Die Krieger der Königin: Falkenherz
drehte Cherod sich um und riss Cherry mit sich herum. Sie sah den Neuankömmling, weinte lauter und streckte ihm die Hände entgegen.
Der Mann in Blau und Gold aus dem Lagerhaus hatte die Bar betreten. Sein Gesicht war so ausdruckslos, dass Cherod einen Moment zögerte, bevor er anfing zu lachen. Er war grob geschätzt gute fünfzig Kilo schwerer als der Neuankömmling, und der blaugekleidete Idiot hatte keine Waffe.
»Ihr macht Witze«, kicherte er.
Ein zweiter Mann kam herein, dann ein dritter und vierter. Insgesamt betraten sieben Männer in Blau und Gold die Bar. Keiner von ihnen sprach ein Wort, als sie sich im Raum verteilten. Dann kamen sie näher.
Das Zahlenverhältnis entsprach nicht ganz Cherods Wünschen, aber seine Erfahrung sagte ihm, dass das Schlimmste, was ihm passieren konnte, eine Beule und eine Nacht in einer Zelle war. Er starrte böse vor sich hin, als ihm klarwurde, dass auch sein Boss am nächsten Morgen ohne ihn aufbrechen würde. Thul würde nicht noch mal auf ihn warten.
»Was, zur Hölle, stimmt nicht mit euch?«, schrie er. »Wer interessiert sich denn schon für eine nuttige Bedienung?« Irgendwo hinter ihm stöhnte jemand hörbar auf.
Den Männern schien das völlig egal zu sein. »Der Stock ist in Gefahr«, sagte einer von ihnen leise.
»Ja«, antworteten mehrere andere.
»Die Königin hat Ihre Erlaubnis gegeben.«
»S-ssssstimmt.«
Sie alle zischten das Wort, und das Zischen hielt an, noch lange, nachdem sie keinen Atem mehr hätten haben sollen. Cherod schaute nervös von einem zum anderen. »Schaut«, sagte er. »Ich lasse sie los. Seht ihr? Ich lasse los.«
Er gab Cherry frei, und sofort rannte sie, immer noch weinend, zu den Männern. Einige von ihnen sammelten sich um das Mädchen, hielten sie und fingen doch tatsächlich an zu gurren. Die anderen kamen auf Cherod zu.
»Schaut«, sagte Cherod, »ich …«
Er konnte seinen Satz nicht beenden. Eine konzentrierte, präzise ausgerichtete Welle von Gefühlen schlug über ihm zusammen. Er fühlte, wie er die Kontrolle über seine Blase verlor, und sein Krug fiel ihm aus der Hand, während er die Augen aufriss und voller Panik aufschrie. Fremder Hass erfüllte seinen Körper, verkrüppelte seinen Mut und ließ ihn zitternd und hilflos zurück, als würde jeden Moment sein Herz in der Brust explodieren. Aber so blieb es nicht lange. Die Männer kniffen die Augen zusammen, dann schoss etwas anderes auf ihn zu, etwas Unsichtbares. Und sie zielten damit genau auf ihn.
Cherods rechter Arm wurde an der Schulter abgerissen. Es war der Arm, mit dem er das Mädchen gepackt hatte. Er hatte nur ein bisschen harmlosen Spaß haben wollen, auch wenn es ihn nicht gestört hätte, wenn sie es am nächsten Morgen bereut hätte. Er holte Luft, um zu schreien, und plötzlich wurde auch sein rechter Arm abgerissen. Da schrie er so schrill, dass er seine eigene Stimme nicht erkannte. Und dann sorgten die blaugekleideten Kriegersylphen, vor denen man ihn gewarnt hatte, dafür, dass auch sein Kopf seine Schultern verließ.
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1
D ie Zeremonie des Rufes, wie sie im Dschungelkönigreich von Yed genannt wurde, fand in einem großen, kuppelartigen Gebäude statt, an dessen Wänden sich Zuschauertribünen erhoben. Bei den meisten Beschwörungen waren nur wenige Leute anwesend, aber hier ging es um den Ruf nach einem Krieger, und alle waren gespannt darauf, die Frau sterben zu sehen. Alle Plätze waren besetzt. Ein weiterer Grund für die Faszination war die vollbusige Blondine mit Rehaugen, das Opfer, das verständnislos vor sich hinstarrte, während es hereingetragen und auf dem blutbefleckten Altar festgebunden wurde. Die Zuschauer johlten, als sie den nackten Körper erblickten.
Der Mann, der ausgewählt war, den Krieger an sich zu binden, den sie anlocken sollte, stand am Fuß des Altars und winkte grinsend. Er trug feine Kleidung und trotz der Hitze einen roten Seidenmantel über den Schultern. Sandalen schützten seine Füße, und auf seinem Kopf saß eine dünne goldene Krone. Er wirkte nicht viel klüger als das Opfer.
Leon stand in den Schatten eines Bedienstetenganges neben der Beschwörungsebene. Er wartete mit den anderen Dienern, in den Händen ein abgedecktes Tablett. Sobald die Zeremonie vollendet war, würden zur Feier des Tages Wein und Käse gereicht werden, wenn auch nur an die Beteiligten. Das Publikum würde sich damit zufriedengeben müssen, einen von der Regierung sanktionierten Mord zu beobachten.
Mord. Das war es,
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