heilige Dolch mit der vergifteten Klinge, war bereits mit elf Kerben versehen: die Zahl der Todesurteile, die sie im Auftrag Zuias der Strafenden vollstreckt hatte.
Die drei übrigen Züu aus dem Gefolge der Göttin hatten die Aufgabe, die Besatzung zu bewachen. Gleich am ersten Tag hatten sie einen Yarimer erdolcht, dessen neugieriger Blick sich ein wenig zu oft in Richtung der Göttin verirrt hatte. Seither hielten die anderen gebührenden Abstand zu den Mördern im roten Gewand. So hatten, während der gesamten Fahrt über das Mittelmeer, Furcht und Misstrauen an Bord geherrscht. Selbst die Mörderin, die sich sonst so gleichmütig gab, konnte ihre Ungeduld kaum noch verbergen und war froh, dass sich die nervenaufreibende Reise dem Ende zuneigte.
Sie alle waren Zeugen eines unglaublichen Geschehnisses. Bis zur vergangenen Dekade hatte Zuia ihre Insel noch nie verlassen. Nur äußerst selten war sie überhaupt außerhalb des Lus’an anzutreffen, jener sagenumwobenen Provinz, in der die ranghöchsten ihrer Priester lebten. Zuias Ankündigung, eine Reise unternehmen zu wollen, hatte die Judikatoren zwar in helle Aufregung versetzt, aber niemand wagte es, ihre Entscheidung infrage zu stellen, selbst dann nicht, als sie ein schäbiges Schiff wählte und sich nur von der
Kahati
und einer achtköpfigen Leibgarde begleiten ließ.
Nachdem der Mörderin das Warten beinahe unerträglich geworden war und die Sonne schon ihre letzten Strahlen über das spiegelglatte Meer schickte, wurde sie endlich erlöst. Auf einen Wink der Göttin hin trat sie näher und verneigte sich ehrerbietig.
»Es ist so weit, Zejabel«, verkündete die Unsterbliche mit schroffer Stimme. »Hol unsere Sachen. Wir verlassen das Schiff.«
Die Mörderin nickte knapp und eilte unter Deck, um den Befehl
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